Demenz-Café: Hilfe für Erkrankte & Angehörige

von Bettina Furchheim

Sonntag, 20.09.2015

Mann und Frau am Tisch, sie schüttet ihm Milch in den Kaffee
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Einen demenzkranken Angehörigen zu betreuen, kostet viel Kraft und Geduld.

Bundesweit leiden 1,6 Millionen Menschen an einer dementiellen Erkrankung, jedes Jahr kommen etwa 300.000 neue Fälle dazu. Die kirchlichen Pflegedienste kennen das Problem schon seit vielen Jahren. Neuerdings stellen sich auch Kirchengemeinden darauf ein.

"Wir bieten den Betroffenen ein paar Stunden in Gesellschaft und den Angehörigen eine Erholungspause", heißt es zum Beispiel auf der Internetseite der evangelischen Kirchengemeinde St. Tönis. Immer donnerstags von 9:30 bis 12:30 Uhr bietet die Gemeinde in ihren Räumen ein "Demenz-Café" an. Ein festes Programm gibt es dabei nicht, die Aktivitäten richten sich ganz nach der Befindlichkeit und den Wünschen der betreuten Personen. Für die Angehörigen, von denen viele die an Demenz Erkrankten zu Hause pflegen, bedeutet das dreistündige Café eine willkommene Pause und Zeit zum Luft holen.

Andere Kirchengemeinden haben in den vergangenen Jahren spezielle Gottesdienstangebote für Demenzkranke und ihre Angehörigen entwickelt. Bei der Gestaltung der Feiern wird auf die Bedürfnisse und kognitiven Fähigkeiten der Demenzkranken besondere Rücksicht genommen. Auch wenn deren Kurzzeitgedächtnis schon geschädigt ist, können viele Demenzkranke immer noch auf Erinnerungen aus ihrem Langzeitgedächtnis zurückgreifen. Diesen Umstand nutzen die Gottesdienstplaner und greifen zum Beispiel bei der Text- und Musikauswahl ganz bewusst auf alte, gut bekannte Inhalte zurück, wie etwa das "Vaterunser" oder Kirchenlieder wie "Großer Gott wir loben Dich".

Die Wirkung bei den Betroffenen ist oft erstaunlich, berichtet Antje Koehler, die entsprechende Gottesdienste in der evangelischen Thomaskirche in Köln begleitet: "Auch wenn ich die Nummer im Gesangbuch nicht finde und gar nicht genau im Moment weiß, wo bin ich hier, was passiert hier, aber dann erklingt die Orgel und ich stimme mit ein und merke, ich konnte drei Strophen von `Oh du Fröhliche´ mitsingen, und die Menschen richten sich wieder auf und man sieht ihnen an, was das für ein Moment der Stärkung, manchmal auch der Überraschung und des kleinen Glücks für sie bedeutet." Ob und wo es Gottesdienste für Demenzkranke in Ihrer Nähe gibt, können Sie über Ihre örtliche Kirchengemeinde, den Kirchenkreis oder das Bistum erfragen.

Medizinisch gesehen gibt es über 50 verschiedene Demenzerkrankungen, von denen allein das berühmte Alzheimer in Deutschland rund 1,2 Millionen Menschen betrifft. In NRW leiden mehr als 300.000 Menschen an demenziellen Erkrankungen, darunter sind etwa 220.000 an einer mittelschweren oder schweren Demenz erkrankt. Die meisten Betroffenen werden im häuslichen Bereich betreut, zumeist von Angehörigen. Deren Wissen über den Umgang mit Demenzkranken sowie über bestehende Beratungs- und Hilfeangebote ist jedoch oft lückenhaft.

Anlässlich des Welt-Alzheimer-Tages am 21. September wurde deshalb schon 2005 im Internet eine Anlaufstelle für fachliche Beratung und Unterstützung freigeschaltet (www.demenz-service-nrw.de) . Die Seite fasst alle Aktivitäten der Landesinitiative Demenz-Service NRW zusammen, die vom NRW-Sozialministerium, den Pflegekassen und der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW finanziell unterstützt wird. Wichtigster Baustein sind die derzeit 13 über ganz NRW verteilten regionalen Demenz-Servicezentren. Hier können sich sowohl Betroffene als auch deren Angehörige umfassend beraten lassen. Neben Informationen über das Krankheitsbild und den Verlauf der Erkrankung erhält man hier u.a. auch eine kompetente Beratung über den Umgang mit Demenzkranken und Hinweise auf weitere Hilfen wie z.B. Kurzzeitpflege oder Verhinderungspflege.

Eine wertvolle Seite für die Angehörigen von Demenzkranken ist das Internetangebot der Landesstelle Pflegende Angehörige (Gasselstiege 13 in 48159 Münster, Tel.: 0251 - 2705167). Neben Beratungs- und Entlastungsangeboten in NRW gibt es hier u.a. auch zahlreiche Tipps und Antworten rund um das Thema "häusliche Pflege" sowie Adressen und weiterführende Links.

Erste Anzeichen für eine Alzheimer-Erkrankung sind ein gestörtes Kurzzeitgedächtnis, Stimmungsschwankungen, Orientierungs- und Wortfindungsstörungen. Der Arzt kann heute mit hoher Sicherheit eine genaue Diagnose stellen und Medikamente (sog. Dementiva, Cholinesterase-Hemmer) verschreiben, die das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen können. Dadurch kann der Patient seinen Alltag besser bewältigen und sich seine Selbstständigkeit länger bewahren. Auch Angehörige profitieren von der Therapie, wenn sich der Pflegeaufwand verringert. Eine Heilung ist heute noch nicht möglich, allerdings haben Studien gezeigt, dass man das Risiko an Alzheimer zu erkranken senken kann. Möglichkeiten zur Vorbeugung sind Gedächtnistraining (u.a. Kreuzworträtsel), regelmäßige Bewegung, insbesondere Rad fahren und tanzen, sowie gesunde vitaminreiche Ernährung. Rauchen verändert dagegen die Gehirnchemie ungünstig, und bei einem Alkoholrausch sterben ebenfalls Millionen von Hirnzellen ab. Mehr Infos unter www.alzheimer-forschung.de
Sonntag, 20.09.2015