Ökumene-WG: Kirchen ziehen unter ein Dach

von Bettina Furchheim

Sonntag, 06.09.2020

Transparent an einer Kirchenwand
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Am 6. September 2020 erfolgt der Auszug aus der evangelischen Lutherkirche und der Einzug in die katholische St. Pius-Kirche. Dann leben beide Gemeinden unter einem Dach. (Foto: Bettina Furchheim)

Der demographische Wandel macht den beiden großen Kirchen in Deutschland immer schwerer zu schaffen. Sterbefälle, Kirchenaustritte und immer weniger Taufen führen zu einem Mitgliederschwund und damit auch zu einem Rückgang der Kirchensteuereinnahmen.

Die Corona-Krise wird diese Einnahmeausfälle deutlich steigern. Allein die Evangelische Kirche im Rheinland – zweitgrößte Landeskirche innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland - rechnet für das laufende Jahr mit einem Rückgang der Kirchensteuer um 12,5 Prozent und noch einmal fünf Prozent für das Jahr 2021. Grund sind die steigenden Zahlen bei Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit. Dadurch nimmt der Staat weniger Lohn- und Einkommensteuer ein, nach der wiederum die Kirchensteuer bemessen wird. Um dagegen zu steuern, arbeitet die rheinische Landeskirche derzeit an einem Sparprogramm, mit dem insgesamt 13 Millionen Euro eingespart werden sollen.

Auch auf Gemeindeebene reagiert man auf den demographischen Wandel. Nach intensiven Gesprächen, die bereits im Jahr 2015 begonnen hatten, werden evangelische und katholische Kirche in Krefeld-Gartenstadt künftig gemeinsam unter einem Dach leben. Die Evangelische Kirchengemeinde Krefeld-Nord gibt ihre Lukaskirche auf und nutzt künftig die katholische Kirche St. Pius mit. Der Umzug in das „Gemeinsame Kirchenzentrum Gartenstadt“ findet am 6. September 2020 im Rahmen eines Straßenfestes statt.

Die Pressestelle der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) teilte dazu mit: „Beide Krefelder Kirchengemeinden blicken bereits auf eine lange gewachsene ökumenische Partnerschaft zurück. Mit dem Gemeinsamen Kirchenzentrum wagen beide in diesem Jahr einen weiteren Schritt auf ihrem gemeinsamen Weg. »Ökumene zu leben, wo möglich, als Kirche im Stadtteil sichtbar zu bleiben und in Richtung Einheit weiter voran zu ziehen, das ist unserer Ziel«, sagt Dr. Christoph Zettner, Pfarrer der katholischen Pfarrgemeinde St. Pius.

Der Anstoß für ein gemeinsames Zentrum in Krefeld-Gartenstadt stammt aus dem Jahr 2015. Es wird nun in der katholischen Kirche St. Pius und dem angrenzenden Romero-Haus gebildet, weil die evangelische Lukaskirche für die Aktivitäten beider Gemeinden zu klein gewesen wäre. Damit zieht erstmals im Bistum Aachen eine evangelische mit einer katholischen Gemeinde in einer katholischen Kirche zusammen. In einem Vertrag sind alle wesentlichen Aspekte der gemeinsamen Nutzung geregelt, von den Kosten, über Küsterdienste bis zu Haftungsfragen. »An der Gemeindebasis gibt es einen starken Willen zu diesem gemeinsamen Schritt. Und wir meinen, dass wir ihn im Sinne Jesu Christi gehen sollen«, sagt der evangelische Pfarrer Christoph Tebbe. Presbyterium, Kirchenvorstand und der Rat der Gemeinschaft der Gemeinden freuen sich auf die zukünftig engere Zusammenarbeit. Alle bisherigen Gottesdienste und Veranstaltungen der beiden Gemeinden können in dem gemeinsamen Zentrum stattfinden; und das Zusammenleben unter einem Dach soll den Ausbau der ökumenischen Arbeit erleichtern. Außerdem werden deutliche Einspareffekte erzielt.

Das Gedenkjahr 2017 zu 500 Jahre Reformation haben evangelische Kirchen und katholische Bistümer zum Anlass genommen, ihre Partnerschaft zu intensivieren und Kirchen gemeinsam zu nutzen. Gemeinsame Kirchenzentren erlauben es Kirchengemeinden, angesichts zurückgehender Mitgliedszahlen und sinkender Einnahmen in ihren Stadtteilen präsent zu bleiben.“

Übersicht der ökumenisch genutzten Kirchen bzw. Zentren im Gebiet der EKiR:

• Ökumenische Nutzung des Markus-Hauses in Essen-Vogelheim seit 2018.

• Geplanter Neubau und Nutzung eines gemeinsamen ökumenischen Gemeindezentrums der Evangelischen Kirchengemeinde Dellwig-Frintrop-Gerschede und der katholische Paulusgemeinde (Großpfarrei St Josef) im Essener Norden

• Ökumenische Nutzung des Gemeindezentrum Quellstraße in Essen (Pfarrerin Augustin) mit kath. Pfarrgemeinde St.Pankratius (Oberhausen)

• Geplante ökumenische Nutzung der evangelischen Kirche bzw. des katholischen Gemeindezentrums in Orsoy

• Ökumenische Nutzung des Zentrums „Heilige Familie“ in Mettmann-Metzkausen seit 2018

• Ökumenische Nutzung des Gemeindezentrums Pius-Lukas in Krefeld-Gartenstadt ab September 2020

älter:

• Ökumenisches Gemeindezentrum Frankental der Ev. Kirchengemeinde Stolberg und der kath. Gemeinde St. Lucia (seit 2014)

• Ökumenische Citykirche St. Nikolaus in Aachen (seit 2002)

• Ökumenisches Kirchenzentrum im CentrO Oberhausen (seit 1997, Zukunft ist allerdings ungewiss)

• Gemeinsam genutztes Gebäude "Haus der Kirche" mit Andachtsraum in Haan-Hochdahl am Markt mit Pfarrgemeinde St. Franziskus (seit 1987)

Sonntag, 06.09.2020