Kältehilfe: Johanniter und ASB versorgen Obdachlose

von Janka Hardenacke

Sonntag, 15.12.2019

Helfer in Uniform vor einem Zelt
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Am 24. Januar 2019 kam die mobile Kältehilfe von ASB und Johannitern das erste Mal zum Einsatz - bei Nachttemperaturen von bis zu Minus 10 Grad. ( Foto: Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. - Sebastian Thiemann)

Bundesweit sind derzeit gut 50.000 Menschen obdachlos. Sie leben buchstäblich auf der Straße. Das ist ohnehin schon hart, aber wenn im Winter die Temperaturen bis in den Minusbereich fallen, kann es sogar lebensgefährlich werden – vor allem nachts.

In Münster gibt es deshalb seit einem Jahr eine mobile Kältehilfe. Hinter diesem sperrigen Begriff verbirgt sich schlicht und einfach ein beheiztes Zelt, das bei Bedarf an der Engelenschanze in Münster aufgebaut wird. Die Johanniter-Unfall-Hilfe und der Arbeiter-Samariter-Bund haben das Projekt im vergangenen Winter spontan ins Leben gerufen. Als Anlaufstelle für Menschen ohne Obdach, damit sie sich in den Nachtstunden aufwärmen können.

Wenn die Temperaturen in zwei aufeinanderfolgenden Nächten unter die Null-Grad-Grenze fallen, rückt die mobile Kältehilfe aus, erklärt Carsten März von den Johannitern: "Wenn wir in eine zweite Nacht mit unter null Grad kommen, akquirieren wir über E-Mails, über Anrufe unsere Helfer. Wir versammeln uns dann, je nach dem wo man so wohnt, entweder in der Nähe des Fahrzeugs, wo die Materialien drauf verladen sind oder eben direkt an der Engelenschanze. Dort wird dann das Zelt aufgebaut, es wird eingerichtet mit Licht, mit der Heizung und Ähnlichem und dann stehen wir dort bereit."

Von 10 Uhr abends bis morgens um 6 bieten die Helfer heiße Getränke und ein warmes Essen an. Wie viele Menschen in Münster obdachlos sind, wird statistisch nicht erfasst. Ihre Zahl dürfte im zweistelligen Bereich liegen. Aber nicht alle nutzen die Notunterkünfte der Stadt – zum Beispiel weil dort keine Hunde erlaubt sind. In solchen Fällen ist die mobile Kältehilfe eine willkommene Alternative. Sie versteht sich als ergänzendes, niedrigschwelliges Angebot zu den stationären Anlaufstellen.

Die Johanniter-Unfall-Hilfe ist Teil des evangelischen Johanniterordens. Dessen Anfänge liegen im Dunkeln. Nach den Quellen gründeten Kaufleute aus Amalfi zwischen 1048 und 1071 in Jerusalem ein Johannes dem Täufer geweihtes Hospital für arme und kranke Pilger, das eine Laienbruderschaft leitete und der sich christliche Ritter nach ihrem Einzug in Jerusalem 1099 anschlossen. Die päpstliche Anerkennung als Orden wurde 1113 durch Papst Paschalis II. erteilt.

Die Balley Brandenburg erhielt im Jahre 1382 mit dem Vertrag von Heimbach eine Sonderstellung im Orden. Aus dieser Balley entwickelte sich der evangelische Johanniterorden, während der verbleibende Orden heute als katholischer Malteserorden bekannt ist. Zielsetzung der Johanniter ist es seit 900 Jahren, Kranke zu pflegen, sich der Schwachen anzunehmen und für den christlichen Glauben einzustehen. Im Sinne des durch die Reformation neu erschlossenen Evangeliums Jesu Christi wollen Johanniter dort tätig sein, wo die Not des Nächsten auf tätige Liebe wartet und Angefochtene des Zeugnisses des Glaubens bedürfen. Dementsprechend sind die Johanniter heute im Rettungsdienst, beim Katastrophenschutz, bei der Erste-Hilfe-Ausbildung und im Hospizdienst aktiv. Außerdem sind sie Träger einer Reihe von Krankenhäusern und Alteneinrichtungen.

Eine Kältehilfe für Obdachlose gibt es nicht nur in Münster, sondern auch an vielen weiteren Orten - meist organisiert von Kirchen, Kommunen und Wohlfahrtsverbänden. In Städten wie Hamburg, Solingen oder Berlin sind während der Wintermonate sogenannte "Kältebusse" unterwegs. Sie steuern gezielt Obdachlose und ihre Treffpunkte an, versorgen die Menschen mit heißen Mahlzeiten und Getränken und informieren über Notschlafstellen und andere geschützte Übernachtungsmöglichkeiten. In Bremen machen Streetworker regelmäßige Rundgänge durch die Innenstadt und die Bahnhofsvorstadt. Bei Bedarf verteilen sie Isomatten, Schlafsäcke, Thermounterwäsche und Winterschuhe.

Auch in vielen anderen Orten bieten Kirchen, Kommunen und Wohlfahrtsverbände den Obdachlosen Hilfen an. In Städten wie Hamburg, Solingen oder Berlin sind während der Wintermonate sogenannte "Kältebusse" unterwegs. Sie steuern gezielt Obdachlose und ihre Treffpunkte an, versorgen die Menschen mit heißen Mahlzeiten und Getränken und informieren über Notschlafstellen und andere geschützte Übernachtungsmöglichkeiten. In Bremen machen Streetworker regelmäßige Rundgänge durch die Innenstadt und die Bahnhofsvorstadt. Bei Bedarf verteilen sie Isomatten, Schlafsäcke, Thermounterwäsche und Winterschuhe.

Auch Notunterkünfte für Obdachlose gehören in den größeren Städten zum Standard. In München zum Beispiel bietet das Evangelische Hilfswerk jedes Jahr vom 1. November bis zum 30. April etwa 900 Übernachtungsplätze in der Bayernkaserne an. Die sogenannten Kälteschutzräume sind täglich

von 17 Uhr nachmittags bis zum nächsten Morgen um 9 Uhr geöffnet. In Düsseldorf sind nach Angaben der Stadt zurzeit rund 1.300 Menschen in den kommunalen Notunterkünften und den Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe der Franziskaner-Ordensgemeinschaft untergebracht.

In manchen Städten wie etwa Köln und Wuppertal haben die Kommunen "Kälte-Hotlines" eingerichtet. Hier können sich Bürger melden, wenn sie obdachlose Menschen sehen, die sich durch die Übernachtung im Freien selbst in Gefahr bringen. Manche dieser Menschen überschätzen sich, sagt Jan Orlt, Referent für Wohnungslosenhilfe bei der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe: "Die sagen: »Ach mit dem Schlafsack, den ich habe, komm´ ich aus« und die dann während sie schlafen auskühlen oder erfrieren, ohne dass sie das selbst so eingeschätzt hätten."

Deutschlandweit gab es nach Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. im Laufe des Jahres 2018 etwa 678.000 Wohnungslose. Dabei handelt es sich um Menschen, die "nicht über einen mietvertraglich abgesicherten Wohnraum verfügen" - so die Definition. Trotzdem haben die allermeisten von ihnen ein Dach über dem Kopf, weil sie etwa in Notübernachtungen, Asylen, Frauenhäusern etc. schlafen oder vorübergehend bei Verwandten, Freunden und Bekannten unterkommen. Auch Flüchtlinge und Asylbewerber, die in Flüchtlingsunterkünften eingewiesen wurden, gelten als wohnungslos (für 2018 immerhin 441.000 der 678.000 Wohnungslosen). Nur wer komplett ohne Unterkunft ist und deshalb auf der Straße lebt, ist obdachlos. Bundesweit sind das etwa 52.000 Menschen. Vor acht Jahren waren es "nur" 22.000.

Das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland bietet im Internet umfassende Informationen zum Thema Wohnungslosigkeit bzw. Obdachlosigkeit an. Ein FAQ zeigt zum Beispiel fünf Möglichkeiten, obdachlosen Menschen zu helfen. Einen Themenschwerpunkt zu Wohnungslosigkeit finden Sie unter https://www.diakonie.de/wohnungslosigkeit  . Außerdem informiert die Diakonie unter https://www.diakonie.de/wissen-kompakt/obdachlosigkeit/ über die Hintergründe der Obdachlosigkeit.

Sonntag, 15.12.2019