Friedhofszwang schützt die Würde der Toten

von Christoph Niekamp

Samstag, 01.11.2014

Gräber und Grabsteine auf einem Friedhof
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Gegner des Friedhofszwangs sagen: Die letzte Ruhestätte für eine Urne könnte auch zu Hause sein

Seit dem 1. Oktober 2014 ist in NRW ein neues Bestattungsgesetz in Kraft. Darin wurde u.a. der sogenannte Friedhofszwang für Urnen verschärft. Binnen sechs Wochen müssen die Angehörigen nun die Bestattung der Asche nachweisen.

Damit wurde eine Gesetzeslücke geschlossen, die dadurch entstand, dass Krematorien den Hinterbliebenen die Asche ihres Angehörigen aushändigen konnten, ohne dass anschließend kontrolliert wurde, ob diese dann auch wirklich beigesetzt wurde. Theoretisch war es so unter anderem möglich, die Urne auf unbestimmte Zeit zu Hause aufzubewahren. Das aber ist nicht im Sinne des Gesetzgebers, der auf dem sogenannten Friedhofszwang besteht – das heißt, eine Beisetzung darf nur auf einem jederzeit öffentlich zugänglichen Gelände erfolgen. Für eine Urnenbeisetzung kommen neben den normalen Friedhöfen zum Beispiel auch eigens ausgewiesene Flächen wie zum Beispiel sogenannte Friedwälder in Frage. Der eigene Garten dagegen nicht, da es sich dabei um Privatgelände handelt. Weitere Neuerungen im NRW-Bestattungsgesetz lesen Sie hier.

Über den Friedhofszwang wird seit Jahren immer wieder kontrovers diskutiert. Gegner führen ins Feld, dass die Urnenaufbewahrung zu Hause viele Vorteile für die Angehörigen biete: Die unmittelbare Nähe zum Verstorbenen könne die Trauerbewältigung positiv beeinflussen, kranken oder behinderten  Hinterbliebenen könne der Weg zum Friedhof erspart werden, Kosten für die Beisetzung sowie Grabgebühren entfielen, und die Urne könne bei einem Wohnortwechsel problemlos mitgenommen werden.

Die Befürworter des Friedhofszwanges, zu denen auch evangelische und katholische Kirche gehören, betonen dagegen immer wieder die Würde des Toten, die gewahrt bleiben müsse. Bei einer Aufbewahrung der Asche zu Hause sei aber nicht auszuschließen, dass die Urne irgendwann auf dem Dachboden oder gar im Müll lande, wenn die Hinterbliebenen sie nicht mehr in der Wohnung aufbewahren möchten oder selbst sterben.

Beim Verband der Deutschen Zulieferindustrie für das Bestattungsgewerbe e.V. (VDZB) in Bonn teilt man diese Überlegungen durchaus. Dessen Vorstandsmitglied Jürgen Stahl meint dazu auf der Internetseite des VDZB: „Die Aufbewahrung in der eigenen Wohnung kann sicherlich pietätvoll gestaltet werden. Andererseits ist der Friedhof ein Ort der Begegnung, an dem Kommunikation zwischen Trauernden stattfindet. Auch würde durch die Aufhebung des Bestattungszwangs jegliche Kontrollmöglichkeit genommen, was nach dem Tod des Wohnungsbesitzers mit der Totenasche geschieht.“

Im neuen NRW-Bestattungsgesetz ist auch das Verstreuen der Totenasche geregelt und in Grenzen erlaubt. So muss u.a. der/die Verstorbene diese Form der Bestattung selber schriftlich festgelegt haben. In § 15, Abs. 6 heißt es dazu: „Die Asche darf auf einem vom Friedhofsträger festgelegten Bereich des Friedhofs verstreut oder ohne Behältnis vergraben werden, wenn dies schriftlich bestimmt ist. Soll die Totenasche auf einem Grundstück außerhalb eines Friedhofs verstreut oder ohne Behältnis vergraben werden, darf die Behörde dies genehmigen und durchführen, wenn diese Art der Beisetzung schriftlich bestimmt und der Behörde nachgewiesen ist, dass der Beisetzungsort dauerhaft öffentlich zugänglich ist; der Genehmigung sind Nebenbestimmungen beizufügen, die die Achtung der Totenwürde gewährleisten.“

Jürgen Stahl vom VDZB gibt allerdings zu bedenken: „Hinterbliebene sollten eine solche Form der Bestattung gründlich durchdenken und nicht voreilig handeln. Denn es kann vorkommen, dass ihnen erst ein Jahr nach der Bestattung bewusst wird, dass ihnen durch das Verstreuen der Asche ein Ort zum Trauern genommen wurde. Mehr zum Thema lesen Sie hier.
Samstag, 01.11.2014