Gemeinsamer Wahlaufruf der Kirchen
Sonntag, 02.02.2025

Poster, Plakate und Werbebanner für den gemeinsamen Wahlaufruf der Kirchen gibt es unter https://fuer-alle.info zum Download. (Foto: https://fuer-alle.info)
Am 23. Februar 2025 sind rund 59 Millionen Deutsche ab 18 Jahren aufgerufen, einen neuen Bundestag zu wählen. Um die 630 Sitze bewerben sich Kandidaten*innen von insgesamt 41 Parteien. Gar nicht so einfach, sich da zu entscheiden.
Eine anerkannte und oft genutzte Entscheidungshilfe ist der Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung. Ähnlich einem Frage-und-Antwort-Spiel können Wählerinnen und Wähler auf dieser Internetseite herausfinden, welche Parteien am ehesten ihren Überzeugungen entsprechen. Der Wahl-O-Mat stellt dabei Aussagen zu bundespolitischen Themen vor, die die Nutzer bewerten sollen. Als Antwortoptionen stehen ihnen dabei „stimme zu“, „stimme nicht zu“, „neutral“ oder „These überspringen“ zur Verfügung. Antworten, die den Nutzern besonders wichtig sind, können sie dabei höher gewichten. Am Ende der Prozedur berechnet der Wahl-O-Mat anhand der Antworten, welche Partei den Positionen des Nutzers am nächsten steht. Die Seite geht am 6. Februar 2025 online, also zwei Wochen vor der eigentlichen Bundestagswahl. Den Wahl-O-Mat gibt es seit 2002. Im Vorfeld von Wahlen wurde er bisher mehr als 130 Millionen Mal aufgerufen.
Neu und erst seit Januar 2025 im Netz ist die Seite https://fuer-alle.info/ . Dahinter verbirgt sich eine Material- und Textsammlung der beiden großen Kirchen in Deutschland, die damit alle Wahlberechtigten aufrufen, am 23. Februar ihre Stimme abzugeben und so ein starkes Zeichen für die Demokratie in Deutschland zu setzen. So heißt es auf der Seite u.a.: „Die Demokratie ist eine wertvolle Form der politischen Willensbildung und Entscheidungsfindung. Sie garantiert die Wahrung der Freiheit, der Würde und der Rechte jedes einzelnen Menschen, indem sie allen Bürgerinnen und Bürgern eine Stimme gibt. Die Demokratie in unserem Land ist keine Selbstverständlichkeit, sondern braucht gerade in diesen Zeiten Pflege und Engagement. Demokratie lebt dabei von der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger.“
Zwar geben die Kirchen mit dieser Seite keine Wahlempfehlung für die eine oder andere Partei ab, aber in den Texten und offiziellen Stellungnahmen wird deutlich, dass sie vor Gefahren warnen, die aus ihrer Sicht von bestimmten Parteien ausgehen. Im Fokus steht hier vor allem die AfD, der gleich mehrere Schriften gewidmet sind. Hier ist u.a. der Beschluss der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am 22. Februar 2024 nachzulesen, der erklärt, warum völkischer Nationalismus und Christentum unvereinbar sind. Für Kirchengemeinden ist eine Handreichung mit dem Titel „Impulse für den Umgang mit Rechtspopulismus im kirchlichen Raum“ gedacht, der von der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche & Rechtsradikalismus (BAG K+R) herausgegeben wurde.
Der Journalist und Theologe Wolfgang Thielmann hat sich schon 2017 intensiv mit der AfD beschäftigt und dazu ein Buch herausgegeben. Es heißt „Alternative für Christen? Die AfD und ihr gespaltenes Verhältnis zur Religion“ und enthält u.a. Beiträge von dem ehemaligen Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, der Solinger Superintendentin Ilka Federschmidt und der früheren Präsidentin des Deutschen Evangelischen Kirchentages, Christina aus der Au. Zusammen mit elf Autorinnen und Autoren nimmt Thielmann die Positionen der AfD unter die Lupe und fragt, ob oder inwieweit sie mit den christlichen Wertvorstellungen der Bibel vereinbar sind. Beobachter und Kritiker kommen dabei ebenso zu Wort wie auch ein Vorstandsmitglied der AfD aus Wuppertal. Thielmann selbst sagt über die Ziele des Buches: "Unabhängige Gruppen - und dazu gehören vor allem Kirchen – müssen versuchen, Menschen die Sinne zu schärfen und sagen: »Achtet auf diese Punkte, achtet darauf, dass keiner einen anderen Menschen verunglimpft und herabsetzt und dass keine sich profiliert auf Kosten anderer Menschen«.". Hier gibt es eine Rezension zum Nachhören.
Den zum Teil menschenverachtenden Aussagen und Diffamierungen der AfD gegenüber Migranten, Geflüchteten oder auch Bürgergeldempfängern stellen die Kirchen christlich-ethische Begriffen wie Menschenwürde, Nächstenliebe und Zusammenhalt gegenüber. Eine gewissenhafte, verantwortungsvolle und damit auch demokratische Politik ist aus Sicht der Kirchen eher Parteien zuzutrauen, die die Menschenwürde uneingeschränkt achten und schützen, die Nächstenliebe und Gemeinsinn fördern und damit den Zusammenhalt und das friedliche Miteinander der Gesellschaft stärken.
Begleitet wird die Seite https://fuer-alle.info/ von dem Untertitel „Mit Herz und Verstand“. Das bedeutet, dass eine verantwortungsvolle Wahlentscheidung nicht emotional oder von Hass getragen – sozusagen „aus dem Bauch heraus“ - gefällt werden sollte, sondern sachlich überlegt – eben mit Verstand. Wer den Wahlaufruf der Kirchen unterstützen möchte, finden Flaggen, Poster und Vorlagen für Social Media unter https://fuer-alle.info/materialien/