Fahrradkirchen: Rasten, reparieren, weiterradeln

von ERF Wetzlar & Manfred Rütten

Sonntag, 03.08.2025

das Innere einer modernen Kirche in blaues Licht getaucht
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Das Innere der Fahrradkirche St. Josef in Fröndenberg besticht durch das hohe, spitz zulaufende Dach und eine stimmungsvolle Beleuchtung. (Foto: Werner Wülfing)

Radtouren sind beliebt, und das Radwegenetz in NRW ist an vielen Stellen besser als sein Ruf. Auf der Nordbahntrasse oder dem Ruhrtalradweg begegnet man nur selten Autos. Dafür gibt es entlang der Strecken besondere Rastplätze: Die Fahrradkirchen.

Eine davon findet man zum Beispiel in Fröndenberg-Westick, direkt am Ruhrtalradweg, der von Duisburg 230 Kilometer bis nach Winterberg im Sauerland führt. Die katholische St. Josef-Kirche war früher eine ganz normale Gemeindekirche, doch Mitgliederschwund und Geldmangel führten dazu, dass sie zuletzt so gut wie gar nicht mehr für Gottesdienste genutzt wurde. Eine Gruppe aus Ehrenamtlichen und Gemeindemitarbeitern suchte nach neuen, innovativen Nutzungsmöglichkeiten und entwickelte 2020 schließlich die Idee für eine Fahrradkirche.

Für Gemeindereferentin Mona Schomers steht bei „ihrer“ Fahrradkirche das Auftanken im Mittelpunkt - und das gleich im doppelten Sinne: „Wenn man da reingeht, dann geht man direkt auf ein Terminal zu und kann sich verschiedene Andachten per Knopfdruck auswählen. Und auch außen vor der Fahrradkirche gibts viele Möglichkeiten um Aufzutanken, beispielsweise Picknick-Plätze, aber auch eine E-Bike-Ladestation, Werkzeug, Luftpumpe und vieles mehr.“

Laut Bericht des ADFC können die Besucher neben Andachten auch Musik auswählen und die farbige Innenbeleuchtung der Kirche selbst steuern. Weiter heißt es über die Fahrradkirche: „Es gibt ein »analoges« Gästebuch und eine Infowand, an der etliche Postkarten und anderes Infomaterial incl. einem QR-Code die interessierten Besucher*innen ansprechen. Darüber hinaus hat man auch an »menschliche Bedürfnisse« der Radtouristen gedacht und (…) die Möglichkeit für einen WC-Besuch eröffnet. Wer schon häufiger auf Radtouren unterwegs war, weiß dies sicherlich sehr zu schätzen.“

Ein anderer Rastplatz für Radler, Skater & Co. liegt an der so genannten "Nordbahntrasse" auf dem Bergischen Plateau bei Wuppertal. Hier wurde 2015 eine kleine Kapelle eingeweiht - schräg gegenüber der Skaterhalle "Wicked Woods". Die Baukosten in Höhe von ca. 70.000 Euro wurden durch Eigenleistungen und durch Spenden bzw. Sponsoren aufgebracht. Acht ausrangierte Pfeiler der Wuppertaler Schwebebahn tragen das in Form einer Wolke gestaltete Dach. Für die Wände wurden Steine mit kleinen Fehlern verwendet, die auf anderen Baustellen aussortiert wurden, und als Sitzgelegenheiten kommen ausgediente Bahnschwellen zum Einsatz.

Der besondere Clou: Die Wichernkapelle ist kein geschlossenes Gebäude, sondern nach mehreren Seiten offen. So wird der einladende Charakter des Baus unterstrichen. Da die Kapelle immer zugänglich ist, kann sie von Wanderern, Radlern, Skatern oder Spaziergängern bei Regen oder Gewitter auch als Schutzhütte genutzt werden. Bundesweit gibt es übrigens mindestens 350 Fahrradkirche, manche Quellen sprechen sogar von bis zu 800. Einen guten Überblick bietet die Evangelische Kirche in Deutschland mit ihrer Internetseite https://www.radwegekirchen.de/

Sonntag, 03.08.2025