1. Weihnacht nach der Flut: „Opfer nicht allein lassen“

von Manfred Rütten

Sonntag, 26.12.2021

Helfer der Diakonie Katastrophenhilfe vor einem eingestürtzten Haus
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Helfer der Diakonie Katastrophenhilfe begutachten in Pruin ein vom Juli-Hochwasser stark zerstörtes Gebäude. (Foto: Frank Schultze/Diakonie Katastrophenhilfe)

Die Geburt Jesu geschieht in einem Provisorium: Das Kind kommt in einem ungeheizten Stall zu Welt, sein erstes Bettchen ist eine Futterkrippe. Ganz ähnlich geht es heute den Opfern der Flut vom Sommer: Viele von ihnen sie leben in einem Provisorium.

In Orten wie Sinzig, Bad Münstereifel, Stolberg, Erftstadt-Blessem oder Bad Neuenahr-Ahrweiler, wo die Wassermassen Mitte Juli 2021 besonders hart zugeschlagen haben, müssen viele Betroffene praktisch „bei Null“ anfangen. Möbel, Kleidung, Haushaltsgeräte, Autos aber auch wichtige Dokumente und persönliche Erinnerungsstücke haben die Fluten weggespült oder unbrauchbar gemacht. Die Keller, Wände und Böden in den Wohnungen und Häusern haben sich voll Wasser gezogen. Estrich und Putz müssen abgeschlagen werden, um die Gebäude trocknen zu können. Viele gleichen deshalb einem Rohbau, in denen die Bewohner mit großen Einschränkungen leben.

Die Phase des Wiederaufbaus ist gerade erst angelaufen. Seit dem 17. September 2021 stehen die staatlichen Wiederaufbauhilfen des Bundes und des Landes NRW zur Verfügung – zusammen rund 12,3 Milliarden Euro. Bis Ende November haben bisher fast 9.000 Privatpersonen aus NRW einen entsprechenden Antrag auf Hilfe bei der Bewältigung ihrer Flutschäden gestellt. Doch die Bearbeitung scheint zu stocken – auch weil 300 Stellen, die die NRW-Landesregierung zusätzlich genehmigt hatte, um die Hilfsanträge zu bearbeiten, noch nicht besetzt sind. Die Verfahren sollen aber bis zum Jahreswechsel abgeschlossen und die Stellen besetzt sein, sagte Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) laut einem Bericht der Aachener Zeitung vom 22.11.2021.

Regierungsangaben zufolge seien von den fast 9.000 Anträgen mehr als die Hälfte (4.700) „in der Bewilligung“. 25 Millionen Euro stünden zur Auszahlung an. Für die Opposition kritisierte Stefan Kämmerling (SPD), dass „in Bewilligung" nichts heiße. Viele Antragsteller hätten noch keine Bescheide oder gar Geld erhalten.

Die von Diakonie, Caritas und den NRW-Lokalradios getragen Aktion Lichtblicke hat dagegen im Rahmen ihrer eigens gestarteten Unwetter-Hilfe bereits mehr als 1.650 Anträge geprüft und entschieden. Rund sieben Millionen der insgesamt für die Flutopfer gespendeten 11,8 Mio. Euro konnten so schon an Betroffene in NRW ausgezahlt werden.

Sonntag, 26.12.2021