„Zeichen der Zeit“: Fair geht nur zusammen

von Christof Beckmann

Sonntag, 24.09.2023

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Cover IKW-Flyer2023: „Neue Räume“ lautet das Motto der Interkulturellen Woche 2023. © ÖVA / wigwam.im

50 Jahre fairer Kaffee. Eine gute Idee machte Karriere. Nur ein Detail in Fragen weltweiter Gerechtigkeit, aber wichtig. Wie vieles, das in der Fairen Woche, der heute beginnenden Interkulturellen Woche oder zum Welttag der Migranten eine Rolle spielt...

INFO: Der fair gehandelte Kaffee feiert ein rundes Jubiläum: Vor 50 Jahren, am 21. September 1973, wurde die erste Charge des „Indio-Kaffee“ genannten Getränks aus Guatemala von Frankfurt aus in Deutschland ausgeliefert. Initiator war ein Bildungsreferent des katholischen Werks für Entwicklungszusammenarbeit Misereor, der die Ware in Aachen über die niederländische Stiftung S.O.S. bezogen hatte. Über die immer zahlreicher werdenden „Dritte-Welt-Läden“ – heute „Weltläden“ – gingen immer mehr Produkte in den Markt, die mit ihren Preisen die Erzeuger besser entlohnten und in eine nachhaltige Zukunft investieren ließen. Innerhalb weniger Jahre professionalisierte sich so der Faire Handel in rasantem Tempo: 1975 erfolgte aus kirchlichen Entwicklungs- und Jugend-Organisationen die Gründung des Fair-Handelsunternehmens GEPA (Bischöfliches Hilfswerk der Katholischen Kirche MISEREOR e. V. / www.misereor.de, Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland aej / www.evangelische-jugend.de, Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) / ​​​​​​​www.bdkj.de​​​​​​​, Brot für die Welt / www.brot-fuer-die-welt.de, Kindermissionswerk „Die Sternsinger"/ ​​​​​​​www.sternsinger.de​​​​​​​). 1989 war die GEPA Gründungsmitglied der heutigen World Fair Trade Organisation (WFTO) – der internationale Dachorganisation für Fair-Handels-Organisationen in rund 75 Ländern aller Kontinente, ein Jahr später wurde unter Beteiligung der GEPA das europäische Pendant European Fair Trade Association (EFTA) gegründet, in der zehn Importorganisationen in neun europäischen Ländern zusammengeschlossen sind. Die GEPA ist aktiv im „Forum Fairer Handel„, dem Netzwerk des Fairen Handels in Deutschland. Jedes Jahr organisieren die Mitglieder gemeinsam die „Faire Woche“, um den Fairen Handel bekannter zu machen. Kaffee macht bis heute als eines der Hauptprodukte bei der GEPA etwa 45 Prozent des Umsatzes aus.

Weitere Informationen zum Thema: Fair gehandelter Kaffee.

Rekordumsatz im fairen Handel: Die Deutschen haben im vergangenen Jahr mit 2,36 Milliarden so viel wie nie zuvor für fair gehandelte Produkte ausgegeben. Nach Angaben von Fairtrade Deutschland sind das sind elf Prozent mehr als im Vorjahr und ein deutscher Verbraucher habe im Durchschnitt 28 Euro für faire Lebensmittel und Handwerksprodukte ausgegeben. Der von rund 30 Mitgliedsorganisationen getragene Verein TransFair wurde 1992 gegründet, um benachteiligte Produzentengruppen im globalen Süden zu unterstützen. Die unabhängige Organisation handelt nicht selbst mit Waren, sondern setzt sich für die Förderung fair gehandelter Produkte und Rohstoffe ein. Das Fairtrade-Siegel kennzeichnet Waren, bei deren Herstellung soziale, ökologische und ökonomische Kriterien eingehalten wurden. Ebenso will der Verein das Bewusstsein für nachhaltigen Konsum stärken. Internet: Jahresbericht 2022 von Fairtrade

Faire Woche 2023: Unter dem Motto „Fair. Und kein Grad mehr!“ dreht sich bei der Fairen Woche vom 15. bis 29. September alles rund um das Thema Klimagerechtigkeit und Fairer Handel. Seit mehr als 20 Jahren lädt die Faire Woche jeden September alle Menschen in Deutschland dazu ein, Veranstaltungen zum Fairen Handel in ihrer Region zu besuchen oder selbst zu organisieren. Mit rund 2.300 Aktionen in diesem Jahr ist sie bundesweit die größte Aktionswoche des Fairen Handels. Gemäß dem Motto soll diesmal gezeigt werden, dass fairer Handel Teil der Lösung auf dem Weg zu mehr Klimagerechtigkeit ist: „Die Klimakrise verschärft globale Ungleichheiten. Sie betrifft zwar alle Menschen weltweit, doch nicht im gleichen Maß: Arme Menschen sind stärker betroffen als reiche, viele Länder des Globalen Südens stärker als die des Nordens. Besonders ungerecht ist, dass vor allem die Menschen unter den Folgen der Klimakrise leiden, die am wenigsten zu ihrer Entstehung beigetragen haben: Der Großteil der Menschen im Globalen Süden sowie junge Menschen und zukünftige Generationen. Umgekehrt sind diejenigen, die die Klimakrise maßgeblich verursacht haben, nämlich der Großteil der Bevölkerung im Globalen Norden, (noch) nicht sehr stark von ihren Folgen betroffen – am wenigsten die Reichen, die in den vergangenen 250 Jahren überproportional zum Klimawandel beigetragen haben. Hinzu kommt, dass vor allem reiche Menschen und Länder über Mittel verfügen, sich gegen die Folgen der Klimakrise zu schützen und materielle Schäden zu reparieren. Die meisten Menschen im Globalen Süden hingegen haben diese Möglichkeiten nicht, während sie gleichzeitig bereits stärker von den Folgen betroffen sind. Hunderttausende Menschen haben dort durch die Klimakrise bereits ihre Existenzgrundlage oder sogar ihr Leben verloren.“ Ausführlich wird das Jahresthema in einer Hintergrundbroschüre dargestellt. Unterdessen hatte Papst Franziskus Ende August ein neues päpstliches Schreiben zur globalen Umweltkrise angekündigt. Er wolle am 4. Oktober ein „Ermahnungsschreiben“ veröffentlichen, das ein zweites „Laudato si“ sein werde. Unter diesem Titel hatte er im Mai 2015 eine Enzyklika veröffentlicht und darin als erster Papst den Kampf gegen die Erderwärmung und die Umweltkrise zum Gegenstand eines weltkirchlichen Lehrschreibens gemacht.

Kontakt: Forum Fairer Handel e.V., Am Sudhaus 2, 12053 Berlin, Tel. +49 (0)30 28040 588, Fax +49 (0)30 28040 908, info@forum-fairer-handel.de, Internet: https://www.faire-woche.de/start

Agenda 2030: Das Bischöfliche Hilfswerk Misereor sieht die Welt acht Jahre nach Verabschiedung der Agenda 2030 vor einem Scherbenhaufen. Auch der entwicklungspolitische Dachverband Venro forderte von der Bundesregierung mehr Anstrengungen im Kampf gegen Hunger und für globale Gerechtigkeit. Dem entwicklungspolitischen Dachverband gehören 144 Organisationen, darunter die kirchlichen Hilfswerke Brot für die Welt, Misereor und Caritas International sowie Fairtrade Deutschland, Oxfam, die AWO, der Paritätische Gesamtverband, die Welthungerhilfe und der Arbeiter-Samariter-Bund an. Vor dem kürzlichen Nachhaltigkeits-Gipfel der Vereinten Nationen in New York hatten die Vereinten Nationen im neuen Halbzeit-Bericht zum Stand der 17 Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) eine düstere Bilanz gezogen: Für mehr als die Hälfte der Ziele ist nur schwacher oder unzureichender Fortschritt zu verzeichnen, bei einem Drittel ist der Trend negativ. Besonders dramatisch sieht es beim Kampf gegen den Hunger aus. Mit der Agenda 2030 hatten die Vereinten Nationen 2015 insgesamt 17 globale Ziele für eine nachhaltige Entwicklung bis zum Jahr 2030 formuliert, darunter Armut und Hunger weltweit zu beenden und Ernährung zu sichern, den Klimaschutz umzusetzen, hochwertige Bildung und Geschlechtergerechtigkeit zu erreichen und menschenwürdige Arbeit und nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu verbinden. Aktuell litten mehr als 800 Millionen Menschen unter chronischem Hunger. Fast 660 Millionen lebten unter der Armutsgrenze von knapp zwei Dollar pro Tag. Mehr als die Hälfte der Menschen weltweit verfügten über keine soziale Sicherung. Zwei Drittel der Länder des Globalen Südens seien kritisch verschuldet, vor allem in Lateinamerika und Subsahara-Afrika.

Welttag des Migranten und Flüchtlings 2023: „Frei entscheiden, ob man emigrieren oder bleiben will”, das ist das Motto für den 109. Kirchlichen Welttag des Migranten und Flüchtlings, für den Papst Franziskus zum 24. September 2023 aufgerufen hat. Für ihn ist das Thema Chefsache. Er hält es für ein „Zeichen der Zeit”. Seine erste Reise als Papst führte ihn im Sommer 2013 zu Flüchtlingen auf die Insel Lampedusa vor Sizilien.

Ausgerufen hatte den katholischen Welttag der Migranten und Flüchtlinge erstmals Papst Benedikt XV. im Jahr 1914. Papst Franziskus verlegte das frühere Datum vom Januar in den September. In Deutschland wird er als Tag des Flüchtlings im Rahmen der bundesweiten Interkulturellen Woche (IKW) Ende September begangen. Die seit 1975 jährlich laufende Woche ist eine Initiative der Deutschen Bischofskonferenz, der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Griechisch-Orthodoxen Metropolie und wird von Kirchen, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden, Kommunen, Integrationsbeauftragten und -beiräten, Migrantenorganisationen sowie Initiativgruppen unterstützt und mitgetragen. In mehr als 600 Städten und Gemeinden werden rund 5.000 Veranstaltungen durchgeführt. Dazu haben die Kirchen ein Gemeinsames Wort veröffentlicht: https://www.interkulturellewoche.de/gemeinsames_wort/2023. PRO ASYL hatte 1986 einen „Internationalen Tag des Flüchtlings“ ins Leben gerufen. Er findet immer am Freitag innerhalb der Interkulturellen Woche im Herbst statt, 2023 ist das der 29. September.

Start der Interkulturellen Woche 2023 diesmal in Bottrop: Die Eröffnung der Interkulturellen Woche (IKW) wird in diesem Jahr unter dem Motto „Neue Räume“ in Bottrop gefeiert. Am Sonntag, 24. September, wird die deutschlandweite Aktionswoche mit einem ökumenischen Open-Air-Gottesdienst um 12 Uhr auf der Bühne auf dem Ernst-Wilczok-Platz vor dem Rathaus offiziell eröffnet. Gestaltet wird er unter anderem von der Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, die gleichzeitig Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland ist, dem Essener Bischof Franz-Josef Overbeck, dem griechisch-orthodoxen Erzpriester und Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland, Radu Constantin Miron, sowie Pastor Konstantin von Abendroth von der Vereinigung Evangelischer Freikirchen. Im Anschluss findet auf dem Ernst-Wilczok-Platz ein bunter „Markt der Vielfalt“ statt, bei dem sich zahlreiche Vereine, Initiativen und Gruppen präsentieren. Bereits ab 11 Uhr gibt es auf der Open-Air-Bühne ein Programm mit Musik und weiteren Darbietungen. Die lokalen Organisierenden freuen sich über weitere Beteiligungen beim „Markt der Vielfalt“. Alle Informationen rund um den Auftakt auf https://www.interkulturellewoche.de/index.php/auftakt2023. Mehr: www.interkulturellewoche.de

Sonntag, 24.09.2023