Liborius von Le Mans

von Christof Beckmann

Sonntag, 02.02.2020

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Im Bild: Der Bischof von Le Mans, Monseigneur Yves Le Saux (r.), und der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker beim Pontifikalamt in der Kathedrale von Le Mans. Foto: David Hesse / Erzbistum Paderborn

Seit Jahrhunderten pflegen sie die älteste nachweisbare Städtepartnerschaft der Welt: Das Erzbistum Paderborn sendet regelmäßig Delegationen ins französische Le Mans. Ein Blick auf die grenzenlose und völkerbindende Kirche...

INFO: Fast 1200 Jahre lang bauen inzwischen die beiden ersten Bischöfe von Le Mans, Julian und sein Nachfolger Liborius, eine Brücke über Grenzen hinweg: Am vergangenen Wochenende machte sich wie jedes Jahr eine Delegation aus dem Erzbistum Paderborn auf den Weg ins Partnerbistum nach Frankreich: Erzbischof Hans-Josef Becker, Prälat Thomas Dornseifer, 44 Mitglieder der „Deutsch-französischen St.-Liborius-Fraternität“ und 30 aus der Jugendabteilung der Fraternität unter Leitung von Jakob Jan Küchler, Vikar im Pastoralen Raum Meschede-Bestwig, reisten zum Hochfest des heiligen Julian in Le Mans. Dort wurden sie von der französische Fraternitäts-Jugendabteilung mit Vikar Marc Isnard empfangen. Auch eine Gruppe der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG) im Erzbistum Paderborn war dabei, um eine Kooperation mit den französischen Freunden auf den Weg zu bringen. „Wir wollen die alte Freundschaft nutzen, um neue Freundschaften zu knüpfen und damit einen Akzent gegen das Auseinanderbrechen des Zusammenhalts in Europa setzen“, erklärte Vikar Tobias Hasselmeyer, Diözesankurat der DPSG.

Zu den Höhepunkten der Reise zählte das Pontifikalamt zum Juliansfest in der großen gotischen Kathedrale der Stadt an der Sarthe. Hier legten Jugendliche ein Versprechen ab, sich im nächsten Jahr in verschiedenen Diensten zu engagieren. Erzbischof Hans-Josef Becker erinnerte daran, dass die Freundschaft zwischen beiden Diözesen alle dunklen Zeiten der deutsch-französischen Beziehung überdauert habe und damit ein Auftrag zum Frieden sei. Die Erfahrung des „Liebesbundes“ sei gerade in heutiger Zeit und im internationalen Kontext bedeutend, betonte auch sein französischer Amtsbruder Bischof Yves Le Saux, Nachfolger des heiligen Julian und des heiligen Liborius: „Kirche reduziert sich nicht nur auf einzelne Gruppen. Kirche verbindet alle Menschen, auch durch die Zeiten hindurch.“ Schon am Vorabend hatte Erzbischof Becker in der Kirche St. Thomas in La Flèche, einer Gemeinde rund 45 Kilometer südwestlich von Le Mans, ein engagiertes Plädoyer für den Frieden gehalten: „Als Christen gehen wir davon aus, dass alle Menschen Abbilder Gottes sind“, betonte der Paderborner Oberhirte in seiner Predigt. Europa wandle sich, aber Christen müssten keine Angst vor der Zukunft haben: „Wir wollen darum bitten, dass Europa eine Geschichte von Frieden, Wohlstand und Freiheit bleibt, ein Europa, das die Würde jedes einzelnen achtet.“

Die 44 Mitglieder der Fraternität besuchten auf der Hinreise die Kirche Sacré Coeur in Paris und informierten sich über den Brand der Kathedrale Notre Dame. Der Rückweg nach Deutschland führte beide Gruppen der Fraternität über Chartres, wo Abbé Franz Stock beerdigt ist: Der aus dem Erzbistum Paderborn stammende Priester wirkte während der deutschen Besatzung Frankreichs im Zweiten Weltkrieg als Seelsorger in Paris und gilt als einer der Wegbereiter der deutsch-französischen Aussöhnung.

Heiliger Julian: Der heilige Julian (frz. Saint Julien du Mans) war von 301 bis zu seinem Tod im Jahr 348 erster Bischof der Diözese Le Mans. Sein Gedenktag ist der 27. Januar. Vor der Zeit als Bischof war er wohl als Missionar im Gebiet zwischen Tours und Le Mans tätig. Die Basilika über seinem Grab wurde erstmals 619 erwähnt, seine Reliquien wurden im Jahr 835 in die Kathedrale von Le Mans überführt. Seit 1158 ist er Schutzpatron von Bistum und Kathedrale. 1243 gelangten Reliquien des heiligen Julian nach Paderborn und werden heute im Reliquienretabel im Hochchor des Paderborner Domes aufbewahrt. Größere Julians-Darstellungen befinden sich im Chorgestühl und am Paradiesportal des Hohen Domes zu Paderborn.

Heiliger Liborius: Liborius, der Nachfolger Julians, wurde im 4. Jahrhundert vermutlich in der römischen Provinz Gallien Frankreich geboren und 348 Bischof von Le Mans. Er baute Kirchen und Klöster, förderte den Glauben in seinem Bistum und war mit dem Hl. Martin von Tours befreundet. Martin besuchte ihn in Le Mans und bestattete in nach seinem Tod am 9. Juni 397 in Le Man, wo Liborius schon frühzeitig als Heiliger verehrt wurde. Unter Kaiser Ludwig dem Frommen kamen Gebeine auch in die Bischofsstadt Paderborn. 836 wurden sie in Le Mans den Boten des Paderborner Bischofs Badurad (815–862) übergeben – der Beginn der bis heute bestehenden Verbindung zwischen den Diözesen. Auf dem Heimweg flog der Paderborner Gesandtschaft, die an einem 23. Juli die Stadt erreicht haben soll, der Sage nach ein Pfau voran. Sein „Wappentier“ ist auch Wahrzeichen des Liborifestes, einem der größten und ältesten Volksfeste Deutschlands. Paderborns fünfte Jahreszeit ist mit mehr als einer Million Gästen eine Mischung aus Kirche, Kirmes und Kultur. Mehr: www.erzbistum-paderborn.de, https://www.paderborn.de/microsite/libori/

Deutsch-französische St. Liborius-Fraternität: Um die Verbindung der Bistümer Le Mans und Paderborn auf der Ebene der Priesterschaft zu verlebendigen, wurde 1960 von deutschen und französischen Priestern die Deutsch-französische St. Liborius-Fraternität gegründet. Sie steht allen Gläubigen offen und zählt auf deutscher Seite 200 Priester und 20 Laien, in Frankreich sind es 80 Mitglieder.

St.-Liborius-Medaille für Einheit und Frieden: 1977 stiftete der damalige Erzbischof Johannes Joachim Degenhardt anlässlich der ersten direkten Wahlen zum Europäischen Parlament die St.-Liborius-Medaille für Einheit und Frieden. Sie wird alle fünf Jahre an bedeutende Persönlichkeiten verliehen, die sich auf christlicher Grundlage um die friedliche Einheit Europas verdient gemacht haben.

Unsere Gesprächspartner:

Erzbischof Hans-Josef Becker, Jg. 1948, stammt aus Warstein-Belecke und beendete nach dem Abitur 1967 in Rüthen ein Lehramtsstudium für Grund- und Hauptschulen. Nach Referendariat und zweiter Staatsprüfung nahm er das Studium der Theologie und Philosophie in Paderborn und München auf, wurde am 11. Juni 1977 zum Priester geweiht, war Kaplan an der Mindener Dompfarrei St. Gorgonius und Petrus und St. Bonifatius Paderborn, Pfarrer und Dechant in St. Nikolaus Lippstadt, ab 1995 Leiter der Zentralabteilung Pastorales Personal im Erzbischöflichen Generalvikariat. Der Päpstlichen Ehrenprälat wurde 2000 zum Titularbischof von Vina und Weihbischof in Paderborn ernannt, war Bischofsvikar für Priesterfortbildung, 2002 Domkapitular, Diözesanadministrator und wurde 2003 Erzbischof von Paderborn. Seit 2006 ist Erzbischof Becker Vorsitzender der Kommission VII (Erziehung und Schule) der Deutschen Bischofskonferenz sowie in die „Gemeinsame Konferenz“ von Deutscher Bischofskonferenz und Zentralkomitee der deutschen Katholiken. „Auf dein Wort hin“ lautet sein Wahlspruch, der aus dem Lukas-Evangelium stammt (Lk 5,5) ist. Mehr: www.erzbistum-paderborn.de.

Bischof Yves Le Saux, geboren 1960 in Hennebont / Frankreich, ist Bischof von Le Mans. Yves Le Saux wurde 1986 als Mitglied der Gemeinschaft Emmanuel für das Bistum Autun zum Priester geweiht. Seit 2002 war er für alle Priester und Seminaristen der Gemeinschaft Emmanuel verantwortlich. Am 21. November 2008 wurde er zum Bischof von Le Mans ernannt und am 25. Januar 2009 durch Erzbischof André Armand Kardinal Vingt-Trois geweiht. Das Bistum Le Mans, im 5. Jahrhundert gegründet, zählt rund 530.000 Einwohner, mehr als 70 Prozent sind katholisch. Mehr im Internet: www.dioceselemans.com.

Sonntag, 02.02.2020