Maradona, Google & Co.: Skurrile Religionen

von Achim Stadelmaier

Sonntag, 04.04.2021

esoterische Kunstfigur bem Meditieren
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Viele der selbsternannten "Kirchen" sind reine Spaßprojekte, manche wollen kritisieren, und manche können richtig gefährlich sein. (Foto: Pixabay)

Die in Artikel 18 der Menschenrechts-Charta festgeschriebene Religionsfreiheit nimmt keine Bewertungen vor und ist deshalb sehr weitreichend. Das führt u.a. dazu, dass gesellschaftspolitische Initiativen und auch Spaßbewegungen plötzlich „Kirchen“ gründen

Zu den bekannteren Vertretern dieser Art dürften die „Pastafaris“ zählen. Sie verehren das fliegende Spaghettimonster und tragen einen Nudelsieb auf dem Kopf. Hinter der abgedrehten Aufmachung und dem lustigen Geschwurbel von „Biervulkan und Stripperfabrik“ steckt durchaus ein ernster Kern, nämlich Kritik zu üben an den großen Religionen und ihren Vertretern. Ihre wichtigsten Ziele beschreiben die Pastafari auf ihrer Internetseite so: „Humanismus fördern – Dogmen ablegen – Erderwärmung stoppen“.

Ein gesellschaftspolitisches Anliegen hat auch die die „First Church of Cannabis“ im US-Bundesstaat Indiana, die dafür kämpft, dass Cannabis auch dort legal wird. Weil die Gruppe als Religionsgemeinschaft anerkannt ist, hat sie vor Gericht geklagt und wollte durchsetzen, dass Cannabis-Konsum als „Sakrament“ ihrer Religion und Kirche anerkannt wird. Dieser Versuch scheiterte jedoch Ende Dezember 2018.

Weitere skurrile „Religionsgemeinschaften“ sind: die „Church of Google“, für die die allwissende Suchmaschine ihr Gott ist. Auch Diego Maradona, der kürzlich verstorbene Fußballstar, wird als Gott verehrt - in der Ende der 1990er Jahre in Argentinien gegründeten „Iglesia Maradoniana“, der „Kirche Maradonas“. Auf der Pazifikinsel Vanuatu, deren Bewohnerinnen 2021 den Weltgebetstag der Frauen gestaltet hat, wird Prinz Philipp, der Gatte der Queen, als Gottheit gesehen. Eine Gemeinschaft, die auf die „Star Wars“-Filme zurückgeht ist der Jediismus. Hier geht es z.B. um Werte wie Gerechtigkeit, Mitgefühl oder Demut - fast schon christliche Grundsätze. Radikal kommt dagegen die „Church of Euthanasia“ daher - die „Kirche der Euthanasie“. Sie will die gesamte Menschheit ausrotten, um den Planeten Erde zu retten. Das ist natürlich nicht ernst gemeint sondern ein Kunstprojekt, bei dem es letztlich um Umweltschutz geht.

Doch längst nicht jede Bewegung, die mit einem religiös verbrämten Weltbild daherkommt, ist lustig oder harmlos. ZU den bekanntesten Beispielen hierfür dürfte die von dem US- amerikanischen Science-Fiction-Autor Lafayette Ron Hubbard (1911-1986) entworfene Scientology-Organisation sein. Am 18.02.1954 gründete er die erste offizielle "Scientology-Kirche" in Los Angeles. Nach Angaben des niedersächsischen Verfassungsschutzes existieren allein „im Bundesgebiet neun »Kirchen« (Orgs), von denen sich zwei als Celebrity Centres bezeichnen, und zehn »Missionen«, denen nach Schätzung der Verfassungsschutzbehörden ca. 3.500 Mitglieder zuzuordnen sind.“ Weiter heißt es über die aus den USA gesteuerte Organisation: „Ziel der Scientology-Organisation ist die Erschaffung eines neuen Menschen scientologischer Prägung und einer neuen ausschließlich nach scientologischen Richtlinien funktionierenden Welt. Scientology strebt die Weltherrschaft an.“ Die "Scientology-Kirche" steht deshalb u.a. unter Beobachtung des Bundesverfassungschutzes.

Wer Fragen zu merkwürdigen Organisationen oder Sekten hat oder Hilfe beim Ausstieg braucht, kann sich zum Beispiel an die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen wenden.

Sonntag, 04.04.2021