Johanniter: Kältehilfen für Menschen auf der Straße

von Mario Hattig

Sonntag, 19.02.2023

Ehrenamtliche verteilen abends warme Mahlzeiten an Obdachlose
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Mit dem rein aus Spenden finanzierten "Mitternachtsbus" versorgen Ehrenamtliche der Diakonie Hamburg Obdachlose mit warmen Mahlzeiten und Getränken. (Foto: Anne Rütten)

Menschen, die "nicht über einen mietvertraglich abgesicherten Wohnraum verfügen", gelten in Deutschland als „wohnungslos“. Bundesweit waren das Ende 2022 rund 263.000 Personen. Gut 14% von ihnen waren ganz ohne Obdach und lebten auf der Straße.

Im Dezember 2022 hatte die rot-grün-gelbe Bundesregierung den ersten amtlichen Wohnungslosenbericht überhaupt vorgelegt. Demnach gelten 227.000 Menschen zwar als „wohnungslos“, trotzdem haben die allermeisten von ihnen aber ein Dach über dem Kopf, weil sie etwa in Notübernachtungen, Asylen, Frauenhäusern etc. schlafen oder vorübergehend bei Verwandten, Freunden, Bekannten oder in Hotels und Pensionen unterkommen. Hinzu kommen gut 37.000 Menschen, die tatsächlich keinerlei Bleibe haben. Sie machen „Platte“, d.h., sie leben buchstäblich auf der Straße.

Das ist ohnehin schon hart, aber wenn im Winter die Temperaturen bis in den Minusbereich fallen, kann es sogar lebensgefährlich werden – vor allem nachts. Zwar gibt es in den meisten Städten und insbesondere in Großstädten wie Düsseldorf, Köln, Hamburg, München, Bremen oder Berlin Notunterkünfte für Obdachlose, aber die werden selbst bei widrigsten Temperaturen nicht von allen genutzt. Manche kritisieren Schmutz und Enge in den Unterkünften, andere haben Angst vor Diebstählen, und wieder andere bleiben lieber im Freien, weil sie ihre Hunde nicht in die Notquartiere mitbringen dürfen.

Kirchen, Kommunen und Wohlfahrtsverbände bieten deshalb an vielen Orten Hilfen für Obdachlose an. So gibt es z.B. in Münster seit 2018 eine mobile Kältehilfe. Dahinter verbirgt sich schlicht und einfach ein beheiztes Zelt, das bei Bedarf an der Engelenschanze in Münster aufgebaut wird. Von 22 Uhr abends bis morgens um 6 bieten Helfer dort heiße Getränke und ein warmes Essen an. Getragen wird das Projekt von der örtlichen Johanniter-Unfall-Hilfe und dem Arbeiter-Samariter-Bund.

„Wenn die Temperaturen in zwei aufeinanderfolgenden Nächten unter die Null-Grad-Grenze fallen, rückt die mobile Kältehilfe aus“, erklärt Carsten März von den Johannitern: "Dann akquirieren wir über E-Mails und Anrufe unsere Helfer. Wir versammeln uns dann, je nach dem wo man so wohnt, entweder in der Nähe des Fahrzeugs, wo die Materialien drauf verladen sind oder eben direkt an der Engelenschanze. Dort wird dann das Zelt aufgebaut, es wird eingerichtet mit Licht, mit der Heizung und Ähnlichem und dann stehen wir dort bereit."

In Städten wie Hamburg, Solingen, Berlin und Bremen sind während der Wintermonate sogenannte "Kältebusse" unterwegs. Sie steuern gezielt Obdachlose und ihre Treffpunkte an, versorgen die Menschen mit heißen Mahlzeiten und Getränken und informieren über Notschlafstellen und andere geschützte Übernachtungsmöglichkeiten. Bei Bedarf verteilen sie auch Isomatten, Schlafsäcke, Thermounterwäsche und Winterschuhe. In Hamburg unterhält die Diakonie den sogenannten „Mitternachtsbus“, der „Kältebus“ in Bremen wird von Ehrenamtlichen der Johanniter gesteuert.

Zum dortigen Team gehört u.a. auch Karin Stelljes. Sie sagt: „Minusgrade sind sehr gefährlich für wohnungslose Menschen, weil sie da den Erfrierungstod erleiden können. Wir machen uns immer sehr große Sorgen Und wenn wir nach unserem Einsatz wieder zurück fahren in unsere Häuslichkeit, dann ist die Frage: »Sehen wir sie beim nächsten Mal wieder?« Und wenn dann einer nicht kommt, dann wird auch nachgefragt: »Habt ihr was von dem oder von ihr gehört?« Also die Sorge um die Menschen ist schon groß, weil man baut ja auch eine Bindung auf.“

Seit über 900 Jahren hat es sich der evangelische Johanniterorden zur Aufgabe gemacht, Kranke zu pflegen, sich der Schwachen anzunehmen und für den christlichen Glauben einzustehen. Dementsprechend sind die Johanniter heute im Rettungsdienst, beim Katastrophenschutz, bei der Erste-Hilfe-Ausbildung und im Hospizdienst aktiv. Außerdem sind sie Träger einer Reihe von Krankenhäusern und Alteneinrichtungen.

Das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland bietet im Internet umfassende Informationen zum Thema Wohnungslosigkeit bzw. Obdachlosigkeit an. Ein FAQ zeigt zum Beispiel fünf Möglichkeiten, obdachlosen Menschen zu helfen. Einen Themenschwerpunkt zu Wohnungslosigkeit finden Sie unter https://www.diakonie.de/wohnungslosigkeit . Außerdem informiert die Diakonie unter https://www.diakonie.de/wissen-kompakt/obdachlosigkeit/ über die Hintergründe der Obdachlosigkeit. Kompetente Informationen rund um Wohnungs- und Pbdachlosigkeit findet man außerdem auf den Internetseiten der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V.

Sonntag, 19.02.2023