Jugendliche nehmen Kirchen ins Kreuzverhör

von Elke Saur

Sonntag, 07.04.2019

ein Fragezeichen im Fadenkreuz
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Berufswahl, Abtreibung, Zölibat - bei der Fragerunde in der Aachener Jugendkirche gab es keine Tabus.

Einmal dem Herrn Pfarrer so richtig auf den Zahn fühlen – diese Gelegenheit gab es jetzt bei einer Podiumsdiskussion in der Aachener Jugendkirche. Zwei Pfarrer – ein evangelischer und ein katholischer – stellten sich den Fragen von rund 50 Jugendlichen.

Unter dem Motto "Kirche im Kreuzverhör" teilte sich die Veranstaltung in zwei Abschnitte. In der ersten Hälfte stellten die beiden jungen Moderatoren Pia und Jonte Fragen, die zuvor per Mail eingesammelt worden waren. Im zweiten Teil ging es dann in eine Publikumsrunde, bei der jede/r spontan weitere Fragen stellen konnte. Eine junge Frau wollte zum Beispiel wissen: "Es gab vor Kurzem die Diskussion, inwieweit Frauenärzte Werbung machen dürfen für Schwangerschaftsabbruch (…) und da hat die Deutsche Bischofskonferenz gesagt, nee, das geht uns zu weit, das ist scheiße. Wieso darf ein Haufen Männer, der nie im Leben mit dem Thema konfrontiert sein wird, ob er abtreibt oder nicht, darüber sowas sagen?"

Die Antwort übernahm Matthias Fritz, Aachner Domvikar und katholischer Hochschulpfarrer: "Weil wir das System stützen und den Männern das Recht geben, das zu tun." Eine überraschende Replik, mit der Fritz andeutete, dass er sich an der Kirchenbasis ein bisschen mehr Mut wünschen würde. Und dass er sich als Seelsorger den schwangeren Frauen im Zweifel mehr verpflichtet fühle, als den Stellungsnahmen seiner Bischofskonferenz: "Das ist mein Vorteil, dass ich nicht da oben in der Hierarchie drin sitze und irgendein Pamphlet raushauen muss, oder ne Position und ne Mehrheit finden muss, sondern ich bin mit dem konkreten Fall befasst."

Neben Domvikar Matthias Fritz saß auch der evangelische Jugendpfarrer Jan Scheunemann auf der Bühne. Als es zum Beispiel um den Zölibat ging, sprang Scheunemann seinem katholische Kollegen zur Seite: "Kirche und Entscheidungen - das muss man sich vorstellen wie so´n unglaublich schwerfälligen Tanker. Institutionen einer gewissen Größe sind solche Tanker." Und Matthias Fritz ergänzte zur verordneten Ehelosigkeit katholischer Priester: "Man hat einen unangreifbaren Status. Ich kann eben 24/7 arbeiten, ohne dass Zuhause jemand sitzt und sagt "Dein Kind schreit" oder "Wann kommst Du" oder "Ich will ins Kino" - Es hat ganz viele Freiheiten nochmal, und dieser Laden wird das auch nicht aufgeben so schnell. Das ist in die Gene von katholischer Kirche eingeschrieben. Und wenn das eingeführt würde - das wäre ne Revolution."

Die "Kirche im Kreuzverhör" in der Aachener Jugendkirche dauerte genau zwei Stunden. Das Fazit der Jugendlichen anschließend war gemischt. David fand die Veranstaltung und das Konzept dahinter interessant, Ole hob hervor, dass auch unbequeme Themen angesprochen wurden, er selbst hätte sich aber deutlichere Antworten gewünscht. Moderator Jonte war nach eigenen Worten "beeindruckt" von dem, was der katholische Geistliche zum Thema Zölibat gesagt habe. Das sei bei ihm noch lange hängen geblieben.

Sonntag, 07.04.2019