Hartz-4-Sanktionen auf dem Prüfstand

von Bettina Furchheim

Sonntag, 03.11.2019

Justitia-Statue
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Die römische Göttin Justitia steht für Gerechtigkeit ohne Ansehen der Person. (Foto: Pixabay)

Darf das Jobcenter einem arbeitslosen Hartz-4-Bezieher das Geld kürzen, nur weil derjenige einen Termin verpasst hat oder nicht genug Bewerbungen geschrieben hat? Über diese Frage entscheidet am 5.11.2019 das Bundesverfassungsgericht.

Es geht darum, ob solche Sanktionen gegen das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum verstoßen. Nach derzeit geltender Rechtslage können einem Hartz-IV-Empfänger, der nicht zu einem vereinbarten Termin beim Jobcenter erscheint oder eine angebotene Arbeitsstelle ablehnt, die Leistungen um zehn bis 30 Prozent gekürzt werden – als Reaktion auf eine sogenannte "Pflichtverletzung".

Besonders streng sind die Sanktionsandrohungen gegen junge Menschen unter 25 Jahren. Ihnen können die Hartz-IV-Bezüge bereits ab der ersten Pflichtverletzung komplett gestrichen werden - und das für die Dauer von bis zu drei Monaten. Die Kosten für Unterkunft und Heizung übernimmt das Jobcenter zwar weiterhin, aber Lebensmittelgutscheine müssen gesondert beantragt werden.

Die evangelische Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe und die katholische Caritas kritisieren die Sanktionen scharf und fordern deren Abschaffung. Angesichts von monatlichen Regelsatz-Zahlungen zwischen 245 Euro (für Kinder bis 5 Jahren) und 424 Euro (für einen alleinstehenden Erwachsenen) ist jede Kürzung aus ihrer Sicht unverantwortlich.

Das Internetportal https://www.hartziv.org zitiert in diesem Zusammenhang den Bundesvorsitzenden des Sozialdienstes Katholischer Männer (SKM): "Die Sanktionierung der Grundsicherungsleistung bedeutet, dass den Empfänger*innen nicht einmal das Existenzminimum zum Leben bleibt. Ein würdevolles Leben ist so nicht möglich." Hildegard Eckert vom Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) weist darauf hin, dass nicht nur die Sanktionierten unter den Leistungskürzungen leiden würden, sondern auch deren Angehörige und damit "nicht zuletzt Kinder".

Dem Arbeitslosenreport der Freien Wohlfahrtspflege NRW zufolge werden Dreiviertel aller Sanktionen wegen sogenannter "Meldeversäumnisse" verhängt, etwa nach verpassten Terminen.

Sonntag, 03.11.2019