75. Todestag: Freundin erinnert an Anne Frank

von Markus Grieger

Sonntag, 08.03.2020

Foto des jüdischen Mädchens Anne Frank
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Dieses Foto eines unbekannten Schulfotografen zeigt Anne Frank im Dezember 1941. (Foto: gemeinfrei)

Jacqueline van Maarsen wurde am 30. Januar 1929 in Amsterdam geboren. Weil ihr Vater Jude war, musste sie nach dem Einmarsch der Deutschen in Holland auf das jüdische Lyzeum wechseln. Hier traf sie Anne Frank – und wurde ihre Freundin.

"Ich bin nie jemandem begegnet, der das Leben so genoss wie Anne Frank", sagt die heute 91jährige Zeitzeugin in einem Interview. Als sie sich an der jüdischen Schule in Amsterdam zum ersten Mal trafen, waren Anne Frank und sie zwölf Jahre alt. Gemeinsam hätten sie am 12. Juni 1942 noch Annes 13. Geburtstag gefeiert. Nur drei Wochen später, Anfang Juli, tauchte die Familie Frank dann unter, um der Verfolgung durch die Nationalsozialisten zu entgehen. Der Vater, Otto Frank, hatte im Hinterhaus einer Firma in der Prinsengracht 263 ein Versteck für seine Frau Edith und die beiden Kinder Anne und Margot vorbereitet. Hier fanden wenig später auch die Familie van Pels und im November 1942 der Zahnarzt Fritz Pfeffer Unterschlupf.

Ein Poesiealbum, das ihr ihre Eltern zum Geburtstag geschenkt hatten, nutzt Anne Frank als Tagebuch. Der erste Eintrag - datiert vom 12. Juni 1942 - lautet: "Ich werde, hoffe ich, dir alles anvertrauen können, wie ich es noch bei niemandem gekonnt habe, und ich hoffe, du wirst mir eine große Stütze sein." Bis zum 1. August 1944 schreibt Anne Frank fast täglich ihre Gedanken und Beobachtungen auf – dann endet das Tagebuch relativ abrupt.

Was danach geschah ist im Nachwort des im S. Fischer erschienenen Tagebuches der Anne Frank nachzulesen: "Am 4. August 1944 hielt vormittags zwischen zehn und halb elf Uhr ein Auto vor dem Haus Prinsengracht 263. Ihm entstiegen der uniformierte SS-Oberscharführer Karl Josef Silberbauer und mindestens drei holländische Helfer von der Grünen Polizei, in Zivil, aber bewaffnet. Es ist sicher, dass das Versteck verraten wurde. (…) Die Juden kamen nach ihrer Verhaftung für vier Tage in die Haftanstalt in der Weteringschans in Amsterdam; dann wurden sie in das niederländische »Judendurchgangslager« Westerbork überführt. Mit dem letzten Transport, der von dort in die Vernichtungslager im Osten ging, wurden sie am 3. September 1944 deportiert und erreichten nach drei Tagen Auschwitz in Polen. (…) Edith Frank starb am 6. Januar 1945 im Frauenlager Auschwitz-Birkenau an Hunger und Erschöpfung. Margot und Anne wurden Ende Oktober mit einem so genannten Evakuierungstransport in das KZ Bergen-Belsen in der Lüneburger Heide deportiert. Als Folge der katastrophalen hygienischen Zustände brach dort im Winter 1944/45 eine Typhusepidemie aus, der Tausende der Häftlinge zum Opfer fielen; darunter waren auch Margot und wenige Tage später Anne Frank. Ihr Todesdatum muss zwischen Ende Februar und Anfang März liegen. Die Leichen der beiden Mädchen liegen wahrscheinlich in den Massengräbern von Bergen-Belsen. Am 12. April 1945 wurde das Konzentrationslager von englischen Truppen befreit."

Annes Vater Otto Frank wurde Ende Januar 1945 in Auschwitz von der sowjetischen Armee befreit. Er war der Einzige seiner Familie, der den Holocaust überlebte. Er veröffentlichte das Tagebuch von Anne Frank, das unter dem Titel "Het Achterhuis" (Das Hinterhaus) am 25. Juni 1947 erstmals erschien. Die deutsche Übersetzung erschien 1950 unter dem bekannten Titel "Das Tagebuch der Anne Frank". 1966 gründete Otto Frank den Anne Frank-Fonds in Basel, nachdem bereits 1957 die Anne Frank Stiftung zur Erhaltung des Hauses in der Prinsengracht 263 gegründet worden war. Otto Frank starb 19. August 1980 in Birsfelden bei Basel.

Sonntag, 08.03.2020