Arbeit statt Schule: Welttag gegen Kinderarbeit

von Stefan Klinkhammer

Montag, 09.06.2025

Foto © Kindermissionswerk ‚Die Sternsinger‘, Urte Podszuweit / TV / K.M. Asad
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Foto © Kindermissionswerk ‚Die Sternsinger‘, Urte Podszuweit / TV / K.M. Asad

Kinderarbeit in Bangladesch, das heißt: menschenunwürdige Bedingungen für Kinder. Nicht nur am „Welttag gegen Kinderarbeit“ (12.06.) setzt sich das Aachener „Kindermissionswerk – Die Sternsinger“ mit seinen Partnern gegen die ausbeuterische Arbeit ein...

INFO: Zum Internationalen Tag gegen Kinderarbeit am 12. Juni äußert sich Pfarrer Dirk Bingener, Präsident des Kindermissionswerks ‚Die Sternsinger‘: „Die Geschichte von Tazim aus Bangladesch geht mir nahe. Bis zu acht Stunden am Tag muss der Zwölfjährige in einer Fabrik Aluminiumschüsseln herstellen – barfuß und ohne Schutzkleidung. Giftiger Aluminiumstaub dringt dabei in seine Atemwege ein, färbt seine Hände komplett silbrig. Nach der Arbeit schmerzen Beine und Hände, der Kopf fühlt sich müde an. Schicksale wie das von Tazim gibt es viele: Weltweit müssen 160 Millionen Kinder zwischen fünf und 17 Jahren arbeiten, davon 79 Millionen unter besonders gefährlichen, gesundheitsschädlichen und ausbeuterischen Bedingungen. Als Kindermissionswerk appellieren wir daher eindringlich an Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, konsequente Maßnahmen gegen Kinderarbeit zu ergreifen und Mädchen und Jungen vor Ausbeutung zu schützen. Wir rufen die neue Bundesregierung dazu auf, ihren internationalen Einfluss im Kampf gegen Kinderarbeit geltend zu machen und bei der Ausrichtung der internationalen Zusammenarbeit verstärkt auf den Schutz und die Rechte von Kindern zu achten.

Die Bekämpfung von Kinderarbeit steht auch im Fokus der kommenden Sternsingeraktion. ,Schule statt Fabrik – Sternsingen gegen Kinderarbeit` lautet das Motto der Aktion Dreikönigssingen 2026. Dabei richten wir den Blick nach Bangladesch, wo trotz Fortschritten im Kampf gegen Kinderarbeit noch immer rund 1,8 Millionen Kinder und Jugendliche arbeiten müssen, 1,1 Millionen sogar unter besonders gesundheitsschädlichen und ausbeuterischen Bedingungen. Unsere Partnerorganisationen setzen sich dafür ein, Kinder aus Arbeitsverhältnissen zu befreien und ihnen den Schulbesuch zu ermöglichen. So konnte auch Tazim geholfen werden, der heute dank der Sternsinger nicht mehr stundenlang arbeiten muss, sondern zur Schule gehen kann.

Um Kinderarbeit nachhaltig zu verringern, müssen Armut und soziale Ungerechtigkeit überwunden werden. Denn die Hauptursache für Kinderarbeit ist Armut. Vor allem in wirtschaftlich armen sowie in kriegs- und krisengeprägten Ländern ist Kinderarbeit weit verbreitet. Im Kampf gegen Kinderarbeit ist es daher entscheidend, dass Eltern existenzsichernde Einkommen und Kinder kostenlose Bildung erhalten, dass der Faire Handel weiter gefördert wird, dass die Ausbeutung von Kindern geahndet und die Kinderrechte auf allen Ebenen umgesetzt werden.“

Kinderarbeit: Im vergangenen Jahrzehnt ist die Zahl arbeitender Kinder wieder gestiegen: Weltweit arbeiten vor allem im südlichen Afrika, gefolgt von Asien, Lateinamerika und der Karibik 160 Millionen Kinder zwischen fünf und 17 Jahren, davon 79 Millionen unter besonders gefährlichen, gesundheitsschädlichen und ausbeuterischen Bedingungen. In Afrika arbeiten rund 72 Millionen Kinder, in Asien und im Pazifikraum 62 Millionen. In sehr armen Ländern sowie in Kriegs- und Krisengebieten müssen besonders viele Kinder arbeiten. Etwa die Hälfte der arbeitenden Kinder ist jünger als 12 Jahre. Ein Drittel der arbeitenden Kinder weltweit gehen laut ILO nicht in die Schule. Das gilt sogar für ein Viertel der Fünf- bis Elfjährigen.

Kinderarbeit liegt laut Internationaler Arbeitsorganisation (International Labour Organization, ILO) vor, wenn Kinder Tätigkeiten ausüben müssen, die sie gefährden, ihrer körperlichen und seelischen Entwicklung schaden und sie vom Schulbesuch abhalten. Die schlimmsten Formen der Kinderarbeit sind Tätigkeiten unter ausbeuterischen und kriminellen Bedingungen. Dazu zählen u.a. Sklaverei, Zwangsarbeit und Prostitution sowie der Einsatz von Kindern im Krieg, im Drogenhandel, im Umgang mit gefährlichen Chemikalien und Maschinen, in Minen und Steinbrüchen, beim Tragen schwerer Lasten und Nachtarbeit. Alle ausbeuterische Kinderarbeit ist nach völkerrechtlichen Regelungen international verboten. Alle 187 ILO-Mitgliedstaaten müssen dieses Verbot respektieren, fördern und umsetzen. Der Artikel 32 der UN-Kinderrechtskonvention schreibt vor, dass Kinder vor einer sie gefährdenden und schädigenden Arbeit geschützt werden müssen.

Hauptursache für Kinderarbeit ist Armut. Daher ist Kinderarbeit in wirtschaftlich armen sowie in kriegs- und krisengeprägten Ländern besonders verbreitet. Eltern verdienen zu wenig, um ihre Familie durchzubringen. Für Alleinerziehende ist die Lage besonders schwierig, zumal es in vielen Ländern keine staatlichen Sozial- und Krankenversicherungen gibt. Auch die Folgen des Klimawandels, die vor allem arme Menschen hart treffen, führen zu mehr Kinderarbeit. Etwa zwei Drittel aller arbeitenden Kinder sind in der Landwirtschaft beschäftigt. Andere arbeiten im Bergbau, in der Textil- und Teppichindustrie, in Privathaushalten und in Familienbetrieben. Laut ILO arbeiten mehr Jungen (97 Millionen) als Mädchen (63 Millionen). Jungen arbeiten häufiger unter gefährlichen Bedingungen. Mädchen sind häufiger im Haushalt tätig. Dagegen sind vor allem Regierungen und die Staatengemeinschaft in der Pflicht. Doch auch Unternehmen sind gefordert, faire Löhne zu zahlen, ausreichenden Arbeitsschutz zu gewährleisten und familienfreundliche Arbeitsbedingungen zu schaffen. Internationale Firmen müssen darauf achten, dass es keine Kinderarbeit in ihren Produktionsabläufen gibt. Gemäß dem 2023 in Deutschland verabschiedeten Lieferkettengesetz und der 2024 von der Europäischen Union verabschiedeten Richtlinie zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht müssen Unternehmen unter anderem darauf achten, dass in ihren Lieferketten keine Kinder beschäftigt sind. Gewerkschaften, Medien und Zivilgesellschaft sowie jeder und jede Einzelne können durch Aufklärung und Information, bewusstes Kauf- und Konsumverhalten, persönliches Engagement und Spenden Armut und Kinderarbeit vermindern.

Das Kindermissionswerk ‚Die Sternsinger‘ und Kinderarbeit: Auf Basis der ILO-Konventionen und der Kinderrechtskonvention engagiert sich das Kindermissionswerk an der Seite seiner Partner dafür, Kinder und Jugendliche aus gefährdenden Arbeitsverhältnissen zu lösen und ihnen den Schulbesuch zu ermöglichen. Gleichzeitig schaffen Sternsinger-Partner bei Eltern, Arbeitgebern und staatlichen Behörden ein Bewusstsein dafür, dass Kinder Rechte haben – etwa die Rechte auf Schutz, Bildung, körperliche und seelische Unversehrtheit, Freizeit und Mitsprache. Sie setzen zudem vielerorts Projekte um, die besonders benachteiligten und verletzlichen Kindern durch Bildung und Förderung Wege aus der Armut ermöglichen. Dazu setzt sich etwa die Sternsinger-Partnerorganisation ARKTF (Abdur Rashid Khan Thakur Foundation) seit ihrer Gründung im Jahr 2002 in der Region Jessore und der gleichnamigen Stadt gegen Kinderarbeit ein. Das ARKTF-Team befreit Kinder und Jugendliche aus ausbeuterischen und gesundheitsschädlichen Arbeitsverhältnissen und unterstützt sie, damit sie eine Schule besuchen oder eine Ausbildung machen können. Die Stiftung sensibilisiert Kinder, Eltern, Arbeitgeber, lokale Behörden und Regierungsmitarbeiter für Kinderrechte. Zudem vermittelt sie Kindern und ihren Familien Gesundheitsdienste, den Zugang zu sauberem Wasser und zu staatlichen Hilfen. Seit der Gründung hat ARKTF mehr als 400 Kinder in Schulen integrieren können und rund 680 Jugendlichen eine Ausbildung vermittelt. Mehr als 3.000 arbeitende Kinder kamen zu Beratung und Unterricht in die ARKTF-Zentren und nahmen an Freizeitaktivitäten der Stiftung teil.

Aktion Dreikönigssingen 2026: Rund 600 Sternsingerinnen und Sternsinger werden am 30. Dezember 2025 in Freiburg zur nächsten bundesweiten Eröffnung Aktion Dreikönigssingen erwartet. “Schule statt Fabrik – Sternsingen gegen Kinderarbeit“ heißt das Motto der 68. Sternsingeraktion. Bundesweit werden sich die Sternsinger gegen Kinderarbeit einsetzen und deutlich machen, wie wichtig die Kinderrechte auf Schutz und Bildung weltweit sind. Beispielland der Aktion ist Bangladesch. Die Erzdiözese Freiburg ist zum zweiten Mal Gastgeber einer bundesweiten Eröffnung der Aktion Dreikönigssingen. Vorbereitet wird die Eröffnung der Sternsingeraktion von der Kirchlichen Jugendarbeit und dem Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) in der Erzdiözese Freiburg. Die Schirmherrschaft hat Martin Horn übernommen, Oberbürgermeister der Stadt Freiburg im Breisgau.

Sternsinger: Die damals 15-jährige Auguste von Sartorius (1830-1895) gab den Anstoß zur Gründung eines Hilfswerks, das am 2. Februar 1846 unter dem damaligen Namen „Verein der heiligen Kindheit“ in der Aachener Pfarrei St. Foillan ins Leben gerufen wurde. Ihren Verein erhob 1922 Papst Pius IX. den Verein zum Päpstlichen Werk mit dem Namen „Päpstliches Missionswerk der Kinder in Deutschland“. Seit 1934 wurde das Werk immer mehr durch staatliche Maßnahmen eingeschränkt und durch die Gestapo überwacht, 1941 die Zentrale in der Stephanstr. 35 zwangsgeräumt. 1946 feierte man das 100-jährige Jubiläums des Werkes der hl. Kindheit im Aachener Dom und rief 1959 die erste Aktion Dreikönigssingen aus, die seit 1961 als gemeinsame Aktion des Kindermissionswerkes und des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) durchgeführt wird. Seit 1976 ist das Kindermissionswerkes der päpstlichen Kongregation für die Evangelisierung der Völker in Rom zugeordnet, seit 1980 sind die Präsidenten von Missio Aachen und Missio München Co-Präsidenten. 2017 übersprang das Sammelergebnis der Sternsinger eine Milliarde Euro insgesamt, 2019 lag das Jahresergebnis erstmals über 50 Millionen Euro. Mehr: Die Ursprünge des Kindermissionswerks.

Die bundesweite Aktion gilt als die weltweit größte Solidaritätsinitiative von Kindern für Kinder in Not. Träger sind das in Aachen ansässige Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ und der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) als Dachverband vieler katholischer Jugendorganisationen. Rund 1,36 Milliarden Euro sammelten die Sternsinger seit dem Aktionsstart 1959, mit denen Projekte für benachteiligte und Not leidende Kinder in Afrika, Lateinamerika, Asien, Ozeanien und Osteuropa gefördert wurden. Mit den Mitteln unterstützt die Aktion Dreikönigssingen Projekte in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Pastoral, Ernährung und soziale Integration. 2022 kamen für die Aktion in 8.423 beteiligte Gemeinden und Einrichtungen 38,6 Mio. Euro zusammen. 2023 waren es 45,5 Mio., bei der 66. Aktion wurden rund 46 Millionen Euro gesammelt. In 7.622 Pfarrgemeinden, Schulen und Kindergärten hatten sich Kinder, Jugendliche und Erwachsene an der Aktion beteiligt. 2004 wurden die Sternsinger in Münster mit dem Westfälischen Friedenspreis ausgezeichnet, seit 2015 ist das Sternsingen, das bereits auf mittelalterliche Heischebräuche zurückgeht, im bundesweiten Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes und Unesco-Kulturerbe.

Kontakt: Kindermissionswerk ,Die Sternsinger‘ e.V., Stephanstraße 35, 52064 Aachen, Tel. 49 241.44 61-0, E-Mail: kontakt@sternsinger.de, Spendenkonto Kindermissionswerk 'Die Sternsinger' e.V., IBAN: DE 95 3706 0193 0000 0010 31, BIC: GENODED1PAX, Pax-Bank eG, Informationen zu den Sternsingern - https://www.sternsinger.de/sternsingen/Internet: www.sternsinger.de.

Bund der Deutschen Katholischen Jugend: Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) ist Dachverband von 17 katholischen Jugendverbänden und -organisationen mit rund 660.000 Mitgliedern. Seit 1947 vertritt er die Interessen von Kindern und Jugendlichen in den katholischen Jugendverbänden. Schon lange vor 1947 waren katholische Kinder und Jugendliche in Jugendverbänden organisiert, etwa bei der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG) oder in der Katholischen Studierenden Jugend (KSJ). Doch nachdem die Nationalsozialisten in Deutschland die Macht übernahmen, wurden Jugendverbände verboten und mussten der von den Nazis organisierten und kontrollierten Jugendarbeit weichen. Der Kontakt untereinander und der Ruf „Es lebe Christus in deutscher Jugend” aber blieb lebendig: Nach dem Krieg begann in Altenberg die Hauptstelle für Jugendseelsorge im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz ihre Arbeit. Auch die Verbände nahmen ihre Arbeit wieder auf und gründeten schließlich auf einer Tagung vom 24. bis 28. März 1947 in Hardehausen in der Nähe von Paderborn den BDKJ als „Einheit in Vielfalt”. Mehr zur 75-Jahr-Feier: https://www.bdkj.de/75jahre).

Im Bundesverband organisiert sind: Bund der St. Sebastianus Schützenjugend (BdSJ), Christliche Arbeiterjugend (CAJ), Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG), Jugendverbände der Gemeinschaft Christlichen Lebens (J-GCL), Katholische Junge Gemeinde (KjG), Katholische Landjugendbewegung (KLJB), Kolpingjugend, Katholische Studierende Jugend (KSJ), Pfadfinderinnenschaft St. Georg (PSG), Quickborn Arbeitskreis, Unitas-Verband, mit beratender Stimme: Aktion West-Ost, Arbeitsgemeinschaft katholischer Studentenverbände (AGV), DJK-Sportjugend, Internationaler Bauorden, Schönstatt-Mannesjugend (SMJ). Sitz ist seit 1947 das 1908 als Sekretariat des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands (KJMVD) gegründete Jugendhaus Düsseldorf. Es ist zugleich die Landesstelle des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend Nordrhein-Westfalen e.V. (BDKJ NRW e.V.), dem Zusammenschluss der fünf nordrhein-westfälischen BDKJ Diözesanverbände Aachen, Essen, Köln, Münster, und Paderborn sowie der Landesarbeitsgemeinschaften der Mitgliedsverbände des BDKJ. Im BDKJ in NRW wirken rund 285.000 Kinder und Jugendliche mit. Kontakt: BDKJ-Bundesstelle, Carl-Mosterts-Platz 1, 40477 Düsseldorf, Tel. 0211 / 4693–0, Fax 0211 / 46 93 – 120, Mail: infos@bdkj.de, Internet: www.bdkj.de.

Unser Gesprächspartner Pfarrer Dirk Bingener: Der Präsident von missio Aachen und dem Kindermissionswerk ‚Die Sternsinger‘, Jahrgang 1972, stammt aus Siegen. Nach dem Abitur 1992 und Grundwehrdienst studierte er 1993-1999: katholische Theologie an der Rheinischen-Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und in München, ging 1999-2000 in das Erzbischöfliche Priesterseminar in Köln und wurde 1999 in Siegburg zum Diakon geweiht. Nach der Priesterweihe 2000 in Köln war er Kaplan in Düsseldorf und Köln. 2007-2015 amtierte er als Diözesanpräses des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) im Erzbistum Köln, war dort Vorsitzender der Freiwilligen Sozialen Dienste (FSD) und 2017-2018 Vorsitzender der kath. Bundesarbeitsgemeinschaft Freiwilligendienste. Von 2015-2019 übernahm er die Aufgabe als Bundespräses des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). Bingener, der seit 2017 Mitglied der Konferenz Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz ist, wurde im Herbst 2018 zum Präsidenten des Kindermissionswerks „Die Sternsinger“ und des Internationalen Katholischen Missionswerks missio in Aachen ernannt.

Montag, 09.06.2025