Kirche im Urlaub: Besuch in Eckernförde

von Stefan Klinkhammer

Sonntag, 17.07.2022

Tourismusseelsorger Georg Hillenkamp - Bildquelle: Erzbistum Hamburg / M. Chwalek
Beitrag anhören

Tourismusseelsorger Georg Hillenkamp - Bildquelle: Erzbistum Hamburg / M. Chwalek

An der Nord- und Ostsee gibt es nicht nur Strand und Meer zu entdecken – sondern auch jede Menge spannender Kirchen. In Eckernförde werden vom katholischen Tourismusseelsorger extra Touren für Urlauber angeboten...

INFO: Urlauberseelsorge in der Region Eckernförde: Gemeindereferent Georg Hillenkamp ist in der Region Eckenförde mit der Urlauberseelsorge beauftragt. Ökumenisch verbunden beteiligen sich Gemeindemitglieder aus St. Peter und Paul in den Angeboten der Schäferwagenkirche des ev. Kirchenkreises. Hier sind Einheimische wie Urlauber eingeladen, die Schäferwagenkirche am Eckernförder Strand kennenzulernen, zu besuchen und natürlich am Programmangebot teilzunehmen …

Das genaue Programm für 2022 steht hier: https://www.kkre.de/fileadmin/download/Tourismuskirche/Schaewaki_quadratisch_neu.pdf

Tourismusprojekt „Kirche ERFAHREN“ in Eckernförde und Umgebung
Die katholische Pfarrei Sankt Ansgar  (Eckernförde) will den Besuchern der Region, aber auch allen anderen Interessierten, die Kirchen in der näheren Umgebung von Eckernförde näherbringen. Da gibt es viel zu erzählen und zu zeigen. Die angemeldeten Teilnehmer können die Kirchen besichtigen und erfahren viel über ihre Entstehung und Bedeutung. Aber es werden auch manche „Geschichten in der Geschichte“ zu Gehör kommen. Start ist am Dienstag, den 7. Juni und dann jeden folgenden Dienstag.
Kontakt: Tourismusseelsorger Georg Hillenkamp, Tel.: 0170 / 3648699, Mail: hillenkamp@pfarrei-sankt-ansgar.d, Internet: www.pfarrei-sankt-ansgar.de

„Die Kirchenkrise ist bei uns am Strand angekommen“
Mit Nordrhein-Westfalen ist das erste Bundesland in die Sommerferien gestartet, die Strände von Nord- und Ostsee sind voll mit Urlaubern. Die Kirchen sind an vielen Ferienorten mit eigenen Angeboten präsent. Seelsorger bieten Strandgebete, Morgenandachten und meditative Spaziergänge an. Zugleich haben sie ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Gäste.

Am Strand des Ostseebads Eckernförde etwa feiert der katholische Seelsorger Georg Hillenkamp zusammen mit seinen evangelischen Kollegen jeden zweiten Freitag einen Gottesdienst. Dafür steht ein zur Kirche umgebauter Schäferwagen aus Holz bereit. Einmal in der Woche bietet er zudem einen spirituellen Spaziergang sowie Kirchenführungen an.

„Urlaub ist eine Auszeit, aber auch eine Stresszeit, weil die Rollen nicht mehr klar sind“, sagt Hillenkamp. Genau da setze die Arbeit der Tourismusseelsorge an. „Die Leute kommen und erzählen uns die intimsten Geschichten, weil sie wissen, dass sie uns nach ihrem Urlaub nie wieder sehen werden.“ Ein Pfarrgemeinderatsvorsitzender habe ihm etwa von seinen Glaubenszweifeln erzählt. Andere hätten von ihren Sorgen angesichts des Ukraine-Kriegs und der Klimakrise berichtet. „Es gibt ein ganz großes Bedürfnis nach Trost.“

Zugleich bekommt er auch den zunehmenden Frust über die Institution Kirche und den Missbrauchsskandal zu spüren. „Die Kirchenkrise ist bei uns am Strand angekommen.“ Immer wieder erlebt Hillenkamp, dass er als Kirchenvertreter beschimpft wird. Aber auch verzweifelte Kirchenmitglieder kommen zu ihm und schütten ihm ihr Herz aus. So habe ihm eine Lehrerin einer katholischen Schule in Köln erzählt, dass sie sich von der Kirche verraten fühle. Auch Betroffene von sexuellem Missbrauch hätten sich ihm bereits am Strand anvertraut. Daraus habe sich vereinzelt eine längere Begleitung ergeben. In allen Fällen versucht Hillenkamp, nichts schön zu reden oder die Kirche zu verteidigen. „Ich höre einfach zu.“

Ganz ähnlich erlebt das seine evangelische Kollegin Andrea Streubier im Nordseeort Sankt Peter-Ording. Zugleich sieht die Diakonin die Angebote der Tourismuspastoral als Chance, die Kirche von ihrer positiven Seite zu zeigen. „Ich merke ganz deutlich: Der Hunger nach Andacht und Spiritualität ist riesig.“ Sie und ihr Team bieten immer mittwochs „Sonnenuntergangsgedanken am Südstrand“ an. Donnerstags um fünf vor zwölf gibt es unter dem Titel „Anker für die Seele“ ein Mittagsgebet an einem Kirchenschiff am Ordinger Strand. Weiter stehen „Kirchen-Entdecker-Touren“ auf dem Programm, bei denen Texte vorgelesen und Musik gespielt wird. „Anders als bei klassischen Kirchenführungen laden wir die Menschen ein, unsere Kirchen mit Herz und Hand zu erkunden“, so Streubier.

Etwas weiter nördlich, auf den nordfriesischen Inseln Sylt, Amrum und Föhr, leitet die katholische Seelsorgerin Ute Große Harmann regelmäßig Morgen- oder Mittagsimpulse, Andachten und meditative Spaziergänge. In ihren Gesprächen mit den Urlaubern spielen (kirchen)politische Themen weniger eine Rolle. Im Mittelpunkt steht eher Persönliches - „vom Smalltalk bis zur Trauerbegleitung“. Auch gebe es immer mehr Alleinreisende, die das Gespräch suchten, sagt Große Harmann. „Manchmal setze ich mich einfach in eine unserer Kirchen oder an den Strand, und die Menschen kommen.“

Im ostfriesischen Norddeich feiert die katholische „Seelsorge am Meer“ des Bistums Osnabrück in diesem Jahr erstmals einen Gottesdienst für Menschen und ihre Haustiere. Darüber hinaus gibt es in einer Kirche in Norden sowie an einem Kirchenstrandkorb in Norddeich eine „Tüte Urlaub“ zum Mitnehmen. Darin sind zum Beispiel Bastelideen oder Bibelgeschichten enthalten.

„Die Leute wollen im Urlaub nicht nur betüddelt werden, sondern beschäftigen sich durchaus mit ernsthaften Dingen“, berichtet Seelsorgerin Natalia Löster auf der Internetseite des Bistums Osnabrück. Wichtig finde sie aber, solche Themen nicht zu erzwingen, sondern sie einfach passieren zu lassen - auch bei zufälligen Begegnungen. Dass die Urlauberseelsorge sich für solche „Tür-und-Angel-Gespräche“ Zeit nehme, „haben wir vielleicht anderen Anbietern voraus“.
Von Michael Althaus (KNA)

Sonntag, 17.07.2022