Xanten: Jugendliche Museumsführer

von Christof Beckmann

Sonntag, 31.07.2022

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Johannes (li.) und Paul führen durch die Achtermann-Ausstellung im Xantener Stiftsmuseum. © Bistum Münster/Christian Breuer

Paul und Johannes sind Schüler und bieten Führungen im Xantener Stiftsmuseum an. Wenn sie Gäste in der aktuellen Sonderausstellung begrüßen, dann reden sie 30 bis 40 Minuten lang über das Leben des bekannten Bildhauers Wilhelm Achtermann...

INFO: Johannes ist 15 Jahre alt, spielt in Birten Fußball, ist gerne mit dem Fahrrad unterwegs und bezeichnet sich selbst als „sehr musikalisch“. Sein Freund Paul, 16, geht wie Johannes nach den Sommerferien in die Q1 des Xantener Gymnasiums, sitzt auch gern auf dem Rad und ist gerne draußen unterwegs, um etwas zu erleben. Zwei ganz normale Jungs also, die dennoch ein ungewöhnliches Projekt eint: Paul und Johannes bieten Führungen im Xantener Stiftsmuseum an. Und wenn sie Gäste in der Sonderausstellung über Wilhelm Achtermann begrüßen, dann weicht das verschmitzte Grinsen, das sie sonst oft zeigen, dem konzentrierten Blick eines Museumsführers. Dann reden sie 30 bis 40 Minuten lang über das Leben des bekannten Bildhauers, erklären, wie Marmor bearbeitet wird und warum in Xanten die Köpfe zweier wichtiger Kunstwerke Achtermanns zu sehen sind, die einst im St.-Paulus-Dom in Münster standen und in den Wirren des 2. Weltkriegs zerstört wurden. Das ernste Gesicht der beiden Schüler weicht erst dann wieder einem Lächeln, als es Applaus für die gelungene Führung gibt.

Als Johannes und Paul gefragt wurden, ob sie solche Führungen anbieten möchten, stand der Entschluss schnell fest. „Warum nicht? Das ist doch ein interessantes Thema“, sagt Johannes. Zudem, ergänzt Paul, „können wir hier lernen, frei vor anderen Menschen zu sprechen, offen auf sie zuzugehen und Wissen zu vermitteln. Wenn wir, zum Beispiel in der Schule oder später im Beruf, eine Präsentation halten müssen, hilft uns diese Erfahrung bestimmt weiter.“ Mehrere Stunden haben sich die beiden auf die erste Führung vorbereitet, Material, das ihnen vom Stiftsmuseum bereitgestellt wurde, durchgearbeitet und die wichtigsten Informationen auf Karteikarten geschrieben. „Das war einmal viel Arbeit, aber jetzt habe ich ja alles zusammen und muss vor den Führungen nur noch kurz auf die Karteikarten gucken, um ins Thema zu kommen“, erklärt Paul. Wobei er, das gibt der 16-Jährige zu, bei der Premiere schon echtes Lampenfieber hatte. „Im ersten Raum dachte ich kurzzeitig wirklich, dass mir die Luft wegbleibt“, erzählt er. Doch nachdem sich die anfängliche Aufregung gelegt hatte, ging alles wie von alleine. Johannes hingegen wartet noch auf die erste Führung, die Generalprobe mit Claudia Kienzle hat er schon mit Bravour gemeistert. „Das wird auch bei den Gästeführungen klappen“, ist sich die Museumsleiterin sicher. Sie ist merklich stolz auf die beiden jungen Achtermann-Experten in ihrem Haus. Gedacht war eigentlich, sie speziell für Kinder- und Jugendführungen einzusetzen, aber auch Erwachsene sind interessiert, vom Museumsnachwuchs durch die Ausstellung geführt zu werden. „Und die Resonanz ist durchweg positiv“, freut sich Claudia Kienzle. Nach den Sommerferien sind weitere Termine mit Johannes oder Paul geplant. Kinder- und Jugendgruppen können zudem gesonderte Führungen vereinbaren. Der Eintritt ins Museum inklusive der Sonderausstellung ist frei, ebenso wie die Teilnahme an der Museumsführung, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Weitere Informationen gibt es auf der Internetseite des Museums. (Bericht: Christian Breuer, pbm)

Stifts-Museum Xanten: Das StiftsMuseum Xanten zeigt Zeugnisse der Geschichte von Dom, Viktorstift sowie der Geschichte der gesamten Region. International bedeutsame Reliquiengefäße, Altargeräte, Skulpturen, Gemälde und über 450 kunstvollen Textilien gehören zu den kostbaren Xantener Kirchenschätzen, die bis ins 5. Jahrhundert zurückgehen. Das Museum bewahrt auch den Nachlass Karl Leisners, die Tagebücher, seinen Kelch und das priesterliche Gewand, das er beim Weihe-Gottesdienst im KZ trug, dazu viele persönlichen Dinge, die von Leisners Familie dem Stiftsmuseum überlassen wurden. Historische Fotos und große Schautafeln berichten aus Leisners Leben und über den zeitlichen Kontext. Adresse: StiftsMuseum Xanten, Kapitel 21, 46509 Xanten, Internet: https://www.stiftsmuseum-xanten.de/

Aktuelle Ausstellung: Von Rom nach Xanten. Der Künstler Wilhelm Achtermann und das weiße Gold. Sonderausstellung, 02. April bis 25. September 2022. Führungen:

  • Sonntag, 31.07.2022 um 13 Uhr
  • Samstag, 06.08.2022 um 15.30 Uhr
  • Samstag, 20.08.2022 um 15.30 Uhr – mit den Jugendgästeführern
  • Donnerstag, 25.08.2022 um 12.30 Uhr – „Kunst in der Mittagspause“
  • Sonntag, 28.08.2022 um 13 Uhr
  • Samstag, 03.09.2022 um 15.30 Uhr – mit den Jugendgästeführern
  • Donnerstag, 08.09.2022 um 16 Uhr
  • Samstag, 24.09.2022 um 15.30 Uhr – mit den Jugendgästeführern
  • Sonntag, 25.09.2022 um 13 Uhr

Treffpunkt zu den Gästeführungen jeweils ab 15.30 Uhr ist das Museumsfoyer. Die Teilnahme ist kostenlos.

Xanten und sein Dom: Xanten ist Standort eines um 13/12 vor Christus errichteten Militärlagers „Vetera“, das nach 69/70 n. Chr. zum größten Legionslager nördlich der Alpen ausgebaut wurde und um 98 den Status einer Colonia erhielt. Nach der Blütezeit im 2. Jahrhundert und Aufgabe der „Colonia Ulpia Traiana“ entwickelte sich über frühchristlichen Märtyrergräbern eine Siedlung mit einer geweihten Kapelle. Aus ihr wurde das Stift „ad sanctos“, das dem Hl. Viktor geweiht wurde. Der Patron von Stadt und Dom soll als christlicher Legionär mit 330 weiteren Angehörigen der Thebäischen Legion im 4. Jahrhundert im Amphitheater Veteras hingerichtet worden sein. Weitere Heilige, die im Rheinland mit der Legion in Verbindung gebracht werden, sind der Hl. Gereon von Köln, Mallosus in Xanten, Gerebernus in Sonsbeck, Cassius und Florentius in Bonn und Mauritius in der Schweiz.

Die am Stift entstehende Siedlung fränkischer und friesischer Händler erhielt den Namen „Sanctos“, der über „Santen“ zu „Xanten“ wurde. Trotz der Einfälle der Wikinger konnte sich das unter kurkölnischer Herrschaft stehende Stift zur Stadt entwickeln: 1228 erhielt der Ort vom Kölner Erzbischof die Stadtrechte, 1263 wurde der Grundstein für den heutigen gotischen St. Viktor-Dom gelegt, das Grab des Patrons wurde Ziel von Wallfahrten. Öffentliche Umtragungen seiner Gebeine gehen auf das 12. Jahrhundert zurück: Die „Großen Viktortrachten“ mit dem rund 100 Kilo schweren Viktorschrein aus dem 12. Jahrhundert führten im zeitlichen Turnus von etwa 25 Jahren zu einer Zisterzienserinnenkloster an der legendenhaften Stätte des Martyriums am Fürstenberg. Zum jährlichen Patronatsfest werden die Reliquien des Hl. Viktor in einem kleinen Reliquiengefäß bei der „Kleinen Viktortracht“ durch die Stadt getragen. Die 1614 preußisch gewordene Stadt blieb über Jahrhunderte geistliches und wirtschaftliches Zentrum der Region.

Der 1936 durch Papst Pius XI. zur „Basilica Minor“ erhobene Dom wurde nach dem Krieg wieder aufgebaut. In Krypta des Domes entstand mit der Erweiterung 1966 eine Mahn- und Sühnestätte für die Opfer des nationalsozialistischen Terror-Regimes. Hier ruhen neben Urnen mit Asche aus den Konzentrationslagern Auschwitz, Bergen-Belsen und Dachau die sterblichen Überreste des seligen Karl Leisner, von Heinz Bello und Gerhard Storm – alle drei Märtyrer, die für ihren Glauben gestorben sind. Darüber hinaus befindet sich seit 2006 auch eine Reliquie des seligen Kardinals Clemens August von Galen in der Krypta unter der Altarinsel.

Adresse: Dom St. Viktor, Kapitel, 46509 Xanten, April bis Oktober, Samstag 11.00 Uhr, Dauer 60 Minuten, Kosten: 4,00 € pro Person ab 15 Jahre, Treffpunkt: Tourist Information. Internet: http://www.sankt-viktor-xanten.de/wallfahrer-gaeste/st-viktor-dom/, http://www.xantener-dom.de, Seite des Dombauvereins: www.xantener-dombauverein.de. Mehr: www.xanten.de.

Video: Dom St. Viktor aus der Vogelperspektive, Archäologisches Freilichtmuseum APX: Internet: http://www.apx.lvr.de, www.apx.de.

Sonntag, 31.07.2022