Bedford-Strohm über Luther & das liebe Geld

von Hubert Mauch/efa

Sonntag, 05.03.2017

Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm
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Seit 2014 ist der bayrische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm auch Ratsvorsitzender der Ev. Kirche in Deutschland (EKD). Foto: © ELKB/Rost

Auch wenn man sie im 16. Jahrhundert noch nicht so nannte: Kapitalisten gab es schon zu Luthers Zeiten. Vor allem die großen Handelshäuser der Fugger, Welser und Medici machten mit geistlichen und weltlichen Führern profitable Geschäfte.

Kaiser und Kurfürsten, Päpste, Kardinäle und Bischöfe – sie alle liehen sich Geld, um damit Bauten oder Kriege zu finanzieren oder um sich Ämter und Titel kaufen zu können. Das Zinsverbot der Bibel, an dem die Kirche lange Zeit festgehalten und nur wenige Ausnahmen gestattet hatte, wurde dabei immer weiter aufgeweicht. Vor diesem Hintergrund einer sich zunehmend ökonomisierenden Gesellschaft, die für alles einen Preis nennen konnte, ist es nicht verwunderlich, das selbst das Seelenheil irgendwann käuflich zu erwerben war.

Um den Bau des Petersdoms in Rom finanzieren zu können, verkaufte die römisch-katholische Kirche im 16. Jahrhundert sogenannte "Ablassbriefe". Mit dem Satz "Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt" wurde den Gläubigen versprochen, sie könnten durch den Kauf solcher Ablässe Sündenvergebung erwerben und ihre Zeit im Fegefeuer verkürzen. Diese Praxis war einer der Hauptgründe für das Aufbegehren von Martin Luther gegen die Kirche seiner Zeit. Er war der Ansicht: Gott und Gnade sind nicht käuflich.

Entsprechend schlecht war Luther auf geistliche wie weltliche Geschäftemacher zu sprechen. Er nannte sie Geizwänste und Wucherer, die seiner Ansicht nach an den Galgen gehörten, weil sie wollten, "dass alle Welt in Hunger, Durst, Not und Jammer verderben muss, wenn es nach ihm geht, damit er alles allein hat und jedermann ihn als seinen Gott betrachtet und ewig sein Sklave sein muss. Da lacht ihm sein Herz, das erfrischt ihm das Geblüt". Mehr Infos hier.

Der heutige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und bayrische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm hat sich während seiner Studienzeit in den USA intensiv mit Luthers Schriften zum Thema Geld beschäftigt. Seine Quintessenz lautet: "Für Martin Luther waren zwei Dinge untrennbar verbunden: nämlich der Glaube an Gott und die Liebe zum Nächsten. Und die Liebe, die wir von Gott erfahren, die fließt über zum Nächsten – das war der Grundgedanke Luthers. Und das hat er natürlich dann auch auf das Wirtschaftsleben bezogen. (…) Wenn man diesen Grundgedanken ernst nimmt, dass es nie darum gehen kann, Geld anzuhäufen als Selbstzweck, sondern dass Geld immer den Menschen dienen muss, dann muss man sich fragen, wie heute eigentlich die Finanzwirtschaft so gestaltet werden kann, dass auch die Schwächsten davon profitieren. (…) dass die armen Länder, (…) auf die Beine kommen und mit an der Wirtschaft teilhaben können."

Als Mönch hatte Luther Besitzlosigkeit gelobt, und auch später als Doktor der Theologie lehrte er stets Zurückhaltung gegenüber materiellen Gütern. Trotzdem starb der Reformator 1546 nicht als armer Mann. In seiner Rezension des Buches " Martin Luther und das Geld. Aus Luthers Schriften, Briefen und Tischreden." von Martin Treu (hrsg. von der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt, Drei Kastanien Verlag, Wittenberg 2000) schreibt Helmut Caspar: "Sein aus Immobilien sowie Kunstwerken, kostbaren Silberbechern, Juwelen und Büchern bestehender Nachlaß (hatte) den Wert von neuntausend Gulden, was einem heutigen Vermögen von zwei Millionen Mark entspricht. Bargeld existierte in der Familie kaum, auch im Testament wird dergleichen nicht erwähnt. Die meiste Habe war dem Reformator von Fürsten und Freunden geschenkt worden, er selber bezog zwischen 200 und 300 Gulden Jahresgehalt, das ihm die sächsischen Kurfürsten gewährten, nahm aber kein Honorar für Predigten und Schriften, sondern spendete den Armen und zur Aufrüstung gegen die Türkengefahr."

Sonntag, 05.03.2017