Notkirchen nach 1945: Friedensorte aus Ruinen

von Magnus Osterkamp

Sonntag, 29.04.2018

durch Bomben zerstörte Stadt 1945
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Die Stuttgarter Innenstadt nach einem britischen Luftangriff während des 2. Weltkriegs. (Foto: Royal Air Force / Imperial War Museum)

Nach dem 2. Weltkrieg glichen weite Teile Deutschlands einer Trümmerwüste. In vielen Städten hatten Bombenangriffe der Alliierten alles zerstört – auch viele Kirchengebäude. Als Ersatz wurden Notkirchen errichtet. Etliche davon stehen heute noch.

Zu ihnen gehört auch die Kirche an der Adamstraße in Köln-Mülheim. Am 19. Juni 1948 also gut drei Jahre nach Kriegsende – wurde ihr Grundstein gelegt, knapp drei Monate später feierte die Gemeinde bereits das Richtfest, und am 16. Januar 1949 wurde die Kirche dann offiziell ihrer Bestimmung übergeben. Die relativ kurze Bauzeit von nur einem halben Jahr hängt mit ihrer besonderen Konstruktion zusammen, die der Kirchenbaumeister Otto Bartning entwickelt hat.

Den Auftrag dazu erhielt er vom Lutherischen Weltbund, der nach Kriegsende beschloss, ein Notkirchenprogramm für Deutschland aufzulegen. Katrin Wienefeld schreibt dazu in einem Beitrag für die Zeitschrift der "Stiftung zur Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler in Deutschland" (Ausgabe 3/2017): "Otto Bartning wird beauftragt, den Prototyp einer Kirche zu entwerfen, die günstig und von Laien aufzubauen ist. Es wird eine Art Baukastensatz mit einfachsten Mitteln: Er besteht aus mehreren Holzpfeilern pro Seite und den Holzbindern, die sich abschrägen und die Dachlatten tragen. Sie werden in der Schweiz vorgefertigt und vor Ort aufgerichtet. Um die Räume zwischen den Pfeilern zu mauern, gibt es genügend Material: Trümmersteine, die zuhauf herumliegen. Die geniale Konstruktion bekommt den Namen »Bartning-Notkirche«."

Nach diesem Prinzip wurden zwischen 1948 und 1951 in ganz Deutschland insgesamt 44 Notkirchen errichtet. Davon stehen heute noch 42 ganz oder zumindest teilweise. Als besonders schön gelten die Friedenskirche in Dresden-Löbtau, die Matthäuskirche in Darmstadt und die Andreaskirche in Bremen. In Nordrhein-Westfalen findet man Bartning-Notkirchen außer in Köln auch noch in Essen, Wuppertal, Dortmund, Duisburg und Wesel. Mehr Infos unter www.otto-bartning.de

Sonntag, 29.04.2018