Kirche hilft: Schleiden nach der Flutkatastrophe

von Elke Saur

Sonntag, 03.10.2021

Aufräumarbeiten nach der Flutkatastrophe vom Juli 2021
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Die Flutkatastrophe vom Juli 2021 hat viele Städte und Dörfer in NRW und RLP schwer getroffen. Nach den Aufräumarbeiten müssen nun die Schäden an Häusern, Straßen und Infrastruktur behoben werden - eine Mammutaufgabe. (Foto: Pixabay)

In der Flutnacht Mitte Juli öffnete der Himmel auch über der Eifel seine Schleusen. Es regnete sintflutartig. Kleine Bäche wurden zu tödlichen Fluten, die alles mit sich rissen. Zurück blieben zerstörte Orte wie die Stadt Schleiden am Flüsschen Olef.

In der Metzgerei von Udo Heck stand das Wasser über drei Meter hoch, bis zur Decke. Nicht anders sah es in seiner benachbarten Bäckerei aus. Das Inventar wurde völlig zerstört, die schwere Bedientheke der Metzgerei stand hochkant vor der Eingangstür, während der Hintereingang von gleich mehreren Autos versperrt wurde, die die Fluten hier angespült und übereinandergestapelt hatten. Den Schaden in seiner Metzgerei beziffert Udo Heck auf einen sechsstelligen Betrag. Und sein Privathaus muss Heck wohl abreißen: Das gesamte Erdgeschoss stand komplett unter Wasser, Wände und Holzkonstruktion des Baus wurden unrettbar geschädigt.

Das Beispiel ist nur eines von Hunderten in dem Eifelstädtchen Schleiden. Viele Privathaushalte, aber auch Schulen, Kindergärten und Sportstätten wurden durch die Flutkatastrophe vom 14. / 15. Juli 2021 schwer getroffen. Schwere Schäden meldete auch die evangelische Trinitatis-Kirchengemeinde Schleidener-Tal: In der historischen Kirche in Schleiden stand das Wasser 2,5 Meter hoch, auch das Gemeindebüro wurde überflutet.

Erik Schumacher ist Pfarrer der Trinitatis-Gemeinde. Als die zwei bis drei Meter hohe Flutwelle durch das Schleidener Tal rauschte, war er gerade im Urlaub, berichtet er auf der Internetseite der Ev. Kirchengemeinde Roggendorf: "»Meine Kinder haben schnell noch versucht, in der Schleidener Kirche alle elektrischen Geräte eine Etage höher zu tragen. Das Wasser kam aber so schnell, dass sie es kaum noch aus der Kirche rausgeschafft haben«, erzählt er. Dann ist auch noch der Strom ausgefallen und das Mobilfunknetz zusammengebrochen. »Das war schrecklich, als wir erst am folgenden Morgen die Nachricht erhielten, dass es den Kindern gut geht.« Der Pfarrer brach seinen Urlaub ab und ist seitdem in den Orten der Trinitatis-Kirchengemeinde Schleidener Tal unterwegs um zu helfen, wo es geht.“

Schumacher ist dankbar für die große Spendenbereitschaft. So konnten er und sein Team schon wenige Tage nach der Flut in den betroffenen Straßenzügen von Haustür zu Haustür gehen und erste Soforthilfen in Form von Bargeld auszahlen. Inzwischen können Geschädigte auch die sogenannten Haushaltsbeihilfen beantragen – pro Haushalt sind bis zu 5.000 Euro möglich. Und seit dem 17. September stehen nun auch die staatlichen Wiederaufbauhilfen des Bundes und des Landes NRW zur Verfügung.

Doch die Antragstellung sei zu kompliziert und auch nur online möglich, sagen Kritiker. Pfarrer Schumacher sieht das ähnlich: „Da sind wir gerade dabei, mitten in der Flutregion Beratungsbüros zu installieren für Menschen, die Rat suchen beim Ausfüllen der Formulare, bei konkreten Fragen nach Rat und Tat, dass wir da wirklich was anbieten können - handfeste soziale Arbeit zusätzlich zu der Seelsorge, die auch wichtig ist.“

Denn nach den kräftezehrenden Aufräumarbeiten der vergangenen Wochen treten nun auch verstärkt seelische Schäden zutage, sagt Pfarrer Erik Schumacher: „Die Menschen waren zu Anfang froh, dass so viele aus ganz Deutschland kamen zum Helfen, man konnte anpacken, man war aktiv, man hat sein Schicksal in die eigene Hand genommen. Und jetzt allmählich kommt die Zeit, es ist erst mal alles getan, man wartet auf Handwerker und stellt sich die Frage: Wie konnte das passieren, warum ist das mir passiert, wie geht es weiter? Und viele erreicht jetzt diese Lähmung, dieses Gefühl, das ist uns alles zuviel, das schaffen wir gar nicht.“

Große Sorgen bereitet den Menschen die bevorstehende kalte Jahreszeit. Bis Mitte September waren immer noch etwa 150 Häuser ohne funktionierende Heizung. Auch hier arbeiten Erik Schumacher und sein Team an einer Lösung: „Ganz handfest wird jetzt im Herbst sein, dass wir Heizgeräte verteilen können, weil viele Heizungen einfach bis in den Herbst und Winter hinein nicht wieder repariert werden können, und die Menschen wirklich straßenweise ohne Heizmöglichkeit dastehen werden, und die Winter in der Eifel sind nicht ganz so mild.“

Die Evangelische Kirche im Rheinland, deren Gebiet Teile Nordrhein-Westfalens, Rheinland-Pfalz, Hessen und das Saarland umfasst, wird in Kürze multiprofessionelle Teams zusammenstellen und in die betroffenen Gebiete schicken. Jedes Team besteht aus Seelsorgern, Bausachverständigen und weiteren Fachleuten. Sie sollen den Opfern gezielt Hilfe anbieten.

Sonntag, 03.10.2021