Flüchtlinge retten mit dem Kutter "Sea-Eye"

von Manfred Rütten

Sonntag, 18.09.2016

Der Regensburger Unternehmer Michael Buschheuer
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Der Regensburger Unternehmer Michael Buschheuer wollte dem Sterben im Mittelmeer nicht mehr tatenlos zusehen. Binnen sechs Monaten rette sein Kutter fast 4.000 Flüchtlinge aus Seenot.

Fast 4.000 Menschen sind im vergangenen Jahr auf der Flucht nach Europa im Mittelmeer ertrunken. Das hat den Unternehmer Michael Buschheuer nicht ruhen lassen. Er ließ einen alten Fischkutter umbauen und startete im April 2016 eine eigene Rettungsaktion.

Bis dahin war es ein harter Weg, von dem nicht sicher war, ob er wirklich zum Erfolg führen würde. "Wir hatten keinen Euro, wir hatten keine Organisation, wir hatten keine Crew, wir hatten keinen Verein, nix. Und haben´s getan!", erzählt Michael Buschheuer im Rückblick. Sein Mut wurde belohnt, und aus der verrückten Idee des Regensburger Hobbyseglers wurde Wirklichkeit. Nach Instandsetzungs- und Umbauarbeiten in Rostock wurde sein Schiff – ein 26 Meter langer hochseetüchtiger Fischkutter aus DDR-Zeiten - im Februar 2016 auf den Namen "Sea-Eye" getauft. Seit April ist es im Einsatz vor der libyschen Küste.

Rund 200 Mitstreiter, die alle ohne Honorar arbeiten, hat Buschheuer bis jetzt gewinnen können. Zur Crew gehören Männer und Frauen, darunter sind Studenten, Handwerker, sogar ein Professor. Acht von ihnen bleiben mit der "Sea-Eye" für 14 Tage auf See, dann werden sie durch frische Kräfte abgelöst. Die Besatzung hält permanent Ausschau nach Flüchtlingsbooten. Sie selbst nimmt jedoch nur im äußersten Notfall Flüchtlinge an Bord. Per Funk werden stattdessen professionelle Rettungskräfte zu Hilfe gerufen. Bis zu deren Eintreffen versorgt die "Sea-Eye" die Menschen mit Essen, Getränken und Schwimmwesten.

Allein im August 2016 hat Buschheuers Schiff auf diese Weise innerhalb von nur wenigen Tagen 750 Flüchtlinge gerettet. Seit Beginn der Mission vor einem halben Jahr summiert sich ihre Zahl inzwischen auf fast 4.000. Für die Erstversorgung der Flüchtlinge auf See lagern im Laderaum der "Sea-Eye" rund 700 Schwimmwesten sowie Rettungsinseln für 400 Menschen. Hinzu kommen Wasser und Nahrung.

Ein Einsatztag auf See kostet bis zu 1.500 Euro. Zur Finanzierung ist der Verein "Sea-Eye e.V." auf Sach- und Geldspenden angewiesen. Für das laufende Jahr rechnet er mit Kosten von etwa 250.000 Euro für Schiffsdiesel, Flüge, Unterkunft, Rettungsmaterial, Verpflegung, medizinische Geräte und Elektronik. Alle Infos zum Verein, seiner Arbeit und den Spendenmöglichkeiten finden Sie unter http://sea-eye.org

Laut einer aktuellen Studie des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sind knapp 12% aller Deutschen aktiv in der Flüchtlingshilfe engagiert. Weiter heißt es dazu in einer Pressemitteilung der EKD vom 2.9.2016: "Drei von vier Deutschen können sich einen persönlichen Beitrag zur Flüchtlingshilfe vorstellen."

Prof. Gerhard Wegner, Leiter des Sozialwissenschaftlichen Instituts kommentierte die Ergebnisse so: "Die Stabilität des öffentlichen Meinungsbildes im gesamten Untersuchungszeitraum sticht als Ergebnis unserer repräsentativen Studie hervor. Die große Mehrheit der Deutschen bringt eine klare ethische Grundorientierung in den Diskurs um Flüchtlinge und Integration ein. Die Angst vor Anschlägen hat dieses Meinungsbild nicht verändert. Die mediale und politische Debattenlage der letzten Monate steht damit in einem Spannungsfeld zum Meinungsbild der Deutschen. Unsere regionale Analyse zeigt, dass der Osten Deutschlands in der Flüchtlingsdebatte deutlich kritischer bleibt als die westlichen Bundesländer."
Sonntag, 18.09.2016