Agrarkonzerne stoppen: "Satt ist nicht genug"

von Ulrich T. Christenn

Sonntag, 29.11.2015

zwei indische Bäuerinnen mit gefülten Erntekörben
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Zwei indische Kleinbäuerinnen auf dem Heimweg. Brot für die Welt fördert Partnerorganisationen wie Navdanya in Indien, die sich für die freie Nutzung, Weitergabe und Zucht von Saatgut einsetzen.

Traditionell am 1. Advent startet "Brot für die Welt" in ein neues Aktionsjahr. Diesmal lautet das Motto "Satt ist nicht genug". Damit sagt die evangelische Hilfsorganisation nicht nur der Mangelernährung sondern auch Agrarkonzernen den Kampf an.

Weltweit haben 800 Millionen Menschen nicht genug zu essen. Und eine weitere Milliarde wird zwar irgendwie satt, leidet aber wegen einseitiger Kost an Mangelerscheinungen. Fehlende Vitamine, Mineralien und Spurenelemente führen gerade bei Kindern und Jugendlichen zu Entwicklungsstörungen. Auch bei Erwachsenen hat eine einseitige Ernährung Folgen: Sie sind geistig und körperlich weniger leistungsfähig, die Anfälligkeit für Krankheiten wächst.

Mit ihrer Aktion "Satt ist nicht genug" will "Brot für die Welt" für eine ausgewogene und gesunde Ernährung auch in den Ländern des Südens sorgen. Deshalb betreibt und unterstützt die Hilfsorganisation zum einen entsprechende Bildungsprogramme in Afrika, Asien und Lateinamerika. Denn nur wer weiß, welche Nährstoffe der menschliche Körper benötigt und in welchen Nahrungsmitteln diese Stoffe enthalten sind, kann sich entsprechend gesund ernähren.

Zum zweiten setzt sich "Brot für die Welt" mit der Aktion aber auch für die Kleinbauern in den Entwicklungs- und Schwellenländern ein. Eines der Hauptziele dabei: Das über Jahrhunderte von den Bauern gezüchtete Saatgut zu bewahren. Es verfügt einerseits bereits über Eigenschaften, die angesichts des bevorstehenden Klimawandels von großer Bedeutung sind, indem es Pflanzen hervorbringt, die z.B. auch auf sehr trockenen oder salzigen Böden gedeihen.

Gleichzeitig umfasst das vorhandene bäuerliche Saatgut eine breite Palette verschiedener Nutzpflanzen, die eine entsprechend vielseitige Ernährung sicherstellen können. Martin Remppis, von Brot für die Welt fasst das so zusammen: "Man braucht eine vielseitige, ausgewogene Ernährung. Und vielseitige Ernährung braucht eine vielseitige Landwirtschaft."

Genau die ist aber auch in vielen Ländern des Südens auf dem Rückzug. Statt auf Qualität wird auf Masse gesetzt, um die Erträge zu steigern. Dazu braucht es wiederum Maschinen und chemische Düngemittel. Beides können sich die wenigsten Bauern leisten. Hinzu kommt – so Martin Remppis – "dass die agroindustrielle Nahrungsmittelproduktion sehr stark auf Einheitssaatgut setzt. Das heißt, eine Vielzahl von Sorten gehen verloren."

In Zusammenarbeit mit der Partnerorganisation "Navdanya" der Trägerin des Alternativen Nobelpreises Vandana Shiva gelingt es "Brot für die Welt", indischen Bauernfamilien zu zeigen, wie Bio-Anbau und altbekannte Pflanzen zu einer gesunden Ernährung beitragen. Dazu betreibt der Partner von "Brot für die Welt" vor Ort eine Saatgutbank. Die Samen von 1000 verschiedenen Pflanzen sorgen heute und in Zukunft dafür, dass Menschen in Indien nicht nur satt sind, sondern auch mit genug Nährstoffen versorgt sind.

Der Gottesdienst zur bundesweiten Eröffnung von "Satt ist nicht genug" findet am Sonntag, 29. November 2015, um 10 Uhr, statt - live übertragen in der ARD aus der Marktkirche Hannover. Die Predigt hält Landesbischof Ralf Meister. In Westfalen wird die Aktion ebenfalls am 29. November 2015 um 17 Uhr in der Christuskirche Schwelm eröffnet. Unter den Teilnehmern ist neben Superintendent Hans Schmitt auch Johannes Remmel, Umwelt- und Landwirtschaftsminister des Landes NRW. In Gesprächsrunden werden sie mit weiteren Gästen diskutieren, wie eine vielfältige Landwirtschaft und gesunde Ernährung für Menschen in Afrika, Asien, Lateinamerika, aber auch Deutschland möglich sein kann.
Sonntag, 29.11.2015