„Tag der Vergebung“: Verzeihen ist gesund

von Corinna Schmid

Sonntag, 09.07.2023

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Fachleute sagen: Wer nicht vergeben kann, schadet sich sich selber, denn er schleppt den unbewältigten Konflikt unter Umständen jahrelang mit sich herum. Das kann zu psychischen Belastungen führen.(Foto: Pixabay)

Der deutsche Dichter Jean Paul hat mal gesagt: „Der Mensch ist nie so schön, als wenn er um Verzeihung bittet oder selbst verzeiht.“ Vergebung lässt uns aber nicht nur gut aussehen, sie ist auch gesund, sagt der Psychologe Adrian Lenkner.

„Menschen, die nicht vergeben, schleppen die Themen jahrelang mit sich rum, die kriegen oft sogar psychosomatische Beschwerden dadurch: Magenprobleme, schlimmstenfalls schwere Krankheiten. Das heißt, letztlich ist diese Einsicht ganz wichtig für die Betroffenen, dass sie selber am meisten leiden, wenn sie nicht vergeben.“ Adrian Lenkner, der als Psychologe und Supervisor in Stuttgart arbeitet, hat beobachtet, dass Menschen, die verzeihen können, sich damit selbst den größten Gefallen tun: „Es ist so, dass man sich oft sehr erleichtert fühlt, sehr entlastet fühlt, wenn man Dinge vergeben kann, weil man die dann auch emotional abschließen kann.“

Im Normalfall gehören zum Akt der Vergebung immer zwei: Einer, der vergibt und einer, der seinen Fehler zugibt. Damit fängt es an: Mit der Bitte um Verzeihung für einen Fehler, der begangen wurde und der einen anderen Menschen beeinträchtigt, verletzt, bloßgestellt oder anderweitig persönlich getroffen hat. Dieser andere hat dann die Möglichkeit, dem Gegenüber seine Schuld zu vergeben, ihn buchstäblich zu „entschuldigen“. So kann die zwischenmenschliche Störung bearbeitet, bewältigt und damit aus der Welt geschafft werden. Ein Segen und Gewinn für beide Parteien.

Was für zwischenmenschliche Beziehungen gilt, trifft auch auf die Beziehung zwischen Mensch und Gott zu. Wenn ein Mensch zum Beispiel göttliche Gebote oder Verbote missachtet, begeht er nach christlichem Verständnis eine Sünde. Die Herkunft des Wortes ist nicht wirklich geklärt, doch eine Theorie besagt, dass sich „Sünde“ möglicherweise aus dem lateinischen Wort „sons“ bzw. dessen Genitiv „sontis“ für „schuldig“ ableiten lässt. Eine andere besagt, der Begriff Sünde sei eng verwandt mit „sondern“ im Sinne von (sich) absondern oder trennen

Im theologischen Sinn steht die Sünde für alles, was ein Mensch denkt, tut oder unterlässt und wodurch er sich von Gott abwendet, sich von ihm und seinem Willen entfernt. Diese Trennung kann aber überwunden und geheilt werden, indem der Mensch seine Schuld erkennt und sie ehrlich bereut. Beides kann er im Gebet vor Gott bringen und ihn um Vergebung bitten.

Die Vergebung gehört zum Kern des christlichen Glaubens. In fast 100 Bibelstellen geht es ums Vergeben. Ganz zentral: die Geschichte von Jesus, der sein ganzes Leben Vergebung predigt und als er am Kreuz stirbt sogar für seine Henker um Vergebung bittet: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lukas-Evangelium, Kap. 23, Vers 34). In seiner Nachfolge sind alle Christinnen und Christen aufgefordert, auch selbst Anderen zu vergeben, nicht nachtragend zu sein. Deshalb heißt es im Vaterunser: „… und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“

Sonntag, 09.07.2023