Einfach großartig: St. Martin

von Stefan Klinkhammer

Sonntag, 04.11.2018

Platzhalterbild
Beitrag anhören

Pater Jörg Eickelpasch DO, Foto: Deutscher Orden

Wenn sie im Haus Maria Helferin in Nettetal ihren Martinsmarkt und St. Martinszug aufziehen, ist Pater Jörg Eickelpasch regelmäßig begeistert. Mit Enthusiasmus nehmen alle im Ort Alte und Behinderte in ihre Mitte. Dafür steht der Martin eben...

INFO: Wenn sie – wie heute, ab 12.00 Uhr – im Haus Maria Helferin in Nettetal ihren alljährlichen Martinsmarkt und St. Martinszug aufziehen, ist Pater Jörg Eickelpasch vom Deutschen Orden regelmäßig begeistert. Denn mit großem Enthusiasmus nehmen sie in seinem Heimatort Alte und Behinderte in ihre Mitte und feiern mit ihnen ein großes Fest. Hier, aber auch in vielen Regionen Deutschlands ist bis heute das Martinsbrauchtum verbreitet: Martinszüge mit Pferd und Laternen, Verteilung von Süßigkeiten, Gänsebraten. Wenige Tage vor dem Martinsfest am 11. November wurde jetzt das Brauchtum um den Heiligen immaterielles Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen. Dafür hatten sich der Niederrheiner Jeya Caniceus aus Kempen und Rene Bongartz aus Brüggen stark gemacht und viel Unterstützung von Martinsvereinen erhalten. Die nach dem heiligen Martin von Tours benannten Umzüge rund um den 11. November erinnern an die Legende, nach der Martin seinen Mantel mit einem frierenden Bettler teilte. Alle Infos dazu auf der Internetseite: http://www.martinstradition.de.

Martin von Tours, geboren um 316/17 in Sabaria (heute Szombathely) im heutigen Ungarn, war Soldat, Priester, Einsiedler und Bischof. Er trat als 15-Jähriger in Pavia in die römische Armee ein und gehörte zu einer in Gallien eingesetzten Eliteeinheit. Der Legende nach spielte sich 334 in Amiens jene Szene ab, die alljährlich bei den Martinszügen eine Rolle spielt: In einem strengen Winter begegnete er einem armen, unbekleideten Bettler, der um Hilfe bat. Martin teilte mit dem Schwert seinen Mantel und gab dem Frierenden eine Hälfte. In der Nacht sah er im Traum Christus bekleidet mit dem Mantelstück und Martin ließ sich taufen. Er wurde Priester, zog sich als Einsiedler zurück, gründete 361 mit dem Kloster Ligugé das erste Kloster im westlichen Abendland und wurde 371 vom Volk zum Bischof von Tours ausgerufen. Damit verbunden ist die Erzählung, dass Martin sich in einem Gänsestall versteckte, um so diesem Amt zu entgehen. Doch das Geschnatter des Federviehs – so die Legende  - verriet ihn.
Martin, der 397 starb, hinterließ nachhaltigen Eindruck: Frankenkönig Chlodwig machte ihn gut 100 Jahre nach dessen Tod zum „Nationalheiligen“ des Reiches. Martin ist der erste Heilige der Kirche überhaupt, der kein Märtyrer ist. Er ist Schutzpatron Frankreichs und der Slowakei, Landespatron des Burgenlandes in Österreich, Patron der Bistümer Mainz und Rottenburg-Stuttgart sowie tausendfacher Namensgeber für Kirchen und Klöster weltweit. Katholiken verehren ihn ebenso wie Protestanten, Orthodoxe, Anglikaner und armenische Christen. Sein Gedenktag, der Martinstag am 11. November, galt früher als Winteranfang und Tag der Zins- und Pachtzahlungen. Zu den fälligen Naturalabgaben gehörte auch die Martinsgans als Höhepunkt eines üppigen Festtagsessens. In Gallien und auch in den Klöstern begann früher mit dem Martinstag die Adventszeit, die damals sechs Wochen dauerte und als Bußzeit mit dem Verzicht auf Fleischspeisen verbunden war. Somit bot sich der Vorabend des Martinstages an, noch einmal richtig zuzulangen und zu feiern: den 11.11. als Karnevalsbeginn, an dem heutzutage „Prinz Karneval“ proklamiert wird.

Europäischer Martinsweg: Europäische Martinswege gehen inzwischen durch Frankreich, Ungarn, Italien, England, Kroatien und Slowenien. Denn seit einigen Jahren entsteht auf Initiative des Europarats ein europäisches Netz von Pilgerwegen, die ähnlich wie die Jakobswege nach Santiago de Compostela in Nordspanien durch ganz Europa führen, an den populären Heiligen der Mantelteilung erinnern wollen und seinen Geburtsort im heute ungarischen Szombathely (Steinamanger) mit dem französischen Tours verbinden. Die Hauptroute der „Via sancti Martini“ verläuft von Ungarn aus nach Slowenien, über Venedig nach Mailand, durchs Aosta-Tal und überquert beim Kleinen Sankt Bernhard die Alpen Richtung Lyon und endet der Weg in Tours. Die Route berührt damit eine Reihe von Orten, an denen Martin laut historisch gut gesicherten Erkenntnissen auch gewesen ist. Ein zweiter Weg durch Österreich, Deutschland, Luxemburg und Frankreich wird Mittelroute genannt. Für die Strecke durch die Bistümer Freiburg, Speyer, Mainz und Trier wurde im November 2016 wird das letzte durch Deutschland führende Teilstück zwischen Trier und Luxemburg eröffnet. Hinzu kommen zwei weitere Routen: Die eine führt in Süd-Nord-Richtung vom spanischen Saragossa durch die Pyrenäen nach Tours, die andere verbindet als Nord-Süd-Tour das niederländische Utrecht mit der Stadt an der Loire. Erkennbar sind alle Wege an bordeauxroten Tafeln mit einem gelben Kreuz und dem Signet des Europarates. Das Wegenetz umfasst rund 2.500 Kilometer. Infos: www.saintmartindetours.eu, www.martinuswege.eu, http://culture-routes.net/routes/the-saint-martin-of-tours-route, http://www.vianovis.net/martinusweg/datagis/pdf/karte-via-sancti-martini-21-mars-2015.pdf

BUCHHINWEIS: Judith Rosen, Martin von Tours. Der barmherzige Heilige, Verlag Philipp von Zabern – WBG, 2016, 280 Seiten, Preis: 29,95 Euro, ISBN: 9783805350242. Zum 1700. Geburtstag im Jahr 2016 zeichnete die Bonner Autorin Judith Rosen ein auf breiter Quellenbasis beruhendes, anschauliches Portrait dieser zentralen Figur des spätantiken Christentums und seiner Zeit. Die Lehrbeauftragte für Alte Geschichte an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn legte im Verlag Philipp von Zabern eine 280 Seiten starke Biographie vor, die am Beispiel von Martins Leben den Aufbruch der Kirche in Gallien und die Spannungen zwischen Kirche und Staat fundiert und gut verständlich schildert. Dazu hat sie die Vita Martini, drei Briefe und drei Dialoge von Sulpicius Severus, dem Zeitgenossen und Bewunderer des dritten Bischofs von Tours, herangezogen. Judith Rosen stellt sie in die geschichtlichen Zusammenhänge der Zeit und ordnet sie kritisch ein. Die mit zwölf Illustrationen, zwei Karten und einem Register ausgestattete Arbeit machen das Buch – nicht nur für Spezialisten – sehr lesenswert.

Deutscher Orden: „Brüder vom Deutschen Haus St. Mariens in Jerusalem“, so heißen sie offiziell – „Ordo Teutonicus Ordo fratrum domus hospitalis Sanctae Mariae Teutonicorum Ierosolimitanorum“ (OT), mit den Maltesern und Templern sind sie der dritte große geistliche Ritterorden. Er wurde während der Kreuzzüge 1189/90 bei der Belagerung der Stadt Akkon von Kaufleuten aus Bremen und Lübeck als Hospitalbruderschaft gegründet, die dort ein Feldlazarett zur Pflege kranker Pilger und verwundeter Kreuzfahrer einrichteten. Die Brüder übernahmen in Jerusalem ein „Deutsches Haus“ mit einer seit 1127 bestehenden Marienkapelle. Papst Clemens III. gewährte ihnen auf Intervention von Kaiser Heinrich VI. am 6. Februar 1191 päpstlichen Schutz. 1198 wandelten sie sich unter der Devise „Helfen, Heilen, Wehren“ in einen Ritterorden um und nahmen zur Johanniterregel für die Krankenpflege zusätzlich die Templerregel an. Ihr Ordensgewand zeigt ein schwarzes Kreuz auf weißem Grund. Ab 1200 besaßen der Orden erste Niederlassungen und Spitale auch in Europa und breitete sich durch zahlreiche Stiftungen aus. Mit der Säkularisation verlegte der Orden seinen Sitz 1809 nach Wien, 1929 wurde der Ritterbrüder-Zweig aufgelöst und von Papst Pius XI. in einen rein geistlichen Orden der „Brüder des deutschen Hauses Sankt Mariens in Jerusalem“ umgewandelt, dessen Angehörige damit regulierte Chorherren wurden.Ordenspatrone sind die Heilige Elisabeth, Landgräfin von Thüringen (Erste Patronin des Ordens, 19. November) und der Heilige Georg (Zweiter Patron des Ordens, 23. April). Besondere Eigenfeste und Gedenktage des Deutschen Ordens sind das Fest „Unsere Liebe Frau vom Deutschen Haus in Jerusalem“ (Gründungsfest des Deutschen Ordens, 6. Februar), das Hochfest Kreuzerhöhung (Titelfest des Deutschen Ordens, 14. September), der Gedenktag der Brüder und Schwestern des Deutschen Ordens (10. Oktober), der Gedenktag der Familiaren und Wohltäter des Deutschen Ordens (10. September), Gedenktag der Eltern der Brüder und Schwestern des Deutschen Ordens (4. Februar), und die heilige Mystikerin Dorothea von Montau (25. Juni).Der heute in Deutschland, Österreich, Italien, Slowenien, Slowakei und Tschechien vertretene Orden zählt gegenwärtig 1.100 Mitglieder, darunter 120 Priester für mehr als 100.000 Gläubige in Pfarreien und Niederlassungen des Ordens, 200 Ordensschwestern in vorwiegend karitativen Aufgaben und etwa 700 „Familiaren“ als Laienmitglieder, die sich den Ordensidealen durch ein Versprechen gegenüber dem Hochmeister verpflichten. Neuer 66. Hochmeister des Deutschen Ordens ist seit dem 23. August 2018 der bisherige Generalökonom Frank Bayard (46), der aus dem Saarland stammt. Sitz der Deutschen Provinz ist das ehemalige Augustiner-Chorherrenstift Weyarn bei München, Provinzial ist seit 2015 Prior P. Christoph Kehr OT. Konvente bestehen in Weyarn, Frankfurt, Wetter, Maria Birnbaum (Sielenbach) und Koblenz.Kontakt: Deutscher Orden, Deutsche Provinz der Brüder vom Deutschen Haus St. Mariens in Jerusalem, Priorat des Deutschen Ordens, Provinzial: Prior Pater Christoph Kehr OT, Klosterweg 1, 83629 Weyarn, Tel. 08020 906-100, Fax 08020 906-101, E-Mail: priorat@deutscher-orden.de, www.deutscher-orden.de, Facebook: https://www.facebook.com/Deutscher-Orden-105514756285852/

Die Deutschordenswerke: Der Deutsche Orden (DO) unterhält Sozialeinrichtungen in 19 katholischen Diözesen und ist seit Januar 2012 mit allen seinen Einrichtungen Mitglied des Deutschen Caritasverbandes (DCV). Rund 2.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in den Einrichtungen der Altenhilfe, Behindertenhilfe, Suchthilfe, Kinder- und Jugendhilfe tätig. Bundesweit sind dies 13 Pflegeeinrichtungen der vollstationären Altenpflege mit Tagespflege und Kurzzeitpflege, zwei ambulante Dienste, zwei Einrichtungen der Jungendpflege, drei für Betreutes Wohnen im Alter, drei für Behindertenhilfe, 11 Fachkliniken der stationären Rehabilitation in der Suchthilfe, 17 soziotherapeutischen Einrichtungen in der Suchthilfe, acht Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, sowie zahlreichen ambulante, Nachsorge-, Integrations- und Qualifizierungsangebote. Kontakt: Deutscher Orden Ordenswerke, @Ordenswerke, ‪#‎doseelsorge, Internet: http://www.ordenswerke.de/

Haus Maria Helferin: Die Einrichtung der Behindertenhilfe für Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Nettetal am Niederrhein betreut Menschen mit geistiger Behinderung in differenzierten und altersbezogenen Angeboten. Das Hausfeierte 2015 ihr 100-jähriges Jubiläum: Die Kongregation der Schwestern Unserer Lieben Frau eröffnete im Jahr 1915 das Haus Maria Helferin als Bildungs- und Erziehungsstätte. Über die Jahre wurde aus dem Internat eine Kinder-Heilstätte, dann 1970 ein Psychiatrisches Kinderkrankenhaus und schließlich in 1999 eine Einrichtung der Behindertenhilfe. Im Jahr 1995 übergaben die Schwestern die Trägerschaft der Einrichtung an den Deutschen Orden.
Im Haus Maria Helferin wohnen 76 Bewohner/-innen in differenzierten Wohnformen. In allen Wohnbereichen stehen neben den individuell gestalteten Bewohnerzimmern Wohnzimmer, Küchen, Hobbyräume und Therapieräume zur Verfügung. Adresse: Haus Maria Helferin, Schwanenhaus 66, 41334 Nettetal, Direktorin: Martina Wissdorf, Tel. 02157 / 8168 0, Fax 02157 / 8168 25, E-Mail: m.wissdorf@deutscher-orden.de, Inernet: www.einrichtung-der-behindertenhilfe.de. Info-Broschüre zum Download: http://www.einrichtung-der-behindertenhilfe.de/pdf/2015-broschuere.pdf

Unser Gesprächspartner: Pater Jörg Eickelpasch, geboren in Nettetal-Lobberich am Niederrhein, machte zunächst eine kaufmännischen Ausbildung und studierte anschließend Religionspädagogik und Sozialarbeit in Paderborn. Nach dem Studium arbeitete er als staatlich anerkannter Sozialarbeiter im Elisabeth-Hospiz in Lohmar-Deesem bei Bonn und wurde als Gemeindeassistent im Bistum Aachen tätig. Auf dem Weg zum Priestertum nahm er das Philosophie in Rom auf und schloss sich dort 2003 dem Deutschen Orden an. Nach dem Abschluss des Theologiestudiums in Vallendar bei Koblenz und Priesterweihe im Juli 2006 wurde er Kaplan und 2007 Pfarradministrator in der Pfarrei Hl. Kreuz in Darmstadt. Sein Primizspruch stammt aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Thessalonicher (1 Thess 2,4): „Wir wollen nicht Menschen, sondern Gott gefallen, der unsere Herzen prüft.“ Pater Jörg ist Leiter der Seelsorge der Ordenswerke des Deutschen Orden (DO-Seelsorge), die seit rund 15 Jahren als mobiler Dienst für die Menschen da ist, die in den sozialen Einrichtungen des Deutschen Orden leben und arbeiten.
Kontakt: Pater Jörg Eickelpasch, Brückenstraße 3a, 60594 Frankfurt (Main), Tel. 0151 / 52 88 11 44, E-Mail: j.eickelpasch@deutscher-orden.de, Internet: http://www.do-seelsorge.de. Zentrale: Seelsorge des Deutschen Ordens, Brüder vom Deutschen Haus St. Mariens in Jerusalem, Deutsche Provinz, Ordenswerke, Klosterweg 1, 83629 Weyarn. Facebook: Deutscher Orden Ordenswerke, @Ordenswerke, ‪#‎doseelsorge, Internet: http://www.ordenswerke.de/

Sonntag, 04.11.2018