Auferstehung: Nichts Genaues weiß man nicht

von Markus Möhl

Sonntag, 04.04.2021

Felsengrab mit zur Seite gerolltem Schlussstein
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Die Frauen, die am Ostermorgen das Grab Jesu besuchten, fanden den Stein zur Seite gerollt, und das Grab selbst war leer - so berichtet es die Bibel. (Foto: Pixabay)

Am dritten Tag nach der Kreuzigung gingen Frauen früh am Morgen zum Grab Jesu, um dessen Leichnam zu salben. So berichten es alle vier Evangelien im Neuen Testament. Und alle berichten, dass der Körper nicht mehr da war. Seither wird spekuliert.

Christinnen und Christen aller Konfessionen glauben, dass Jesus am Kreuz starb und drei Tage später wieder von den Toten auferstanden ist. So ist es u.a. auch im Apostolischen Glaubensbekenntnis festgehalten. Liest man die biblischen Berichte zu diesem Ereignis, so waren auch die zeitgenössischen Anhänger Jesu nach anfänglichem Schrecken und Unverständnis von der Auferstehung überzeugt.

Einerseits brachten sie seinen Kreuzestod in Verbindung mit alten Prophezeiungen, wonach der Retter, der Messias, als „Lamm Gottes“ kommt und geopfert wird, um die Sünde der Menschen vor Gott zu tilgen. An verschiedenen Stellen der Bibel sagt Jesus dies auch über sich selbst und nimmt dabei Bezug auf den Propheten Jesaja aus dem Alten Testament, der etwa 700 Jahre vor Christus das Bild eines Knechtes von Gott zeichnete, der die Schuld der Menschen auf sich nimmt und an ihrer Stelle mit seinem Leben für ihre Tilgung zahlt (vgl. Jesaja, Kapitel 53)..

Andererseits erinnerten sich die Jüngerinnen und Jünger Jesu an dessen Vorhersagen: „Und er nahm abermals die Zwölf [Apostel] zu sich und fing an, ihnen zu sagen, was ihm widerfahren werde: Siehe, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und der Menschensohn wird überantwortet werden den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten, und sie werden ihn zum Tode verurteilen und den Heiden überantworten, und die werden ihn verspotten und anspeien und geißeln und töten, und nach drei Tagen wird er auferstehen.“ (Markusevangelium, Kapitel 10, Verse 33-34)

Um diese Vorhersagen wussten auch die Gegner Jesu, und sie versuchten mit allen Mitteln zu verhindern, dass ihnen Glauben geschenkt wird. Über eine entsprechende Begebenheit wird im Matthäus-Evangelium (Kap. 27 und 28) ausführlich berichtet. Demnach gingen Priester und Pharisäer einen Tag nach der Grablegung zum römischen Statthalter Pontius Pilatus und baten diesen inständig, das Grab Jesu bewachen zu lassen: „Sonst kommen seine Jünger, stehlen die Leiche und behaupten gegenüber dem Volk »Er wurde von den Toten auferweckt!«. Dieser Betrug wäre schlimmer als alles vorher.“

Daraufhin wurden tatsächlich Wachen vor das Grab gestellt, die laut Matthäus-Evangelium sogar selbst Zeugen der Auferstehung wurden: „Die Wachen zitterten vor Angst und fielen wie tot zu Boden“. Den Priestern erzählten die Wachen später, was sie erlebt hatten. Doch durch Bestechung wurden sie zur Lüge verpflichtet: „Erzählt allen: »Seine Jünger sind in der Nacht gekommen. Als wir schliefen, haben sie den Leichnam gestohlen«.“

Neben diesen beiden Varianten – Auferstehung bzw. Leichendiebstahl, um die Auferstehung zu inszenieren – gibt es noch etliche weitere Theorien. Nach Auffassung der beiden Mediziner Maximilian Ledochowski und Dietmar Fuchs könnte sich die vermeintliche Auferstehung Christi medizinisch erklären lassen. Dazu ziehen sie sogar einzelne Stellen der biblischen Berichte zur Unterstützung heran (siehe: Ledochowski, Maximilian; Fuchs, Dietmar (2014): »Die Auferstehung Christi aus medizinischer Sicht«. Biologie in unserer Zeit, 44(2), 124–128)

Ledochowski und Fuchs gehen davon aus, dass Jesus durch die Folter (Geißelung), die seiner Kreuzigung vorausging, bereits schwer verletzt und entkräftet war. Ihrer Meinung nach erlitt Jesus u.a. Rippenbrüche, wodurch es in der Folge fast zwangsläufig auch zu einer Verletzung des Rippenfells kam. Daraufhin – so ihre Theorie – sammelte sich in dem Spalt zwischen Rippenfell und Lungenfell Wundwasser und Blut aus verletzten Adern. Mediziner sprechen bei diesem Geschehen von einem Pleuraerguss, der den betroffenen Lungenflügel zusammendrückt, was zu Sauerstoffmangel führt.

Das allein führt schon zu einer erheblichen Schwächung, die erklärt, warum Jesus den Kreuzbalken nicht selbst den ganzen Weg bis Golgatha tragen konnte. An seiner Stelle musste ein Mann, „der gerade vom Feld kam“, das Kreuz tragen (Mk 15, 21; Matth 27, 21; Luk 23, 26). Einmal ans Kreuz geschlagen, verschlimmerten sich bei Jesus die Beschwerden. Der Wissenschaftsautor Stephan Matthiesen beschreibt sie folgendermaßen:

„Das Hängen an den Armen beeinträchtigt die Atmung, sodass Gekreuzigte bis zur Erschöpfung versuchen, sich mit den Beinen abzustützen. Da diese Kreuzigung am Tag vor dem Pessachfest stattfand, entschieden die Soldaten, den Tod zu beschleunigen, indem sie den Gefangenen die Beine brachen. Bei Jesus jedoch ersparten sie sich diese Mühe, da sie "sahen, dass er schon tot war" (Joh 19, 33) - wobei Ledochowski und Fuchs davon ausgehen, dass die Soldaten wohl weder das Interesse noch die Qualifikation für eine sorgfältige Diagnose und Feststellung des Todes hatten, und dass Jesus vielmehr durch Sauerstoffmangel infolge des Pleuraergusses bewusstlos geworden war.

Ein zentraler Hinweis auf einen Pleuraerguss ist für Ledochowski und Fuchs die nächste Beobachtung: "(...) einer der Soldaten stieß mit dem Speer in seine Seite, und sogleich kam Blut und Wasser heraus" (Joh 19, 34). "Für ihn und alle Anwesenden war damit offenkundig, dass Jesus tot sein musste. Für einen Mediziner aus unserer Zeit ist damit aber lediglich klar, dass Jesus Christus einen hämorrhagischen Pleuraerguss gehabt haben muss", so die Autoren. (…) Der Lanzenstich könnte Jesus sogar das Leben gerettet haben. Denn auch heute noch ist die wichtigste Notfallmaßnahme bei einem Pleuraerguss die Entlastungspunktion: Mit einer Kanüle durchsticht man das Rippenfell, sodass die Wundflüssigkeit abfließen kann und sich die Lunge wieder ausdehnt. Nach diesem Eingriff könnte Jesus nun bei flacher Atmung und Bewusstlosigkeit noch lange am Kreuz überlebt haben, viel länger als die anderen Gefangenen, denen die Beine gebrochen worden waren. Wegen des Pessachfestes wurden die Gekreuzigten ungewöhnlich früh vom Kreuz genommen - vielleicht, bevor Jesus tatsächlich tot war. Der scheinbar tote Jesus wurde dann mit "einer Mischung aus Myrrhe und Aloe, etwa hundert Pfund", behandelt und mit Leinenbinden umwickelt. Mit dieser antiseptischen und blutstillenden Wundbehandlung und viel Ruhe in der kühlen Umgebung des Grabes, spekulieren Ledochowski und Fuchs weiter, könnte sich Jesus erholt haben und nach einigen Tagen aus der Bewusstlosigkeit erwacht sein.“

Sonntag, 04.04.2021