"In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen"

von Manfred Rütten

Donnerstag, 30.05.2019

Die Himmelfahrtskapelle auf dem Ölberg in Jerusalem
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Der Überlieferung nach markiert die Himmelfahrtskapelle auf dem Ölberg in Jerusalem die Stelle, an der Jesus gen Himmel fuhr. (Foto: David Castor / Wikimedia)

Der Feiertag Christi Himmelfahrt erinnert an die fulminante Abschiedsvorstellung von Jesus: 40 Tage nach seiner Auferstehung wird er vor den Augen seiner Jünger von einer Wolke umhüllt und in den Himmel gehoben. Wie ist diese Geschichte zu deuten?

Viele Menschen stellen sich das Himmelfahrts-Geschehen immer noch ganz bildlich vor, sagt der Alt-Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Alfred Buß und nennt ein Beispiel: "In Masuren habe ich ein wunderschönes Himmelfahrtsbild in der Kirche gesehen. Da sah man noch die Füße von Jesus, wie er durch die Decke der Kirche entschwand. Das ist so naiv, dass wir sagen: »Das kann doch keiner glauben«.

Dass jemand wie durch Zauberhand gen Himmel gehoben wird, ist für moderne, wissenschaftlich denkende Menschen tatsächlich nicht vorstellbar. Was wirklich hinter der Himmelfahrtsgeschichte steckt, wird erst klarer, wenn man sich von den alten Bildern trennt und den Begriff "Himmel" anders deutet – nämlich theologisch: "Wenn wir von Himmel reden", so Alfred Buß, "meinen wir nicht einfach schlicht den Himmel über uns. Da ist das All, das wissen wir. Nein, wir reden von einer anderen Qualität, von einer anderen Wirklichkeit als Himmel: der Wirklichkeit Gottes, die zu dieser unserer Wirklichkeit gehört – die sichtbare, endliche Welt und der unsichtbare, unendliche Himmel Gottes."

In diese unsichtbare Welt ist Jesus damals aufgenommen worden. Er war der erste, aber er wird nicht der einzige bleiben, ist Alfred Buß überzeugt: "Er geht ein in die Sphäre Gottes, aber nicht, um für immer zu entschwinden, sondern weil er uns vorausgeht und uns einen Platz bereitet. »Ich gehe zu meinen Vater, da sind viele Wohnungen«, hat er mal gesagt, und: »Ich werde dort hingehen und ihr werdet eines Tages bei mir sein«. Das ist die große Hoffnung, die sich damit für jeden einzelnen verbindet."

Die Geschichte Jesu ist damit aber keineswegs zu Ende. Das ist auch der Grund, warum seine Himmelfahrt bis heute jedes Jahr immer wieder neu gefeiert wird, meint Alt-Präses Buß: "Er wird wiederkommen und uns den Himmel öffnen. Das bedeutet Himmelfahrt. Christus ist bei Gott, ihm gehört diese ganze Welt, und das werden wir eines Tages wieder sehen, wenn Gott eines Tages wieder bei den Menschen wohnen wird."

Christi Himmelfahrt wird am 40. Tag des Osterfestkreises, also 39 Tage nach dem Ostersonntag, gefeiert. Deshalb fällt das Fest immer auf einen Donnerstag. Der frühestmögliche Termin ist der 30. April; der spätestmögliche ist der 3. Juni. Der Ölberg in Jerusalem gilt als die Stelle, wo Jesus in den Himmel aufgefahren sein soll. Daran erinnert die Himmelfahrtskapelle, die auf der höchsten Stelle des Ölbergs errichtet wurde und in der der angeblich letzte Fußabdruck Christi zu besichtigen ist.

Der biblische Bericht über die Himmelfahrt Christi steht in der Apostelgeschichte Kapitel 1, Vers 9-11: "Und als er (Jesus) das gesagt hatte, wurde er vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf, weg vor ihren Augen. Und als sie ihm nachsahen, wie er gen Himmel fuhr, siehe, da standen bei ihnen zwei Männer in weißen Gewändern. Die sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht zum Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen."

Donnerstag, 30.05.2019