Erste KiTa-Bilanz nach dem Start der Impfpflicht

von Carsten Griese

Sonntag, 22.03.2020

Arzt setzt Spritze in den Oberarm
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Ein kleiner Pieks, der Leben retten kann, denn das Masern-Virus ist keineswegs so harmlos, wie Viele vermuten.

Seit dem 1. März 2020 ist das von Bundestag und Bundesrat verabschiedete Masernschutzgesetz in Kraft. Es gilt bundesweit, ist verpflichtend für Kindertagesstätten und Schulen und soll Kinder und Erzieher vor der Infektionskrankheit schützen.

Besorgte Eltern hatten im Vorfeld der Entscheidung Kritik an der Gesetzesinitiative geäußert. Sie sahen in der Impfpflicht einen Eingriff in ihr elterliches Sorgerecht und in das Recht ihrer Kinder auf körperliche Unversehrtheit. Für zusätzliche Verunsicherung sorgten Kampagnen von Impfgegnern, die hinter dem Vorhaben Geschäftsinteressen von Pharmaunternehmen vermuteten und argumentierten, die Kinder würden auf natürlichem Weg einen Immunschutz aufbauen, wenn sie die Kinderkrankheit durchlebten.

Dabei ist mit dem hochansteckenden Masern-Virus nicht zu spaßen. Im Schnitt infiziert jeder Betroffene 15 weitere Menschen. Die Ansteckung erfolgt durch Tröpfcheninfektion (Speichel oder Schleim) direkt über die Luft. Typische Symptome der Krankheit sind Fieber, Husten und rote Flecken, die sich über den gesamten Körper ausbreiten und zu jucken beginnen. Als Komplikationen können Mittelohr- oder Lungenentzündungen sowie schwerer Durchfall vorkommen. Im letzteren Fall droht eine durch den Flüssigkeitsverlust eine Dehydrierung, die den gesamten Organismus schwächt.

Im schlimmsten Fall kann das Masern-Virus aber auch eine Hirnhautentzündung auslösen, wodurch es zu gravierenden Hirnschäden und geistigen Behinderungen kommen kann. Nach Angaben des renommierten Robert Koch-Instituts erkrankt einer von Tausend Infizierten an dieser sogenannten Masern-Enzephalitis. Jede fünfte Erkrankung davon verläuft tödlich. Besonders tückisch ist, dass solche Komplikationen nicht zwingend während der akuten Masernerkrankung auftauchen müssen – sie können auch noch Jahre später auftreten.

Nach der Verabschiedung des Masernschutzgesetzes im November 2019 (Bundestag) bzw. Dezember 2019 (Bundesrat) trat es zum 1. März 2020 offiziell in Kraft. Dies geschah weit weniger geräuschvoll, als es die Proteste im Vorfeld vermuten ließen. Die Aufregung habe sich längst gelegt, sagt auch Birgit Crone, die als theologische Geschäftsführerin für über 20 evangelische Kindertageseinrichtungen im Kirchenkreis Hattingen-Witten zuständig ist: "Bei mir gab es keine Rückfragen von Eltern, auch aus den Kindergärten habe ich nichts gehört. 80 % der Eltern sind demgegenüber sehr aufgeschlossen und haben ihre Kinder bereits impfen lassen. Ich habe den Eindruck, dass die Eltern das akzeptiert haben, weil das als Bundesgesetz beschlossen worden ist."

Für die KiTas bedeutet das neue Gesetz zunächst einmal einen deutlichen Mehraufwand in der Verwaltung: "Das heißt, dass die Leiterinnen der Kitas ab 1.3.2020 überprüfen müssen, wenn neue Mitarbeitende eingestellt werden und wenn neue Kinder kommen, ob sie den entsprechenden Masernimpfschutz haben. Für Kinder ab einem Jahr bedeutet das eine Impfung, für Kinder ab zwei Jahren zwei Impfungen und alle Mitarbeitenden die nach 1970 geboren sind müssen auch den Masernimpfschutz nachweisen."

Bei der Umsetzung haben weder die Eltern noch die Kindertageseinrichtungen einen Spielraum. Beide müssen dem Gesetz Folge leisten, so Birgit Crone: "Wenn Eltern ihre Kinder nicht impfen lassen wollen oder die Kinder nicht geimpft sind und sie auch kein Attest des Arztes haben, dass eine Impfung nicht möglich ist aus gesundheitlichen Gründen, dann muss die Leiterin der Kindertageseinrichtung das auch dem Gesundheitsamt entsprechend melden. Jedenfalls bei denen, die schon im Kindergarten sind, und die anderen dürfen gar nicht erst aufgenommen werden. Für die Leitungen, die dafür verantwortlich sind, bedeutet das unter Umständen eine Geldbuße bis zu 2.500 Euro, wenn sie dem nicht nachkommen."

Sonntag, 22.03.2020