Mennoniten: Bewahrer der Täuferbewegung

von Bettina Furchheim

Sonntag, 08.06.2025

Unterwasserfoto einer Erwachsenentaufe
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Bei der Gläubigen- oder Erwachsenentaufe tauchen die Täuflinge im Taufbecken oft mit dem ganzen Körper unter Wasser. (Foto: Marcos Paulo Prado on unsplash)

Im Zuge der von Martin Luther ausgelösten Reformation, die zur Spaltung der Kirche in katholisch und evangelisch führte, entbrannte unter den Anhängern der reformatorischen Bewegung ein Streit über die Taufe: Durfte man schon Säuglinge und Kinder taufen?

Während diese Frage in der katholischen Kirche und in den noch jungen evangelischen Kirchen bejaht wurde, gab es unter den reformatorischen Christen des 16. Jahrhunderts auch noch eine völlig andere Sichtweise. Sie lehnten die Kindertaufe kategorisch ab und betonten, dass nur ein bewusster Glaube zur Taufe berechtige – deshalb tauften sie nur Erwachsene (Gläubigentaufe). Ihre Anhänger wurden als „Täufer“ bezeichnet. Aus Sicht der damals etablierten Kirchen stellte diese Praxis einen schweren Verstoß dar, denn damit wurde das in ihren Augen einmalige, unwiederholbare Sakrament der Taufe ein zweites Mal vollzogen, obwohl der Mensch durch die Säuglings- oder Kindertaufe ja bereits unauslöschlich mit Christus verbunden war. Eine „zweite Taufe“ galt den etablierten Kirchen als Gotteslästerung, weil sie das erste Sakrament für ungültig erklärte.

Die Täuferbewegung entstand im frühen 16. Jahrhundert im Zuge der Reformation – etwa um 1525 – und unterschied sich noch in weiteren Punkten von den damals etablierten Kirchen (der römisch-katholischen Kirche und den lutherischen sowie reformierten Kirchen, die aus der Reformation hervorgingen). Die Täufer lehnten eine Verbindung von Kirche und Staat ab. Der Glaube sollte aus freier Entscheidung entstehen, nicht durch staatlichen oder kirchlichen Zwang.

Auch das Gemeindeverständnis der Täufer unterschied sich von dem der anderen Kirchen. Sie strebten eine konsequente, gemeinschaftlich orientierte Nachfolge Christi an. Die Gemeinde sollte aus wiedergeborenen Gläubigen bestehen, die sich gegenseitig in Rechenschaft und Liebe begegneten. Ein weiteres Kennzeichen der Täuferbewegung war ihre Gewaltfreiheit: Viele Täufergruppen lehnten jede Form von Gewalt ab, einschließlich Kriegsdienst und Schwurleistung.

Die Reaktionen der etablierten Kirchen auf die Täuferbewegung waren äußerst hart und gewaltsam, sowohl von katholischer als auch protestantischer Seite. Weil sie in den Täufern eine Bedrohung der religiösen und gesellschaftlichen Ordnung sahen, wurden ihre Anhänger verfolgt, gefoltert und hingerichtet. Zu den bekanntesten Geschichten in diesem Zusammenhang gehört das Schicksal der Täufer in der westfälischen Stadt Münster.

1534 übernahmen radikale Täufer unter der Führung von Jan Matthys (ein Prophet aus den Niederlanden) und später Jan van Leiden die Macht in Münster. Sie erklärten die Stadt zum „Neuen Jerusalem“ und wollten eine theokratische Gesellschaft aufbauen, basierend auf täuferischen Ideen – allerdings in extremis. Es kam zu Zwangstaufen, Einführung der Vielweiberei und einer strengen religiösen Ordnung. Der Konflikt mit den katholischen und protestantischen Fürsten eskalierte, Münster wurde belagert und schließlich 1535 eingenommen. Nach dem Sturz des Täuferreichs wurden die Anführer – Jan van Leiden, Bernd Knipperdolling und Bernd Krechting – brutal gefoltert und am 22. Januar 1536 öffentlich hingerichtet. Ihre Leichen wurden in eisernen Käfigen an den Turm der St.-Lamberti-Kirche gehängt, zur Abschreckung für alle, die ähnliche Ideen hegten. Die Käfige hängen bis heute dort – leer, aber als historisches Mahnmal.

Trotz aller Gewalt und Verfolgung haben verschiedene Ausprägungen der 500 Jahre alten Täuferbewegung bis heute überlebt. Dazu zählen zum Beispiel die Amischen in den USA. Hierzulande wurde die Glaubensgemeinschaft durch den Kinofilm „Der einzige Zeuge“ bekannt: Darin wird der kleine Amish-Junge Samuel zum einzigen Zeugen eines Mordverbrechens an einem Undercover-Polizisten. Detective John Book (gespielt von Harrison Ford) übernimmt die Ermittlungen und entdeckt, dass der Mord von korrupten Kollegen innerhalb der Polizei begangen wurde. Als Book selbst zur Zielscheibe wird, flieht er mit Samuel und dessen Mutter Rachel in deren abgeschiedene Amish-Gemeinde in Pennsylvania. Dort muss er sich an das einfache, gewaltfreie Leben der Amish anpassen – und verliebt sich in Rachel. Doch die Gefahr bleibt, denn seine Verfolger kommen ihm auf die Spur …

Neben den Amischen, den Freien Evangelischen Gemeinden und den Baptisten bekennen sich bis heute auch die Mennoniten zu den Glaubensgrundsätzen der Täuferbewegung.  Die Mennoniten gehen auf den niederländisch-friesischen Täuferführer Menno Simons (1496–1561) zurück. Er war eine prägende Figur für die gemäßigten und gewaltfreien Täufer. Die nach ihm benannten Mennoniten betonten besonders die Gewaltlosigkeit, die Trennung von Kirche und Staat, eine einfache Lebensweise und gegenseitige Hilfe. Sie entwickelten sich zu einer der dauerhaftesten Täufergruppen und bildeten oft geschlossene Gemeinschaften, lebten in Toleranzgebieten oder wanderten aus (z. B. nach Russland oder Nordamerika), um ihre Glaubensfreiheit zu bewahren. Mennonitische Gemeinden unterschiedlicher Prägung bestehen bis heute. Weltweit gibt es etwa 2,1 Millionen Mennoniten, wobei sie in vielen verschiedenen Ländern und Kulturen vertreten sind. Mit ca. 800.000 Anhängern leben die meisten Mennoniten in Afrika, gefolgt von den USA mit ca. 500.000 und Kanada mit etwa 200.000 Gläubigen. In Deutschland liegt ihre Zahl zwischen 35.000 und 40.000. Sie sind in der Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden in Deutschland bzw. in den Mennonitischen Brüdergemeinden organisiert.

Zum 500. Geburtstag der Täuferbewegung wurde eine Internetseite mit Terminen und Veranstaltungshinweisen eingerichtet: https://taeuferbewegung2025.de . Und noch mehr Infos zum Jubiläum bietet eine Erklärung der Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) zu „500 Jahre Täuferbewegung 1525-2025“, die als Broschüre veröffentlicht wurde. Das PDF-Dokument kann hier heruntergeladen werden.

Sonntag, 08.06.2025