500 Jahre „Hier stehe ich, ich kann nicht anders!“

von Joachim Gerhardt

Sonntag, 18.04.2021

Gemälde zeigt Luther 1521 vor dem Reichstag in Worms
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Heroische Szene: Martin Luther 1521 vor Kaiser und Reichstag (Foto: Wikimedia / Gemälde von Anton von Werner, 1877)

1517 veröffentlichte Martin Luther 95 Thesen, in denen er u.a. den Ablasshandel der römisch-katholischen Kirche kritisierte. Vier Jahre später belegte ihn Papst Leo X. mit dem Kirchenbann, und Luther musste sich vor Kaiser und Reichstag verantworten.

Auf den vom Papst am 3. Januar 1521 ausgesprochenen Kirchenbann (Exkommunikation) hätten die zuständigen weltlichen Mächte normalerweise mit der sogenannten Reichsacht reagieren müssen. Martin Luther hätte dann als „vogelfrei“ gegolten, jeder hätte ihn töten können, ohne eine Strafe befürchten zu müssen. Doch die Herrscher entschieden, den aufmüpfigen Mönch zu einem Verhör vor den Kaiser und den Reichstag zu laden.

Trotz eindringlicher Warnungen vor einer möglichen Falle machte sich Martin Luther daraufhin am 2. April 1521 in einem „Rollwäglein“ auf die mehr als 500 Kilometer lange Reise von Wittenberg nach Worms, wo er am 16. April von einer großen Menschenmenge empfangen wird. Am nächsten Tag wird Luther nachmittags gegen 16 Uhr abgeholt und in den Bischofshof zum Reichstag gebracht. Er soll seine Schriften widerrufen, gibt aber lediglich seine Autorenschaft zu und bittet um Bedenkzeit.

Am 18. April erscheint Luther erneut vor Kaiser und Reichstag. Es folgt ein filmreifer Auftritt, erzählt die Pfarrerin und Expertin für Kirchengeschichte, Dr. Wibke Janssen: „Da stehen all die Mächtigen des Reiches mit ihren prächtigen Gewändern und der Kaiser - und dann dieser Luther in seiner Mönchskutte und sagt so etwas wie: »Wenn ich nicht aus der Schrift widerlegt werde, dann werde ich nicht widerrufen, denn das wäre gegen mein Gewissen und das kann nicht gut sein, das zu tun.«“

Im Protokoll des damaligen Verhörs ist folgender Wortlaut von Luthers Verteidigungsrede festgehalten: „In meinen Büchern wird das Papsttum und seine Lehre angegriffen und auch diejenigen, die mit ihrer falschen Lehre, bösem Leben und schlechtem Vorbild die Christenheit an Leib und Seele verwüstet haben. So ich nun widerrufen würde, so würde ich nichts anderes tun, als dass ich die Tyrannei des Papstes stärkte und solcher großen Gottlosigkeit Tür und Tor auftäte. Ich kann und will nicht widerrufen, weil weder sicher noch geraten ist, etwas wider das Gewissen zu tun. Es sei denn, dass ich mit Zeugnissen der Heiligen Schrift oder mit öffentlichen, klaren und hellen Gründen und Ursachen widerlegt werde, denn ich glaube weder dem Papst noch den Konzilen allein, weil es offensichtlich ist, dass sie oft geirrt und sich selbst widersprochen haben. Gott helfe mir. Amen.“

Jahre später wird daraus der berühmte Satz „Hier stehe ich – ich kann nicht anders!“. Luther hält eisern an den Aussagen der Bibel als einziger maßgeblicher Glaubensquelle fest („sola scriptura“ – allein die Schrift) und verweigert den Wahrheitsansprüchen von Papst und Konzilen die Gefolgschaft. Seine Gewissensentscheidung führt am Ende zur Spaltung der Kirche in katholisch und evangelisch.

Mehr Infos zum Thema „500 Jahre Reichstagsjubiläum“ gibt es auf einer Sonderseite der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sowie in einer Broschüre, die auch als PDF-Datei zum Download bereitsteht.

Sonntag, 18.04.2021