Kirchenmusik: Chorarbeit in Zeiten von Corona

von Werner Beuschel

Sonntag, 06.09.2020

Chorprobe in einer Kirche
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Allein im Evangelischen Chorverband, dem Deutschen Sängerbund und anderen Zusammenschlüssen sind bundesweit 1,8 Millionen Chorsängerinnen und -sänger organisiert. (Foto: Pixabay)

Der Chor- und Gemeindegesang ist – vor allem in den evangelischen Kirchen – nicht bloß schmückendes Beiwerk, sondern integraler Bestandteil der Verkündigung. Doch wegen der Corona-Pandemie sind Musik und Singen im Gottesdienst derzeit heikel.

Zwar sind Orgelspiel oder Musik auf Saiteninstrumenten wie Geige oder Gitarre möglich, aber sobald Aerosole ausgestoßen werden – etwa beim Singen oder durch Blasinstrumente wie Trompete oder Posaune – wird es gefährlich. Die feinen Tröpfchen und Partikel halten sich lange in der Raumluft und verteilen sich schwebend über mehrere Meter hinweg. Die Kirchen verzichten deshalb in ihren Gottesdiensten aktuell auf Gemeindegesang bzw. lassen Gesangsdarbietungen nur mit wenigen Stimmen und bei ausreichendem Abstand zu.

Die Auflagen hierzu sind streng und gelten zum Beispiel auch für Chorproben außerhalb der Gottesdienste. So müssen die Sängerinnen und Sänger in geschlossenen Räumen drei Meter auseinander stehen, in Stoßrichtung des Atems müssen sogar vier bis sechs Meter Platz sein. Der Landesmusikrat empfiehlt seinen Chören außerdem eine versetzte Ausstellung, erzählt der Kirchenmusiker und Kreiskantor Karl-Georg Brumm aus Grevenbroich: „Und wenn man dann wirklich mal den Zollstock nimmt und legt ihn auf dem Boden aus und beachtet alles, dann merkt man plötzlich, wie WEIT vier Meter sind oder drei Meter zur Seite. Es ist wirklich weit, und manche stellt es dann doch vor Herausforderungen.“

Nicht nur die schiere Größe des Raumes, der für eine vorschriftsmäßige Probenarbeit nötig ist, stellt viele Gemeinden vor Probleme. Zu den weiteren Auflagen gehört auch das regelmäßige kräftige Lüften des Raumes nach 20 bis 30 Minuten. In der Praxis bedeutet das: Kaum hat die Chorarbeit begonnen und ist das Einsingen und Aufwärmen der Stimmen abgeschlossen, muss bereits die erste längere Lüftungspause eingelegt werden. Kontinuierliche und konzentrierte Chorarbeit ist unter diesen Umständen schwer möglich – und macht auch nicht wirklich Spaß.

Eine Alternative ist das Singen unter freiem Himmel. Hier können sich die Aerosole nicht über einen längeren Zeitraum in der Luft halten und anreichern. Dafür ist das gemeinsame Singen deutlich anstrengender, weil der eben der Raum fehlt, der die Stimmen trägt und sie voller klingen lässt. Online-Proben via Internet sind zwar technisch möglich, aber vielen Sängerinnen und Sängern fehlt da erst recht das Gemeinschaftsgefühl, das den Chorgesang auch zu einem sozialen Miteinander macht.

Sonntag, 06.09.2020