Laurentius: Bis zu den Sternen
Sonntag, 10.08.2025

Laurentiusbüste in Mönchengladbach, Propst em. Albert Damblon / Collage KIP
Was ist denn das für ein komischer Heiliger? Zu seinem Fest steigen sie aufs Riesenrad und kaufen Zuckerwatte, treffen sich zum Kochen und Grillen, gucken Sternschnuppen … Dieser Laurentius ist überall, auch in Mönchengladbach …
INFO: Von Aachen-Laurensberg, über Mondorf, Bergisch-Gladbach, Mönchengladbach bis nach Elberfeld-Wuppertal, überall auf der ganzen Welt feiern sie an diesem Wochenende Laurentius von Rom. Den Mann mit dem Gitterrost, auf dem er zu Tode kam: Laurentius, den Erzmärtyrer, auf den sich alle möglichen Berufe verlassen haben: Die Köche vor allem, die Leute mit Hexenschuss, aber auch die Brauer.
Der Gedenktag des frühchristlichen Glaubenszeugen steht am 10. August auf dem Kirchenkalender. Der vermutlich in Spanien geborene Laurentius soll zur Zeit von Papst Sixtus II. an einem 10. August im Jahr 258 in Rom auf einem glühenden Rost zu Tode gefoltert worden sein. Er gilt als einer der sieben Diakone in Rom und war zuständig für die kirchlichen Finanzen und für die Armenfürsorge. Als er vor Gericht gestellt wurde, verlangte Kaiser Valerian die Herausgabe der kirchlichen Güter. Vergeblich – Laurentius wies auf die Armen hin und nannte sie die wahren „Schätze der Kirche“. Auf einem glühenden Eisenrost gefoltert, wurde er hingerichtet und schnell einer der meistverehrten Heiligen. Kaiser Konstantin ließ 330 über seinem Grab an der Via Tiburtina die Kirche S. Lorenzo fuori le mura bauen, die zu den sieben Haupt- und Pilgerkirchen von Rom zählt. Hier ruhen seine Gebeine in der Krypta gemeinsam mit denen des Stephanus in einem antiken Sarkophag - beide gelten als die „Erzmärtyrer“.
Nördlich der Alpen verbreitete sich die Verehrung von Laurentius spätestens nach dem Sieg Kaiser Ottos I. über die Ungarn, die er am Laurentiustag 955 in der Schlacht auf dem Lechfeld bei Augsburg schlug. Und eine weitere Geschichte ist für unsere Breitengrade ebenfalls interessant: Denn sein Kopfreliquiar galt bis zum Ausgang des Mittelalters als eine der kostbarsten Reliquien in Mönchengladbach, das auf ein in karolingischer Zeit entstandenes Benediktinerkloster zurückgeht. Dass die Kopfreliquie üblicherweise jedes Jahr am 10. August auch in Rom auf einem Seitenaltar der kleinen Kirche der hl. Anna rechts neben den Kolonnaden des Petersplatzes gezeigt wird, hält die Rheinländer nicht davon ab, sie ebenfalls zu zeigen. Laurentius ist der Patron der Armen, weil er als Diakon für die Armen zu sorgen hatte, die er als den wahren Schatz der Kirche ansah; Patron der Bibliothekare, weil er die Kirchenbücher zu verwalten hatte; Patron der Feuerwehrleute, der Köche, Glasbläser, Köhler und ähnlicher Berufe, die mit dem Feuer zu tun haben, weil er auf einem glühenden Rost gebraten wurde. HIER MEHR: Hl. Laurentius
Sternschnuppen-Regen: Da jährlich um den Gedenktag des Heiligen im August der Sternschnuppenschwarm der Perseiden auftritt, wurde diese Himmelserscheinung auch als „Laurentiustränen“ bezeichnet. Grund für das astronomische Phänomen ist eine besondere himmlische Konstellation: Wenn die Erde auf ihrem Weg um die Sonne die Bahn des Kometen 109P/Swift-Tuttle durchquert, sausen viele Trümmer des Kometen mit rund 60 Stundenkilometern in die Erdatmosphäre und verglühen in 80 bis 300 Kilometer Höhe durch die Reibungshitze. Die Perspektive täuscht zwar, aber da alle Sternschnuppen von einem Punkt im Sternbild Perseus herzukommen scheinen, hat sich für sie der Name „Perseiden“ eingebürgert. Die Sternschnuppen erreichen ihr Maximum am Nachmittag des 12. August, am besten zu sehen in den frühen Morgenstunden des 12. und 13. August. Dabei sind 20 bis 30 Meteore je Stunde zu erwarten. Die Wettervorhersagen versprechen für das Wochenende klare Nächte, doch in diesem Jahr könnte der noch volle Mond ein Spielverderber sein: Er geht schon vor zehn Uhr abends auf und erschwert mit seinem hellen Licht den Blick auf den Sternschnuppen-Regen, wie die Experten des Internetportals www.leoniden.net prognostizieren. Zudem sei 2025 mit einer eher unterdurchschnittlichen Menge an Sternschnuppen zu rechnen. Mehr: https://www.leoniden.net/perseiden.htm.
Buchtipp: Albert Damblon: Feuer und Flamme. Legende von Laurentius, mit einem Beitrag von Prof. Dr. Michael Bachmann (Universität Siegen), 192 Seiten, 25 Abbildungen, B. Kühlen Verlag Mönchengladbach 2025: 16,80 €, ISBN 978-3-87448-593-7.
„Reliquien sind mehr als Restposten einer überholten Vergangenheit. Sie erzählen Geschichten, die bis heute Gültigkeit besitzen. Dabei stellt sich in erster Linie nicht die Frage nach der historischen Wahrheit. Das Münster St. Vitus, Mönchengladbach, bewahrt angeblich einen Schädelknochen des Heiligen Laurentius auf. Nicht das unscheinbare Teil ist verehrungswürdig, sondern die dahinterstehende Geschichte eines Menschen, der in seinem Leben Standpunkt bewiesen hat. Er widerstand der Bedrohung durch eine autoritäre Staatsmacht, indem er den Machtlosen seiner Zeit die Anerkennung zollte, die ihnen gebührte. Menschen kann man verbrennen, nicht aber seine Ideen. In einem Gespräch beleuchtet das Buch das Geheimnis seines Lebens. Insofern ist es aktuell, weil es eindeutig vor den Gefahren diktatorischer Macht warnt und selbst die Kirche in die Pflicht nimmt, die Würde des Menschen zu wahren und zu achten."
Der Autor: Pfarrer Dr. theol. Albert Damblon, Jahrgang 1947, Dr. theol., geboren 1947 in Aachen; 1979-1984 Pfarrer in der Eifel; 1980-1995 Dozent für Homiletik am Priesterseminar Aachen, 1985-1995 Dozent für Homiletik am Studienhaus Lantershofen; gleichzeitig seit 1984 Pfarrer in Mönchengladbach, 1998-2008 Regionaldekan in Mönchengladbach und 2003-2014 Propst der örtlichen Pfarre St. Vitus mit der Münster-Basilika.
Benediktinerabtei Gladbach und Münsterkirche: Die im 11. Jahrhundert von einem unbekannten Mönch verfasste Gladbacher Gründungsgeschichte berichtet, dass Erzbischof Gero von Köln um 974 nach seiner Rückkehr aus Konstantinopel auf dem Gladbacher Hügel eine Abtei gründete. Er stellte sie unter den Schutz des Heiligen Geistes, der Gottesmutter Maria sowie des Märtyrers Vitus. Das auf eine um 800 gebaute ältere Kirche zurückgehende Münster St. Vitus, zwischen 1024 und 1067 erweitert, war bis zur Auflösung der Benediktinerabtei Gladbach im Jahr 1802 die Abteikirche.
Unter Abt Sandrad wurde die neue Abtei Gladbach mit einem bedeutenden Reliquienschatz ausgestattet, der erstmals um 1275 schriftlich dokumentiert wurde. Es handelt sich u.a. um ein Stück Stoff, das als Teil vom Tischtuch des Abendmahlssaales gilt, sowie um ein Stück, das als Teil des Purpurmantels Jesu verehrt wurde, verschiedene Bruchstücke von Geschirren, die beim Abendmahl verwendet worden sein sollen. Hinzu kommen Textilien, die als Teile von Gewändern Mariens und des Evangelisten Johannes bezeichnet werden. Eine wichtige Rolle spielt auch das so genannte Haupt des hl. Laurentius, ein großes Stück von einer menschlichen Schädeldecke, das im 15. Jahrhundert zum ersten Mal schriftlich erwähnt wird. Ende des 16. Jahrhunderts entbrannte um diese Reliquie ein heftiger Streit mit König Philipp II. von Spanien, der nahe bei Madrid den „Escorial“ als Kirche, Kloster, Palast und Grabmal baute und dem hl. Laurentius weihte. Doch trotz päpstlicher Unterstützung gelang es dem König nicht, die Reliquie aus Gladbach zu erhalten, weil die Äbte ihren Schatz verteidigten.
Die jährliche öffentliche Zeigung der Heiligtümer ist 1456 bezeugt, 1594 ist für das Münster von einem siebenjährigen Rhythmus die Rede. 1797 fand die Heiligtumsfahrt zum letzten Mal statt: 1802 löste die Säkularisation das Kloster auf und die Reliquien wurden erst 1804 wieder in das Münster gebracht und 1824 gezeigt. 1867 nahm man mit erzbischöflicher Erlaubnis die Tradition der Heiligtumsfahrt wieder auf, Schritt für Schritt begann die Neubeschaffung kostbarer Behältnisse (Abendmahlsschein, Büste des hl. Vitus, Laurentiusbüste). Bis 1937 fand die Heiligtumsfahrt in siebenjährigem Turnus statt, 1944 legten die Bomben das Münster in Trümmer. Ab 1951 gab es wieder eine Heiligtumsfahrt. 1974 wurde die Kirche von Papst Paul VI. anlässlich des 84. Deutschen Katholikentages in Mönchengladbach und der 1000-Jahr-Feier der Abteigründung zur päpstlichen Basilica minor erhoben.
Pfarrbüro Sankt Vitus, Abteistr. 37, 41061 Mönchengladbach, Tel. 02161 46 233 22, 02161 46 233 200, E-Mail: buero@pfarre-sankt-vitus.de, Öffnungszeiten: Montag: 09.00 - 12.00 Uhr, Dienstag: 09.00 - 12.00 Uhr, Mittwoch: 09.00 - 12.00 Uhr, Donnerstag: 09.00 - 12.00 Uhr, Freitag: geschlossen. Öffnungszeiten Münster: Dienstag bis Freitag 10.00 - 18.00 Uhr. Montags bleibt das Münster geschlossen, samstags und sonntags ist das Münster zu den Gottesdienstzeiten geöffnet (samstags um 18:15 Uhr und sonntags um 11 Uhr).