75 Jahre Zentralrat der Juden in Deutschland

von Dr. Brigitta Duhme-Hildebrand

Sonntag, 06.07.2025

Dr. Josef Schuster, amtierender Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland
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Derzeit ist Dr. Josef Schuster amtierender Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland. (Foto: Zentralrat der Juden in Deutschland)

Am 19. Juli 1950 und damit nur fünf Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs und dem Holocaust an rund sechs Millionen europäischen Juden wurde in Frankfurt a.M. der Zentralrat der Juden in Deutschland gegründet. 

Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus 1945 war das jüdische Leben in Deutschland nahezu ausgelöscht, denn von den 500.000 deutschen Juden im Reich (1933) wanderten bis 1939 250.000 ins Ausland aus, weitere 165.000 wurden ermordet. Die wenigen Überlebenden der Shoah sowie jüdische Displaced Persons (DPs), die vor allem aus Osteuropa stammten, standen vor der Herausforderung, ihr Leben neu zu ordnen. Viele DPs sahen Deutschland nur als Übergangsstation und wollten weiter nach Israel oder in die USA auswandern. Dennoch bildeten sich in den westlichen Besatzungszonen neue jüdische Gemeinden. Gab es bei Kriegsende nur noch fünf jüdische Gemeinden in Deutschland, so waren es 1959 bereits wieder 67.

Um diese Gemeinden zu koordinieren, ihre Interessen zu vertreten und einen Ansprechpartner für deutsche Behörden und die Alliierten zu schaffen, wurde der Zentralrat der Juden in Deutschland gegründet. Er verstand sich von Beginn an als politisch und moralisch legitimierte Vertretung der Juden in der Bundesrepublik Deutschland. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten Vertreter verschiedener jüdischer Gemeinden aus den westlichen Besatzungszonen. Erster Präsident des neu gegründeten Zentralrates war Dr. Heinz Galinski.

Der Zentralrat setzt sich bis heute für die Wiederherstellung jüdischen Lebens in Deutschland ein, engagiert sich in der Aufarbeitung des Holocaust, im Kampf gegen Antisemitismus und ist maßgeblich an der Gestaltung der Beziehungen zwischen der jüdischen Gemeinschaft und der deutschen Politik beteiligt. Trotz seiner Entstehung in einem Land, das Ausgangspunkt für einen beispiellosen Völkermord war, entwickelte sich der Zentralrat zur wichtigsten Institution des jüdischen Lebens in der Bundesrepublik.

Eine jüdische Interessenvertretung gegenüber Staat und Gesellschaft gab es auch schon vor dem Zweiten Weltkrieg. Eine der wichtigsten Organisationen war in diesem Zusammenhang der 1893 in Berlin gegründete „Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens“ (CV). Er setzte sich für die Gleichstellung und Integration der Juden als deutsche Staatsbürger ein und kämpfte gegen Antisemitismus. Er war liberal und patriotisch geprägt und vertrat das Selbstverständnis, dass jüdische Identität und deutsches Staatsbürgertum vereinbar seien. In den 1920er Jahren war der CV mit rund 60.000 Mitgliedern die größte jüdische Organisation in Deutschland.

Daneben existierten weitere wichtige Organisationen wie der 1919 gegründete „Reichsbund jüdischer Frontsoldaten (RjF)“ - eine national gesinnte Vereinigung, die die Verbundenheit der jüdischen Bevölkerung mit dem deutschen Staat betonte. Ihr Ziel war es, die Ehre jüdischer Soldaten, die im Ersten Weltkrieg für Deutschland gekämpft hatten, gegen antisemitische Vorwürfe zu verteidigen. Eine besondere Rolle hatte auch der „Zentralausschuss der deutschen Juden für Hilfe und Aufbau“. Diese Hilfsorganisation unterstützte nach 1933 verfolgte Juden und half ihnen bei der Auswanderung.

Sonntag, 06.07.2025