Karlspreis für Papst Franziskus

von Dr. Christof M. Beckmann

Sonntag, 24.04.2016

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Anders als sonst wird der renommierte Internationale Karlspreis der Stadt Aachen für besondere Verdienste um Europa an Christi Himmelfahrt in diesem Jahr nicht in der alten Kaiserstadt verliehen, sondern am 6. Mai im Vatikan: An Papst Franziskus ...

INFO: Nach dem Karlspreis 2004 an Papst Johannes Paul II. wird mit dem 58. Preisträger Papst Franziskus zum zweiten Mal ein Kirchenoberhaupt als großer Europäer geehrt. Er setze den Rückschlägen und dem dramatischen Vertrauensverlust in der Europäischen Union eine „Botschaft der Hoffnung“ entgegen, so die Begründung für den Preis, der am Freitag, 6. Mai. in der Sala Regia im Vatikanischen Palast überreicht wird.

Bereits bei seiner Rede am 25. November 2014 vor dem Europaparlament in Straßburg hatte Papstz Franziskus massiv dafür geworben, zu den Überzeugungen der Gründungsväter der Europäischen Union zurückzukehren, „die sich eine Zukunft wünschten, die auf der Fähigkeit basiert, gemeinsam zu arbeiten, um die Teilungen zu überwinden und den Frieden und die Gemeinschaft unter allen Völkern des Kontinentes zu fördern“ und gefordert „eine Kultur der Menschenrechte zu vertiefen, die weise die individuelle, oder besser die persönliche Dimension mit der des Gemeinwohls“ verbinde.

Der Vorsitzende des Karlspreis-Direktoriums, Jürgen Linden erklärte: „In einer Zeit, in der die Europäische Union vor der bislang größten Herausforderung des 21. Jahrhunderts steht, ist es der Papst 'vom anderen Ende der Welt', der Millionen Europäern Orientierung gibt“. Der Aachener Oberbürgermeister Marcel Philipp (CDU) würdigte Franziskus als „Stimme des Gewissens“. In der Begründung heißt es: „Indes ist unübersehbar, dass die Europäische Union in den zurückliegenden sieben Jahren Schwächen, Krisen und Rückschläge erlebt hat, die heute viele Errungenschaften des Integrationsprozesses in den Hintergrund drängen und die vor allem eines zur Folge haben: einen dramatischen Vertrauensverlust. In dieser Zeit, in der viele Bürgerinnen und Bürger in Europa Orientierung suchen, sendet Seine Heiligkeit Papst Franziskus eine Botschaft der Hoffnung und der Ermutigung aus.“

Der Internationale Karlspreis: Der 1950 erstmals vergebene Internationale Karlspreis zu Aachen ist eine der wichtigsten europäischen Auszeichnungen. Er ist der älteste und bekannteste Preis, mit dem Persönlichkeiten oder Institutionen ausgezeichnet werden, die sich um Europa und die europäische Einigung verdient gemacht haben. Der undotierte Preis besteht neben einer Urkunde aus einer Medaille, die auf der Vorderseite das älteste Aachener Stadtsiegel aus dem 12. Jahrhundert mit dem thronenden Karl dem Großen und auf der Rückseite eine Inschrift für den jeweiligen Preisträger zeigt. Zu den früheren Trägern gehören Robert Schuman, Konrad Adenauer, Francois Mitterand, der spanische König Juan Carlos I., Helmut Kohl, Vaclav Havel, Bill Clinton, Angela Merkel, Donald Tusk sowie im vergangenen Jahr EU-Parlamentspräsident Martin Schulz. 2004 erhielt Papst Johannes Paul II. einen Außerordentlichen Karlspreis. Die Auszeichnung wird traditionell am Christi Himmelfahrtstag im Krönungssaal des Aachener Rathauses im Rahmen eines Festaktes überreicht.
Die so genannte Proklamation von 1949 ist bis heute geistiges Fundament des Karlspreises, der aus der Aachener Bürgerschaft heraus entstand: „Der Karlspreis wirkt in die Zukunft, er birgt gleichsam eine Verpflichtung in sich, aber eine Verpflichtung von höchstem ethischem Gehalt. Er zielt auf freiwilligen Zusammenschluss der europäischen Völker, um in neu gewonnener Stärke die höchsten irdischen Güter – Freiheit, Menschlichkeit und Frieden – zu verteidigen, den unterdrückten und Not leidenden Völkern wirksam zu helfen und die Zukunft der Kinder und Enkel zu sichern.“
Mehr: www.karlspreis.de.

Der Namensgeber des Preises: Karl I., „der Große” (742-814) übernahm nach dem Tod seines Vaters Pippin des Kleinen 768 als König der Franken Titel und Regierung gemeinsam mit seinem Bruder Karlmann und nach dessen Tod 771 die Alleinherrschaft. Er bestätigte dem aus Rom geflohenen Papst Leo III. die Herrschaft über den Kirchenstaat und wurde am 25. Dezember 800 in Rom durch Papst Leo zum Kaiser gekrönt. Karl starb am 28. Januar 814 in Aachen, wo er in seiner Pfalzkapelle beigesetzt wurde. Kaiser Friedrich Barbarossas erreichte 1165 die Heiligsprechung Karls unter Billigung von Gegenpapst Paschalis III.; seit 1176 wird die Verehrung geduldet: sie ist offiziell „gestattet, nicht anerkannt”, er ist deshalb nicht im Martyrologium Romanum verzeichnet. Buchtipp: Karl der Große. Leben und Wirkung, Kunst und Architektur, hg. v. Michael Imhof, Christoph Winterer, 240 Seiten, 360 Farb- und 15 S/W-Abbildungen, Broschur, 2. Auflage als Sonderausgabe, Michael Imhof Verlag, Petersberg 2013 (1. Aufl. 2005), ISBN 978-3-932526-61-9, Euro 14,95. 

Aachener Domschatzkammer zeigt Ausstellung zum Karlspreis 2016: Zur Karlspreisverleihung 2016 an Papst Franziskus präsentiert das Domkapitel in Chorhalle und Schatzkammer des aus Karls Pfalzkapelle hervorgegangenen Aachener Domes die Sonderausstellung „Rom und Aachen - Kaiser, Könige und Päpste in Schenkungen und Dokumenten.“ Im Mittelpunkt stehen die päpstlichen Kontakte zu Aachen und die Erinnerung an alle Könige, die nach Rom zogen, um vom Papst gekrönt zu werden. Der Aachener Dom, zwischen 936-1531 Krönungsort von 32 deutschen Königen, wurde mit dem dazugehörigen Domschatz 1978 als erstes deutsches Kulturdenkmal in die Unesco-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.
Bis zum 10. Juli sind Paramente aus der Schatzkammer und Urkunden aus dem Domarchiv zu sehen, unter anderem der kostbare und bis in die jüngste Zeit bei Fronleichnamsprozessionen benutzte Josephinische Ornat von Kaiser Joseph I., dazu Bekleidungen für Priester, Diakone und Subdiakone, Lesepultdecken, Tragehimmel, Wandteppiche und sogar Kleider für das Gnadenbild des Domes. Zu sehen gibt es ebenfalls zahlreiche besonders sehenswerte Stücke aus dem Schriftverkehr von Päpsten mit Kaisern und Königinnen. Öffnungszeiten der Domschatzkammer und der Chorhalle des Aachener Doms: Montag von 10-13 Uhr, Dienstag bis Sonntag von 10-18 Uhr, Eintritt zur Schatzkammer: 5 Euro, ermäßigt 4 Euro, Familien 10 Euro. Der Zugang zur Chorhalle ist frei. Mehr zur Ausstellung: https://www.aachenerdom.de/

Sonntag, 24.04.2016