100 Jahre 8-Stunden-Tag: Zur Zukunft der Arbeit

von Joana Domek

Sonntag, 11.11.2018

- Szene aus dem Bergbaumuseum: Bergleute vor der Einfahrt in den Schacht
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Schicht im Schacht: Am 21. Dezember 2018 schließen die letzten Zechen - es ist das Ende des Steinkohle-Bergbaus in Deutschland.

Am 23. November 1918 wurde in Deutschland der 8-Stunden-Tag für Arbeiter und Angestellte eingeführt. Für die meisten Arbeitnehmer ist er bis heute das Maß aller Dinge. Gleichzeitig bekommt das starre Konzept aber immer mehr Risse.

Laut einer im Oktober 2018 vorgelegten Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) betrug die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit im vergangenen Jahr durchschnittlich 35,1 Stunden. Tatsächlich hätten die Arbeitnehmer aber im Schnitt 38,7 Stunden gearbeitet, schreibt der Evangelische Pressedienst (epd): "Vollzeitbeschäftigte arbeiteten der Studie zufolge 43,4 Stunden. Bei Teilzeitbeschäftigten waren es real 23,9 Stunden pro Woche." Wer Vollzeit arbeitet, leistet damit im Schnitt fast fünf Überstunden pro Woche. Bei Lkw- und Lieferwagenfahrern beläuft sich die Mehrarbeit sogar auf durchschnittlich 7,2 Stunden pro Woche.

Unter den Befragten der Studie sagten 25%, dass betriebliche Vorgaben der Grund für ihre Überstunden seien. Andere gaben an, dass die Arbeit in der vorgesehenen Zeit nicht zu schaffen sei. Wie die Studie weiter ermittelte, arbeitet ein Fünftel der Arbeitnehmer außerhalb der normalen Arbeitszeit wie zum Beispiel morgens vor sieben Uhr oder abends nach 19 Uhr. Und fast die Hälfte der 10.000 Befragten (43%) sagte, sie müssten mindestens einmal im Monat auch am Wochenende arbeiten.

Zu dieser schleichenden Ausweitung der Arbeitszeit kommt die zunehmende Flexibilisierung. Immer mehr Arbeitnehmer können laut Studie ihren Dienstbeginn, das Dienstende und die Pausenzeiten selbst beeinflussen. Das "Home-Office" ist dagegen in Deutschland noch nicht sehr verbreitet. Wie die FAZ schreibt, erledigen hierzulande rund elf Prozent aller Beschäftigten einen Teil ihrer Arbeit von zu Hause aus. In Frankreich und Österreich seien es dagegen mehr als 15 Prozent, in Dänemark sogar mehr als 25 Prozent.

Durch technische Entwicklungen wie Internet oder Videotelefonie wird die körperliche Anwesenheit am Arbeitsplatz zunehmend überflüssig. Doch das Home-Office hat auch seine Tücken, sagt Dr. Kordula Schlösser-Kost, wissenschaftliche Referentin im Landeskirchenamt der Ev. Kirche im Rheinland (EKiR): "Kinder, die um den Laptop herumspringen, können ja manchmal auch eine Belastung sein. Ganz wichtig ist, dass es einen Rahmen gibt, dass es Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber gibt, damit es nicht zu einer übermäßigen Belastung der Arbeitnehmer kommt und es zu Hause zum Beispiel kein eindeutiges Ende der Arbeitszeit gibt."

Ob und in welche Richtung die voranschreitende Digitalisierung die Arbeitswelt verändern wird, ist aus Sicht von Dr. Schlösser-Kost noch nicht klar: "Es ist noch lange nicht ausgemacht, ob unterm Strich das Wegbrechen von vielen Arbeitsplätzen dabei herauskommt, oder aber nicht. (…) Es muss natürlich gestaltet werden und es braucht starke Gewerkschaften dafür." Ein Artikel im "Handelsblatt" geht davon aus, das innovative Technik mehr Arbeitsplätze schaffen wird, als sie vernichtet und nennt in dem Zusammenhang die USA als Beispiel: "Im Februar 2017 hatten 145,8 Millionen Menschen in den USA einen Job – 205 Prozent mehr als 1970, als Computer noch in den Kinderschuhen steckten. Die Bevölkerung ist im selben Zeitraum nur um 58,8 Prozent gewachsen."

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt laut Handelsblatt auch eine Berechnung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) für Deutschland: "In einer bis 2035 voll digitalisierten Arbeitswelt könnten in Deutschland zwar fast 1,5 Millionen Jobs verloren gehen. Aber es würden auch ähnlich viele Arbeitsplätze neu entstehen."

Sonntag, 11.11.2018