Weltklimabericht 2022: Was jetzt dringend nötig ist

von Friederike Ursprung

Sonntag, 03.04.2022

Klima-Aktivisten demonstrieren
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Zuletzt hatte die Bewegung "Fridays For Future" für den 25. März 2022 zum "Globalen Klimastreik" aufgerufen. (Foto: Pixabay)

Der neue Weltklimabericht 2022 des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) hat mehr als 1.000 Seiten und enthält die Ergebnisse von mehr als 34.000 Studien, zusammengetragen von 270 Autoren aus 67 Ländern. Ihre Forderungen sind deutlich.

Wenig überraschend appellieren die Experten an die Politik: Die Welt muss geschlossen handeln und sie muss schnell handeln, wenn man die Folgen des Klimawandels noch begrenzen will. Das meint auch Dr. Joachim Fünfgeld aus dem Referat Wirtschaft und Umwelt beim evangelischen Hilfswerk »Brot für die Welt«: „Es gibt ein afrikanisches Sprichwort, das sagt: Der beste Augenblick, einen Baum zu pflanzen, war gestern. Der Zweitbeste ist heute – sprich: die Versäumnisse müssen wir zur Kenntnis nehmen und heute sofort anfangen, eben umzusteuern und die richtigen Lehren daraus ziehen.“

Am Weltklimabericht, der nur etwa alle sieben Jahre erscheint, arbeiten Fachleute aus 195 Ländern mit. Der Bericht besteht aus drei Teilen, die jeweils in mehrtägigen Plenarsitzungen vom IPCC beraten und verabschiedet werden. Der erste Teil des aktuellen Weltklimaberichts wurde bereits im August 2021 veröffentlicht. Er beschäftigte sich mit den naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels. Der zweite Teil, der Ende Februar 2022 erschien, enthielt eine Zusammenfassung für die politischen Entscheidungsträger. Am 4. April 2022 soll nun auch der dritte Teil bekannt gegeben werden, in dem es um politische, wirtschaftliche und technologische Optionen zur Minderung des Klimawandels bzw. seiner Folgen gehen wird.

Fest steht schon jetzt: Der Klimawandel ist eindeutig Menschen gemacht – das belegen seit Jahren zahlreiche Untersuchungen, Rechenmodelle und Studien. Und: Zu stoppen ist der Klimawandel nicht mehr. Nur die Auswirkungen lassen sich noch begrenzen, vorausgesetzt die dafür nötigen Umstellungen und Gegenmaßnahmen werden noch rechtzeitig und möglichst weltweit umgesetzt. Viel Zeit dafür bleibt nicht mehr, meint Dr. Joachim Fünfgeld von „Brot für die Welt“: „Die Krise ist schon so weit fortgeschritten, dass es vielerorts nicht mehr oder kaum noch möglich ist, sich daran anzupassen, und das wird mit jedem Zehntel Grad weiterer Erderhitzung zunehmen: Mehr und mehr Menschen und mehr und mehr Ökosysteme wie auch ganze Gesellschaften werden sich kaum noch an die Klimakrise anpassen können.“

Zwar hätten die Industriestaaten schon 2009 versprochen, ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar für Klimafolgen bereitzustellen. Doch dieses Versprechen sei bisher nicht eingelöst worden, so Fünfgeld: „Und von dem, was bereitgestellt wird, fließen nur 4 bis 8% in Anpassungsmaßnahmen. Das reicht hinten und vorne nicht aus, um die Klimafolgen einzudämmen. Deswegen müssen auch hier Industrieländer dringend mehr finanzielle Unterstützung für Anpassungsmaßnahmen anbieten und auch zusätzlich finanzielle Unterstützung anbieten, um mit den Schäden, die schon entstehen, fertig zu werden.“

Schätzungen zufolge sind bis zu dreieinhalb Milliarden Menschen auf der Welt durch die Folgen der Erderwärmung und des damit verbundenen Klimawandels akut gefährdet. Teilweise leiden sie schon jetzt unter längeren Dürreperioden, Starkregen und Versalzung ihrer Böden durch den steigenden Meeresspiegel. Beides – Wasserknappheit wie auch Überschwemmungen – könnten in naher Zukunft zu Wanderungs- und Fluchtbewegungen von Millionen Menschen führen. Krankheiten, die bislang auf tropisch-warme Gebiete beschränkt waren, könnte sich infolge der Erderwärmung weiter ausbreiten.

Auch an den Polen der Erde wird es immer wärmer, meldet der Mitteldeutsche Rundfunk (mdr) am 22. März 2022: „Obwohl der Sommer auf der Südhalbkugel gerade zu Ende geht und es deutlich kälter werden sollte, verzeichneten Meteorologen an der Forschungsstation Dome Concordia einen Hitzerekord von minus 11,5 Grad Celsius. (…) Seit Beginn der dortigen Aufzeichnungen, also seit 66 Jahren, sind das die höchsten Temperaturen, die je gemessen wurden. (…) Und auch auf der Nordhalbkugel, in der Arktis, verändern sich die Verhältnisse drastisch. Während die Durchschnittstemperaturen auf dem restlichen Planeten »nur« ca. 1,1 Grad Celsius über dem Niveau der vorindustriellen Zeit liegen, sind sie in der Arktis in den letzten 50 Jahren zwischen zwei und drei Grad angestiegen.“

Sonntag, 03.04.2022