Seenotrettung: "Die EU muss endlich was tun!"

von Achim Stadelmaier

Sonntag, 11.08.2019

Flüchtlinge im Mittelmeer auf dem Weg zum Rettungsschiff 'Sea-Watch'.
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Flüchtlinge im Mittelmeer warten auf ihre Rettung durch die "Sea-Watch". (Foto: Brainbitch ; lizensiert unter CC BY-NC 2.0 - https://creativecommons.org/licenses/by-nc/2.0/)

Während im Mittelmeer die Rettung von Geflüchteten aus Seenot zum Teil massiv behindert wird und die EU immer noch darüber streitet, welches Land wie viele Flüchtlinge aufnehmen soll, hat sich die Evangelische Kirche in der Frage eindeutig positioniert.

Vor allem der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, hat sich in der Vergangenheit bereits mehrfach zur Seenotrettung im Mittelmeer geäußert. Als im Juni 2019 Carola Rackete als Kapitänin des Rettungsschiffes "Sea-Watch 3" in Italien festgenommen wurde, weil sie mit über 50 Flüchtlingen an Bord ohne Erlaubnis den Hafen von Lampedusa angelaufen hatte, zeigte sich Bedford-Strohm entsetzt: "Dass sich nicht die rechtfertigen müssen, die die Rettung von Leben verhindern wollen, sondern die sich rechtfertigen müssen, die als einzige überhaupt noch retten – das geht gar nicht!"

Um die Probleme zu lösen, sieht der EKD-Ratsvorsitzende vor allem die Europäische Union in der Pflicht: "Wir müssen sicherstellen, dass Menschen, die – aus welchen Gründen auch immer – auf diesen lebensgefährlichen Schlauchbooten sich im Mittelmeer befinden, dass deren Leben gerettet wird und dass man sie vor allem zuerst als Menschen sieht und nicht als Bedrohung oder als nur Nummern. Gleichzeitig müssen wir natürlich nach Wegen suchen, wie man mit dem Problem insgesamt umgehen kann. Also in den Ländern selbst – das ist das Allerwichtigste – Perspektiven für die Menschen schaffen. Informieren, dass sie nicht auf die falschen Versprechungen der Schlepperbanden reinfallen. In den Ländern Nordafrikas, wo jetzt Gewalt und Chaos herrscht, alles tun was wir können, damit sich da wieder eine rechtliche Ordnung entwickeln kann. Und solange das alles noch keinen Erfolg hat, müssen wir natürlich die Menschen, die auf der ganzen Welt – 70 Millionen – auf der Flucht sind, überall in der Welt solidarisch aufnehmen. Und jedes Land, jeder Kontinent hat da seinen Teil mit beizutragen. Die meisten Flüchtlinge werden in Afrika in den ärmsten Ländern aufgenommen. Und auch Europa – ein Kontinent mit 500 Millionen Einwohnern – muss da seinen Beitrag leisten."

Die EKD selbst finanziert derzeit den Betrieb des Suchflugzeugs "Moonbird", mit dem im Mittelmeer treibende Flüchtlingsboote aufgespürt und Helfer herangeführt werden. Außerdem unterstützt sie zusammen mit vielen anderen Organisationen und Kirchengemeinden das Bündnis Seebrücke .

Im sogenannten "Palermo-Appell" fordert die Evangelische Kirche zusammen mit vielen Verantwortlichen aus Kommunen, Kirchen und der Zivilgesellschaft:

  1. 2019 darf nicht zu einem verlorenen Jahr für die Seenotrettung im Mittelmeer werden.
  2. Die Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung muss ein Ende haben. Jetzt!
  3. Seenotrettung muss auch eine staatliche Aufgabe bleiben. Was ist aus der europäischen Seenotrettung geworden? Deutschland sollte hier ein Zeichen setzen und Schiffe entsenden!
  4. Wir brauchen noch in diesem Sommer eine politische Notlösung, einen vorübergehenden Verteilmechanismus für Bootsflüchtlinge. Viele Städte und Kommunen in Europa wollen „Sichere Häfen“ sein! Lassen wir das Realität werden!
  5. Wir brauchen in der EU eine „Koalition der Willigen“, die jetzt handelt. Und eine zukunftsfähige Migrationspolitik entwickelt. Denn Menschen ertrinken lassen oder in die Lager Libyens zurückschicken, kann keine Option für Europa sein.

 

Mehr Infos unter https://www.ekd.de/seenotrettung-im-mittelmeer-46579.htm

Sonntag, 11.08.2019