Premiere in BW: Erste Polizeirabbiner im Amt

von Nadja Schienke

Sonntag, 07.03.2021

jüdischer Rabbiner vor einer Reihe von deutschen Polizeifahrzeugen
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Shneur Trebnik (Foto) und sein Kollege Moshe Flomenmann sind Deutschlands erste Polizeirabbiner. (Bild: SWR (S2). SWR Presse/Bildkommunikation, Baden-Baden)

Die Anfänge der evangelischen und katholischen Polizeiseelsorge reichen zurück bis in die Zeit der Weimarer Republik. Jetzt hat sich ein ganz neues Angebot etabliert: Seit dem 1. Januar 2021 sind die beiden bundesweit ersten Polizeirabbiner im Amt.

Wie schon bei der Benennung eines Antisemitismusbeauftragten war auch hier wieder das Land Baden-Württemberg Vorreiter: Beide Polizeirabbiner kommen aus dem „Ländle“. Einer von ihnen ist eigentlich Ortsrabbiner der jüdischen Gemeinde in Ulm. Doch seit dem 1. Januar dieses Jahres kümmert sich Shneur Trebnik auch speziell um die Belange, Fragen und Sorgen von Polizeikräften.

Die hatten bislang hauptsächlich damit zu tun, für die Sicherheit jüdischer Gemeinden und ihrer Einrichtungen zu sorgen. Das möchte der neue Polizeirabbiner ändern: „Mein Wunsch ist, dass die Polizeibeamten und auch die Beamten im Innenministerium nicht nur beim Thema Antisemitismus und Sicherheitsbedürfnis der jüdischen Gemeinden Bescheid wissen, sondern auch ein Gefühl dafür bekommen, dass jüdische Gemeinden oder jüdische Menschen ganz normale Bürger sind und die Gemeinden lebendige Gemeinden und keine Museen.“

Zu seinen Aufgaben zählt Shneur Trebnik deshalb nicht nur die Seelsorge, wie sie auch die christlichen Konfessionen für Polizistinnen und Polizisten anbieten. Er möchte auch Ansprechpartner, Vertrauensperson und Vermittler zwischen den jüdischen Gemeinden und den Polizeibeamten sein und auch bei der Polizeiausbildung mitwirken: „Ich stehe zur Verfügung nicht nur für jüdische Polizeibeamte sondern für alle.“

Arbeitsgrundlage für Shneur Trebnik und seinen Kollegen Rabbiner Moshe Flomenmann ist die „Vereinbarung über die Benennung von Polizeirabbiner/innen sowie deren Arbeit in der Polizei des Landes Baden-Württemberg“, die am 30.12.2020 unterzeichnet wurde. Der Stellvertretende Ministerpräsident und Innenminister des Landes, Thomas Strobl, sagte dazu: „Extremismus, Diskriminierung und Antisemitismus dürfen in unserer Gesellschaft keinen Nährboden finden. Mit der bundesweit ersten Benennung von Polizeirabbiner/innen in der Polizei gehen wir in Baden-Württemberg neue Wege und verdeutlichen gleichzeitig eine ganz klare Haltung: Unsere Polizei steht für Offenheit und Toleranz – und damit fest auf dem Boden der Verfassung“.

Polizeirabbiner Shneur Trebnik wünscht sich, dass das Beispiel Baden-Württemberg bundesweit Schule macht – es sei höchste Zeit: „„Eigentlich sollte es das schon lange geben. Jüdisches Leben gibt es in Deutschland seit 1.700 Jahren, und es ist endlich die Zeit gekommen, dass das ganz normale jüdische Leben auch bei den Polizeibeamten ankommt“.

Mehr Infos unter https://www.juedische-allgemeine.de/politik/baden-wuerttemberg-ernennt-bundesweit-zum-ersten-mal-polizeirabbiner/ und https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/ulm/polizeirabbiner-ulm-100.html

Übrigens: Aus Anlass des Festjahres „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" überträgt der Radiosender WDR 5 am Sonntag, 7. März 2021, von 10 bis 11 Uhr einen Chanson-Gottesdienst unter dem Motto „Bei mir bistu shein" aus der Bonner Lutherkirche mit Pfarrer Joachim Gerhardt und tollen musikalischen Gästen.

Sonntag, 07.03.2021