Militärseelsorgerin zum Krieg in der Ukraine

von Manfred Rütten

Sonntag, 20.03.2022

ein Bundeswehrsoldat schaut auf sein Handy
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Die in Litauen, Rumänien und der Slowakei stationierten rund 1.000 Bundeswehrsoldaten verfolgen den Krieg in der Ukraine aus nächster Nähe. Eingreifen können bzw. dürfen sie jedoch nicht. (Foto: Pixabay)

„Soldaten sind Helfer auf zwei Beinen – die wollen IMMER helfen“, sagt die Militärseelsorgerin Alexandra Dierks. In der Corona-Pandemie oder bei der Flutkatastrophe im Ahrtal KONNTE die Bundeswehr helfen. Aber wie sieht es aus beim Krieg in der Ukraine?

Rund 1.000 Bundeswehr-Soldaten sind derzeit zur Verstärkung der NATO-Ostflanke in Rumänien, Litauen und der Slowakei stationiert. Sie alle sind nah dran am Krieg in der Ukraine - und können doch nicht wirklich was tun. Mehrfach hat die NATO betont, sie werde nicht mit Truppen aktiv in den Ukraine-Krieg eingreifen. Auch die Umsetzung einer von der ukrainischen Seite geforderten Flugverbotszone lehnt die NATO aus Sorge um eine Eskalation des Krieges ab.

Die evangelische Militärseelsorgerin Alexandra Dierks kann sich vor diesem Hintergrund gut in die aktuelle Gefühlslage der Truppe hineinversetzen: „Für Soldaten ist es immer ganz schrecklich, wenn sie Leid sehen und selber nicht eingreifen können und nicht helfen können (…) das haben wir in Afghanistan gesehen in den Einsätzen, wo die ja oft ziemlich schlimme Dinge gesehen haben, wie es der Bevölkerung geht, wie es Kindern geht, und denen dann nicht helfen zu können, das bricht ihnen das Herz.“

Derweil ist die Hilfsbereitschaft in den Nachbarländern der Ukraine gigantisch. Allein Polen hat bis Mitte März schon 1,8 Millionen ukrainische Kriegsflüchtlinge aufgenommen. Auch in Deutschland sind freiwillige Helfer zur Stelle, es werden Geld- und Sachspenden gesammelt, die Kirchen laden zu Andachten und Friedensgebeten ein. Auch die Bundeswehr-Soldaten suchen das gemeinsame Gebet, sagt Militärseelsorgerin Alexandra Dierks: „Wir beten um den Frieden, wir beten für die Ukrainer, ich hab´ direkt an der Dienststelle meine Kapelle und (…) jeder Soldat kann hier jederzeit reinkommen und das machen auch welche.“

Die evangelischen Militärseelsorger und Standortpfarrer sind Ansprechpartner für Soldaten aller Dienstgrade der Bundeswehr. Sie laden ein zu Gottesdiensten, erteilen im Rahmen der Soldatenausbildung den sog. "Lebenskundlichen Unterricht", veranstalten Rüstzeiten (ähnlich der ev. Erwachsenenbildung) und stehen ansonsten als Seelsorger für alle Fragen des Lebens zur Verfügung – von ethischen Themen wie "Krieg und Frieden", "Verteidigung", "Nächstenliebe" oder auch "Töten" bis hin zu privaten Glaubensfragen oder persönlichen Problemen in Familie, Ehe oder Partnerschaft.

Evangelische und katholische Militärseelsorger gibt es in der Bundeswehr bereits seit 1957. Derzeit sind rund 100 evangelische und noch einmal knapp 90 katholische Geistliche bei der Truppe im Einsatz. Von Seiten der Bundeswehr heißt es über die Zusammenarbeit mit den Kirchen: „Gemäß Soldatengesetz hat der Soldat einen Anspruch auf Seelsorge und ungestörte Religionsausübung. Die Evangelische und die Katholische Kirche leisten durch die vertraglich vereinbarte Militärseelsorge einen unverzichtbaren Beitrag zur seelsorglichen Betreuung von Soldatinnen und Soldaten und deren Angehörigen. (…) Die Militärseelsorge bietet ihre Dienste an, im täglichen Dienst, aber auch in Übung und Einsatz, egal ob an Land oder auf See, in Deutschland oder an ausländischen Standorten. Sie ist dabei Ort der Begegnung, des Gesprächs, der Hilfe und inneren Einkehr. Die Evangelische und die Katholische Militärseelsorge stellen hierzu ein umfangreiches Angebot bereit. Die Militärseelsorge arbeitet dabei interdisziplinär mit den Familienbetreuungszentren, dem Sozialdienst, dem Sanitätsdienst und dem psychologischen Dienst der Bundeswehr zusammen.“

Zur evangelischen Militärseelsorge

Zur katholischen Militärseelsorge

Das Evangelische Kirchenamt für die Bundeswehr ist die zentrale Verwaltungsbehörde der evangelischen Militärseelsorge. In ihm fließen die kirchliche Leitung durch den Evangelischen Militärbischof und die staatliche Verwaltung und Organisation zusammen. Beides wird hier so umgesetzt, dass die Standortpfarrer die ihnen übertragenen Aufgaben erfüllen können. Dabei bedient sich das Kirchenamt der Evangelischen Leitenden Militärdekane als Dienstaufsicht führende Mittelinstanz. Da der Bund die Kosten der Militärseelsorge trägt, gleichzeitig die Soldaten Kirchensteuern bezahlen, stellt die Evangelische Kirche der Militärseelsorge jedes Jahr finanzielle Mittel zur Erfüllung von Aufgaben zur Verfügung, deren Kosten der Staat nicht tragen kann oder will. Diese Mittel werden im Sonderhaushalt Evangelische Militärseelsorge verwaltet.

Sonntag, 20.03.2022