Weil Geschichte sich nicht wiederholen darf

von Markus Grieger & Manfred Rütten

Sonntag, 28.04.2024

Demonstration der 'Omas gegen Rechts'
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Die Regionalgruppe Kiel von „Omas gegen rechts“ protestiert im Oktober 2023 gegen eine Demo der AfD (Foto: Facebook-Seite von „Omas gegen rechts – Deutschland-Bündnis)

„Wir wollen alle Rechtsextremen aus Europa vertreiben und eine bessere Zukunft für unsere Enkel“. So stark und selbstbewusst formulieren die „Omas gegen Rechts“ ihre Ziele. In Deutschland und Österreich sind derzeit insgesamt 30.000 Mitglieder engagiert.

Eigenen Angaben zufolge liegt der Ursprung der Bewegung in Österreich. In Wien gründete sich im November 2017 die erste „Omas gegen Rechts“-Gruppe. Nach ihrem Vorbild entstand wenig später im Januar 2018 auf Facebook auch die erste deutsche OGR-Gruppe. Seitdem wurden allein in Deutschland mehr als 200 sogenannte Regionalgruppen und Initiativen ins Leben gerufen. Einen Überblick über die „Omas gegen Rechts“ bieten diverse Webportale wie zum Beispiel https://omasgegenrechts-deutschland.de oder auch https://www.omas-gegen-rechts.org/

Auch wenn es der Name eigentlich nahe legt: Die Aktionen der „Omas gegen Rechts“ sind breit gefächert und beschränken sich nicht allein auf das Feld des Rechtsextremismus. So heißt es z.B. auf der Internetseite https://omasgegenrechts-deutschland.de: „Es geht um die Erhaltung der parlamentarischen Demokratie in einem gemeinsamen Europa, um den Einsatz für die gleichen Rechte aller in Deutschland lebenden Frauen, Männer und Kinder, um die sozialen Standards, die von Eltern und Großeltern zum Teil bitter erkämpft wurden, um den Respekt und die Achtung gegenüber anderen Mitbürgerinnen und Mitbürgern unabhängig von ihrer Religion und ethnischer Zugehörigkeit u.v.m. Dabei müssen die bedrohlichen Entwicklungen wie Antisemitismus, Rassismus, Frauenfeindlichkeit und Faschismus erkannt, benannt und im Konkreten auch der politische Widerstand und die Bewusstseinsbildung organisiert werden.“

Eine überzeugte „Oma gegen Rechts“ ist die frühere Journalistin Ingrid Chilla-Ryssel aus Hannover. Angesichts der völkisch-nationalistischen Aussagen von AfD-Politikern wie Björn Höcke fühlt sich die heute 87Jährige an die dunkle Zeit der NS-Herrschaft zwischen 1933 und 1945 erinnert: „Es ist so schlimm geworden, dass ich im Grunde genommen meine ganze Kindheit wieder erlebe. Ich war acht Jahre alt, als der Krieg war und hab erlebt, wie Leute aus unserem Haus verhaftet wurden.“ Auf ihre damalige Frage nach dem „Warum?“ habe ihre Mutter nur geantwortet „Kind sei still, sei still!“ Am Schlimmsten für sie als Kind sei die Ohnmacht gewesen, nichts tun zu können: „Dass Leute, die mit uns gelebt haben im Haus, plötzlich abtransportiert worden sind, das hab ich nie verstanden.“

Allein in Nordrhein-Westfalen gibt es zurzeit mindestens 25 Regionalgruppen der „Omas gegen Rechts“. Neue Mitglieder sind stets willkommen. Wer mitmachen möchte, kann meist per E-Mail oder über eine Facebook-Seite Kontakt aufnehmen. Ein bundesweites Verzeichnis der OGR-Gruppen gibt es zum Beispiel HIER. Zu den jüngsten Neugründungen gehören die „Omas gegen Rechts Gronau“, die sich kurz vor Ostern 2024 zu einem ersten Treffen versammelt haben.

Wie breit und zahlreich der gesellschaftliche Widerstand gegen rechtsextremistische Bestrebungen in Deutschland (noch) ist, zeigte sich zuletzt im Januar 2024. Nachdem das Recherchenetzwerk Correctiv einen Bericht über ein geheimes Treffen veröffentlich hatte, bei dem Rechtsradikale, AfD-Politiker und Vertreter der „Identitären Bewegung“ über die „Remigration“ (= Deportation) von Millionen Menschen aus Deutschland diskutiert hatten, kam es bundesweit zu Protesten. Bis in den Februar hinein fanden in vielen Städten und Großstädten Demonstrationen gegen Faschismus und Rechtsextremismus statt, an denen insgesamt mehr als eine Million Menschen teilnahmen.

Sonntag, 28.04.2024