18. März: Aktionstag für politische Gefangene

von Bettina Furchheim

Sonntag, 17.03.2024

blutige Hand befreit sich aus Ketten
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Politische Gefangene gibt es vor allem in Diktaturen oder autokratisch regierten Ländern. Eine starke, unabhängige Justiz sucht man hier vergebens. (Foto: Pixabay)

Sie bloggen für Menschenrechte, demonstrieren für die Gleichstellung von Frauen, fordern Meinungsfreiheit und Demokratie oder kritisieren die herrschenden Machthaber – und werden dafür verhaftet. Politische Gefangene gibt es weltweit.

Wie viele es sind, kann selbst die bekannte Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) nur schätzen, denn verlässliche Angaben dazu gibt es nicht. Einigermaßen sicher ist sich AI lediglich bei der Zahl der Staaten, in denen Oppositionelle gefährlich leben und in denen es gewaltlose politische Gefangene gibt: 48 sollen es sein, darunter der Iran, Kuba und China, aber auch Russland, Saudi-Arabien, Belarus, die Türkei und Nordkorea.

Schon diese kurze Aufzählung macht deutlich: Es sind vor allem autokratisch oder sogar diktatorisch regierte Staaten, die versuchen, eine politische Opposition in ihren Ländern schon im Keim zu ersticken. Nicht nur Politiker oder Anhänger bestimmter Parteien sind davon betroffen, sondern auch Menschen, die wegen ihres Berufes über ein gewisses Maß an Öffentlichkeitswirksamkeit verfügen. Dazu zählen etwa Journalisten, Wissenschaftler, Rechtsanwälte, Menschenrechtler, Intellektuelle und Künstler, aber auch Studierende und Soldaten. An ihre Schicksale erinnert am 18. März der „Aktionstag für die Freiheit der politischen Gefangenen“.

Völkerrechtlich gab es lange Zeit keine Definition, wer ein politischer Gefangener ist und wer nicht. Der Europarat sieht laut Wikipedia eine um ihre Freiheit gebrachte Person als politischen Gefangenen an, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:

  • die Festnahme verletzt fundamentale Garantien, die in der Europäischen Menschenrechtskonvention festgeschrieben sind, insbesondere Gedankenfreiheit, Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit, Informationsfreiheit, Versammlungsfreiheit und Koalitionsfreiheit
  • die Verhängung der Haftstrafe erfolgte aus rein politischen Gründen, ohne Verbindung zu einer strafbaren Handlung
  • die Länge oder die Umstände der Inhaftierung sind aus politischen Motiven offensichtlich unverhältnismäßig in Bezug auf das Vergehen, dessen die Person verdächtig ist oder schuldig befunden wurde
  • die Person wird aus politischen Motiven im Vergleich zu anderen Inhaftierten auf diskriminierende Weise behandelt
  • die Inhaftierung ist Resultat eines offensichtlich unfairen Verfahrens, bei dem politische Motive der Staatsgewalt angenommen werden können

Die politisch motivierten Festnahmen finden ihre Fortsetzung vor den Gerichten, die den Oppositionellen oft schwammige Anklagepunkte vorwerfen. Im Iran sind es beispielsweise „Handlungen gegen die nationale Sicherheit" oder "Krieg gegen Gott", in China wird wegen "Gefährdung der Staatssicherheit" Anklage erhoben, in der Türkei wird oft „Präsidentenbeleidigung“ als Beschuldigung vorgebracht.

Dazu schreibt die Deutsche Welle (DW): „Nach Angaben des türkischen Justizministeriums wurden allein im Jahr 2020 mehr als 31.000 Ermittlungsverfahren wegen Präsidentenbeleidigung eingeleitet. (…) Nach Angaben von Yaman Akdeniz, Professor für Rechtswissenschaften an der Bilgi Universität, kam es in knapp 13.000 Fällen zu einer Verurteilung. Über 3.600 mutmaßliche Beschuldigte seien zu Haftstrafen verurteilt, weitere 5.500 Menschen seien freigesprochen worden. Zu den restlichen Verfahren gibt es keine Angaben. Im Interview mit der DW sagt Akdeniz, mehr als 100 Beschuldigte seien jünger als 18 Jahre alt gewesen, als sie verurteilt wurden. 24 seien zur mutmaßlichen Tatzeit sogar zwischen 12 und 14 Jahren alt gewesen.“

Jüngstes und prominentestes Opfer politischer Verfolgung und Inhaftierung ist der Kreml-Kritiker Alexej Nawalny. Schon seine erste Verurteilung zu einer neunjährigen Haftstrafe erfolge laut Amnesty International „aufgrund politisch motivierter Anklagen“. In einem zweiten Prozess wurden Nawalny dann „unter anderem die Finanzierung von und die Anstiftung zu »Extremismus« sowie »Wiederbelebung der Nazi-Ideologie« vorgeworfen.“ Dafür wurde er am 4. August 2023 zu 19 Jahren Strafkolonie verurteilt. Der 47Jährige wurde daraufhin im Dezember 2023 in eine Strafkolonie in der russischen Polarregion überstellt, wo er am 16.2.2024 unter ungeklärten Umständen verstarb.

Sonntag, 17.03.2024