Gott mehr gehorchen als den Menschen

von Carsten Griese

Sonntag, 15.10.2023

Protestierende bei einer Klimaschutz-Demo
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Die Sommer werden immer heißer, das Wasser immer knapper und Extremwetter-Ereignisse immer häufiger. Für Klimaforscher ist längst klar: Das sind die sichtbaren Folgen eines epochalen Klimawandels, (Foto: Pixabay)

„Protest gegen das Aussterben“ – so lautet die deutsche Übersetzung der in Großbritannien gegründeten Klimaschutz-Bewegung „Extinction Rebellion“. Deren Ziele und Methoden haben den Theologen Malte Möring davon überzeugt mitzumachen.

„Extinction Rebellion“ setzt auf Straßenblockaden und andere Formen des zivilen Ungehorsams, um auf ihre Ziele aufmerksam zu machen. Seinen Entschluss, sich der Bewegung als Aktivist anzuschließen, begründet Möring damit, „dass Extinction Rebellion genauso wie die Letzte Generation eine strenge Gewaltfreiheit hat. Das heißt, sie beleidigen niemanden, sie gehen nicht mit Gewalt gegen Leute vor, bei der Letzten Generation ist es zum Beispiel auch so, dass sie Menschen nicht verklagen, die sie treten, schlagen oder von der Fahrbahn zerren, obwohl sie das könnten. Und das sind Formen von Gewaltlosigkeit, wo ich sage, das passt zu dem, was ich glaube.“

Andererseits geht sein christlicher Glaube aber nicht so weit, dass er die Verhinderung einer Klimakatastrophe und die Rettung der Menschheit allein in die Hände Gottes legen würde. Er sagt: „Ich kenne Leute, die sagen, dass Gott den Klimawandel aufhalten oder die Menschheit auf magische Weise retten wird - ich gehör da so halb dazu und halb nicht. Weil ich auf der einen Seite denke: Hey, Gott hat zu Noah gesagt: Solange die Erde steht soll nicht aufhören Frost und Hitze, Sommer und Winter, Saat und Ernte, Tag und Nacht. Und wenn Gott das gesagt hat, dann IST das auch so. Gleichzeitig seh ich halt, wie wir es im Moment immer tiefer reinreiten und ich so das Gefühl hab: Hey, das wird nix mehr. Und deswegen sitz ich auf der Straße.“

Möring hat in Tübingen, Berlin, Yogyakarta (Indonesien) und Bochum evangelische Theologie studiert. Seit einem Jahr arbeitet er als Redakteur in Wuppertal bei der Vereinten Evangelischen Mission (VEM). Die hat sehr gute Kontakte zu Kirchen in Afrika und Asien, also zu Ländern, in denen die Folgen des Klimawandels schon stark zu spüren sind. Laut dem UNICEF-Bericht „Children Displaced in a Changing Climate” sind Überschwemmungen und Stürme die Ursache für 95 Prozent (40,9 Millionen) der registrierten Vertreibungen von Kindern. Mehr als 1,3 Millionen Kinder seien vor Dürren innerhalb ihres Landes geflüchtet. Kinder in kleinen Inselstaaten wie Dominica und Vanuatu seien am stärksten von Stürmen betroffen, in Somalia und im Südsudan von Überschwemmungen.

In einem Vortrag beim Evangelischen Medienkongress am 6. Oktober 2023 in Frankfurt am Main sprach der ZDF-Wettermoderator und Klimaexperte Özden Terli angesichts der Entwicklungen der letzten 150 Jahre von einem „epochalen Umbruch unseres gesamten Klimasystems.“ Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens von 2015 überhaupt noch einhalten zu können und die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf deutlich unter 2 Grad Celsius zu begrenzen, müssten die Kohlendioxid-Emissionen auf null sinken, sagte Terli. Nur so könnten die „schlimmsten Szenarien“ eingeschränkt werden.

Sonntag, 15.10.2023