Pfingsten: Ein Brunnen für die Domtauben

von Johanna Risse

Sonntag, 05.06.2022

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Collage: KiP

Mark Benecke ist Deutschlands berühmtester Kriminalbiologe. Und Tauben-Fan. Unmittelbar vor dem Kölner Dom - ein Taubenbrunnen. Sein Schöpfer: Niemand geringerer als der Bildhauer Ewald Mataré. Er konzipierte den Brunnen bereits 1950 für die „Domtauben”.

INFO: Tauben (Columbidae) aus der Ordnung der Taubenvögel (Columbiformes) zählen über 40 Gattungen und mehr als 300 Arten. Sie sind mit Ausnahme der Arktis und Antarktis weltweit verbreitet und nutzen eine Vielzahl verschiedener Lebensräume. In den frühesten Kulturen spielen sie eine Rolle, wie die wohl berühmteste Erzählung von der biblischen Sintflut zeigt. Von der Arche aus ließ danach Noah eine Taube aufsteigen, die mit einem frischen Olivenzweig im Schnabel zurückkehrte. (Gen 8,11 EU) Ihre Rückkehr wurde als Zeichen des Friedens und der Versöhnung Gottes mit seiner Schöpfung verstanden.

Taube und Olivenzweig wurden damit zu Friedenssymbolen – auch weil man u.a. annahm, dass die Taube keine Gallenblase hat und damit frei von allem Bösen sei. Sie ist als Opfertier in der Bibel beschrieben, galt als heiliges Tier der römischen Göttin Venus, gilt auch als Symbol der Unschuld, Liebe, Treue, der Rettung, der Seele und des Heiligen Geistes, wie er beim Pfingstfest beschrieben wird, als er sich in Form einer Taube auf die Apostel und Maria herabsenkt. Auch ist sie vielfach in Kunsthandwerk und Kunst überliefert, sie wird auf Wappen dargestellt und vor allem wird der weißen Taube eine besondere Bedeutung beigemessen. Die wohl bekannteste Darstellung der Neuzeit entwarf Pablo Picasso für den Weltfriedenskongress 1949 in Paris. Die Lithographie der Silhouette einer Taube brachte ihm 1955 den Weltfriedenspreis und die Taube wurde weltweites Symbol für den Frieden und die Friedensbewegung. Auch der Zweig des Olivenbaums (Olea europaea), seit dem 4. Jahrtausend v. Chr. als Nutzpflanze kultiviert, galt als Zeichen des Friedens: Er steht für Nahrung und Wohlstand, war als Kranz der Preis bei den Olympischen Spielen, Symbol der Caesaren und hat eine besondere Symbolik im Judentum, Christentum und im Islam.

Das Pfingstfest: Pfingsten (von Griechisch: „pentecoste”, der Fünfzigste) bezeichnet den 50. Tag nach Ostern. An ihm empfingen die Jünger im Abendmahlssaal von Jerusalem den Heiligen Geist - so berichtet es die Apostelgeschichte. Die mutlos und ängstlich zurückgezogenen Jünger Jesu gingen nach dem Kommen des Heiligen Geistes in „Sturm und Feuer” mit neuer Begeisterung auf die Menschen zu, um ihnen die „Frohe Botschaft” zu verkündigen. Pfingsten, das Fest der Geistsendung, gilt als „Geburtstag” der Kirche. In der Kunst erscheint der Geist im Zeichen der Taube, in Sturm und Feuer. Mit dem Pfingstfest endet die Osterzeit, das Fest ist in Deutschland wie Weihnachten und Ostern besonders hervorgehoben durch einen zweiten Feiertag, den arbeitsfreien Pfingstmontag.

Die Bibel versteht den Heiligen Geist als schöpferische Macht allen Lebens. Er ist nach kirchlicher Lehre in die Welt gesandt, um Person, Wort und Werk Jesu Christi lebendig zu erhalten. Der Heilige Geist, die „Dritte Person” Gottes (die hebräische Bezeichnung für Gottes Geist ist weiblich) umschreibt gleichsam die „Innenseite” Gottes (Atem, Hauch) und gleichzeitig auch seine „kommunikative Seite”: Er bringt den Menschen zum Leben – wie bei der Erschaffung des Menschen. Heiliger Geist ist die Weise, in der Gott „im Menschen” wohnen kann, ihn beseelt, entflammt, vitalisiert, dynamisiert, begeistert. Dieser Glaube kommt im „Großen Glaubensbekenntnis” zum Ausdruck: „Wir glauben an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht, der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht, der mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird.”

Die Apostelgeschichte berichtet, wie die Jünger Jesu durch das Pfingstwunder „mit Heiligem Geist erfüllt wurden und begannen, mit anderen Zungen zu reden”. Das so genannte Sprachenwunder will darauf hinweisen, dass die Verkündigung der Botschaft von Jesus Christus sprachübergreifende Bedeutung für die ganze Welt hat. Lukas beschreibt das Pfingst-Ereignis in der Apostelgeschichte im zweiten Kapitel: „Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daher fährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie (die Jünger) waren. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab.” In Jerusalem lockt dieses seltsame Ereignis eine neugierige Menschenmenge an, Juden aus allen möglichen Landesteilen, viele aus der Diaspora, darunter Ägypter, Römer, Kreter oder Araber, geraten „außer sich vor Staunen”, denn jeder hört die Jünger plötzlich in seiner Muttersprache reden, versteht auf wundersame Weise, was gesprochen wird. Pfingsten wird damit als Wunder Grenzen überschreitenden Verstehens beschrieben.

Unser Gesprächspartner: Dr. Mark Oliver Benecke, Jg. 1970, studierte nach dem Abitur am Humboldt-Gymnasium Köln Germanistik, Psychologie und Theaterwissenschaft in Köln, dann Biologie mit dem Nebenfach Psychologie, wurde mit einer Arbeit über genetische Fingerabdrücke promoviert und machte polizeitechnische und rechtsmedizinische Ausbildungen in den USA. Er ist tätig als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für kriminaltechnische Sicherung, Untersuchung u. Auswertung von biologischen Spuren (IHK) bei vermuteten Gewaltverbrechen mit Todesfolgen, Ausbilder an deutschen Polizeischulen, aber auch Gastdozent im Ausland. Spektakuläre Fälle machten den Autor populärwissenschaftlicher Bücher auch einem Fernsehpublikum bekannt. Mehrere seiner Bücher erreichten hohe Platzierungen und wurden in viele Sprachen übersetzt. Benecke beschäftigt sich wissenschaftlich-kritisch auch mit Phänomenen der Parawissenschaften. Kontakt: Dr. rer. medic. Mark Benecke, Landsberg-Str. 16, 50678 Köln, Deutschland, E-Mail: forensic@benecke.com, Internet: https://home.benecke.com/

Taubenbrunnen vor dem Kölner Dom: Seit 1953 ziert der Taubenbrunnen vor der Westseite des Kölner Doms die Domplatte. Kardinal-Höffner-Platz. Der ursprünglich für den Bahnhofsvorplatz vorgesehene Brunnen wurde von Ewald Mataré als Trinkgelegenheit für die „Domtauben“entworfen und durch eine Stiftung der Bank für Gemeinwirtschaft in Köln finanziert. Bei der Grundsteinlegung Ende Juli 1953 wurde der eine „unbekannte Taube“ aus Marzipan im Boden versenkt.

Jubiläum Kölner Dom: Der Kölner Dom feiert 2022 ein Jubiläum - eine „Herzkammer“ der Stadt und des ganzen Erzbistums. Zum 700. Jahrestag der Chorweihe der Kathedrale wird es ab dem 15. August in Festprogramm geben. Neben einem Gottesdienst sind Ausstellungen, eine Konzertreihe und Vorträge geplant, digitale Medienangebote und optische Akzente werden den östlichen Bauteil des Doms in Szene setzen. Die diesjährige Dreikönigswallfahrt vom 18. bis 27. September wird auf zehn Tage verlängert und beschließt das Jubiläum. Der Grundstein für die gotische Kathedrale wurde am 15. August 1248 durch Erzbischof Konrad von Hochstaden gelegt. 74 Jahre später, am 27. September 1322, weihte Erzbischof Heinrich II. von Virneburg den Altar und den östlichen Bauteil des Doms - den sogenannten Chorraum, in dem sich auch der Dreikönigenschrein befindet. Mit der Weihe wurde der erste große Bauabschnitt des Doms abgeschlossen. Bis heute sind aus dieser Zeit etwa der Hochaltar, die Chorpfeilerfiguren, die Königsfenster und das mittelalterliche Chorgestühl erhalten. Einen Einblick in das Mittelalter sollen Besucherinnen und Besucher per Smartphones bekommen. Am 15. und 16. September wird zudem das „Dreikönigsoratorium“ von Komponist Helge Burggrabe uraufgeführt. Die jährliche Dreikönigenwallfahrt wird 2022 auf insgesamt zehn Tage verlängert und findet vom 18. September bis zum 27. September statt. Mehr: https://www.koelner-dom.de/erleben/domjubilaeum2022

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