Hartz IV-Sätze steigen – und reichen doch nicht

von Joachim Gerhardt

Montag, 01.01.2018

Geldschein, Münzen und ein Taschenrechner
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Wer von Hartz-IV lebt, muss scharf rechnen, um überhaupt über die Runden zu kommen.

Ab dem 1. Januar 2018 erhalten Empfänger von Arbeitslosengeld II und weitere Bedürftige mehr Geld. Allerdings fallen die Erhöhungen sehr mager aus: Je nach Alter und Familienstand gibt es zwischen 3 und 7 Euro mehr im Monat.

Alleinstehende Erwachsene bekommen künftig 416 Euro (+7), Ehe- und Lebenspartner erhalten jeweils 374 Euro (+6). Für Kinder bis sechs Jahre steigt der Satz um drei auf dann 240 Euro. Für ältere Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis 25 Jahre gibt es pro Montag fünf Euro mehr: Sechs- bis 13jährige erhalten zum Beispiel 296 Euro, für 14- bis 17jährige gibt es 316 Euro. Neben den Regelsätzen trägt das Amt auch die Kosten für Miete und Heizung, nicht jedoch die für den Stromverbrauch. Mit der Erhöhung folgt die Politik gesetzlichen Vorgaben, wonach die Regelsätze an die Entwicklung der Nettolöhne und die Preissteigerung angepasst werden müssen.

Neben den 4,36 Millionen Erwachsenen und Kindern, die derzeit "Hartz IV"-Leistungen beziehen, profitieren auch rund 500.000 berufsunfähige Sozialhilfebezieher und noch einmal ebenso viele Rentner, die auf Grundsicherung angewiesen sind, von der Erhöhung. Mehr Geld gibt es auch für die gut 700.000 Flüchtlinge in Deutschland – allerdings erhalten sie als Asylbewerber in den ersten 15 Monaten ihres Aufenthaltes einen um 10% niedrigeren Regelsatz.

Wohlfahrtsverbände wie Diakonie und Caritas kritisieren die Anhebung der Regelsätze als viel zu niedrig: "Drei bis fünf Euro mehr bedeuten keine Verbesserung der Lebensumstände", kommentiert etwa der Kölner Diözesan-Caritasdirektor Frank Johannes Hensel die geringen Steigerungen insbesondere für Kinder. Ähnlich sieht das auch der Geschäftsführer der Diakonie Bonn, Ulrich Hamacher: "Die Hartz IV-Sätze sind deutlich zu niedrig, um damit eine vernünftige Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen."

Aus Sicht des Sozialverbandes VdK und der Wohlfahrtsverbände erfolgte die Berechnung der neuen Regelsätze einmal mehr "mit fragwürdigen Methoden" und unrealistischen Annahmen. Ulrich Hamacher vermutet dahinter politisches Kalkül: "Man hat eine andere Berechnungsweise mit dem fast selben Ergebnis gefunden und das war der Zweck: die Kosten senken."

Maria Loheide, Sozialexpertin bei der Diakonie Deutschland kritisiert: Zeichenstifte für Kinder, eine Haftpflichtversicherung, Zimmerpflanzen oder ein Weihnachtsbaum seien gestrichen worden. Eltern, die Grundsicherung erhalten, müssten für das Schulmittagessen ihres Kindes einen Euro Eigenanteil zahlen. Das summiere sich im Monat auf etwa 23 Euro. Im Regelsatz seien dafür aber lediglich 40 Cent enthalten.

Nach Berechnungen der Diakonie liegt der Regelsatz für einen alleinstehenden Erwachsenen derzeit ca. 150 Euro unter dem tatsächlichen Mindestbedarf. Paare müssten zusammengerechnet 144 Euro mehr bekommen, Kinder je nach Altersgruppe 16 bis 78 Euro mehr. "Die Diakonie fordert eine Erhöhung der Hartz-IV-Sätze", sagt Ulrich Hamacher. "Und insbesondere fordern wir eine Kindergrundsicherung in der Größenordnung von mindestens 500 Euro pro Monat, die sicherstellt, dass wenigstens die Kinder ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sicherstellen können."

Die Interessengemeinschaft Sozialrecht e.V. mit Sitz in Berlin hat unter dem Titel "Hartz IV: Alles, was Sie wissen müssen!" eine Ratgeber-Broschüre herausgegeben. Hier finden Interessierte u.a. wichtige Informationen zur Antragsstellung, HartzIV-Bescheiden, bestehendes Vermögen, Nebenverdienste uvm. Die Broschüre steht unter http://www.hartz4hilfthartz4.de/ratgeber.pdf zum kostenlosen Download bereit.

Montag, 01.01.2018