40 Jahre Cap Anamur: Flucht hat Geschichte

von Stefan Klinkhammer

Sonntag, 01.09.2019

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Seit 40 Jahren helfen sie, wo ihre Hilfe benötigt wird – unabhängig von Religion oder Politik. Jetzt feiern sie unter dem Motto „40 Jahre Cap Anamur – 40 Jahre Leben retten“. Angesichts der aktuellen Debatten: es gibt nichts Neues unter der Sonne...

INFO: Nach dem Vietnamkrieg versuchten 1,6 Millionen Menschen über das Südchinesische Meer ins Ausland zu fliehen. Dabei fanden 250.000 Vietnamesen wegen untauglicher Boote, Piratenangriffen, Monsun-Stürmen, Hunger und Wasserknappheit den Tod. Rupert und Christel Neudeck und einige ihrer Freunde, darunter der Schriftsteller Heinrich Böll, charterten den 118 Meter langen Hamburger Frachter Cap Anamur und bauten ihn mit einer nationalen Spendenaktion, bei der mehr als 1,2 Millionen Mark an Spenden eingingen, zu einem Hospitalschiff um. Vor 40 Jahren (09.08.1979) legte es zu einer Rettungsmission mit freiwilligen Helfern und Technikern im vom japanischen Hafen in Kobe ab, kam am 13. August 1979 im Südchinesischen Meer an, rettete bis 1982 9.500 Flüchtlinge, versorgte über 35.000 medizinisch an Bord und holte in den weiteren Jahren mehr als 11.300 vietnamesische Flüchtlinge aus dem Wasser. Schon damals lösten die Aktionen eine bundesweite Debatte über Flüchtlingshilfe aus.

Cap Anamur: Seit 40 Jahren helfen sie nun, wo ihre Hilfe benötigt wird – ganz unabhängig von Religion oder Politik. In über 60 Ländern haben sie inzwischen 25 Millionen Patienten behandelt, acht Millionen Kinder geimpft und unzählige Leben gerettet. Jetzt feierten sie unter dem Motto „40 Jahre Cap Anamur – 40 Jahre Leben retten“ am Samstag, 31. August 2019, im Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum. Redner waren NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet, Journalist Günther Wallraff und Cap Anamur-Gründerin Christel Neudeck, Bundeskanzlerin Angela Merkel schickte ein Grußwort. Dabei forderte Mitgründerin Christel Neudeck die europäischen Staaten zur Einigkeit bei der Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer auf: „Das Ertrinkenlassen von Menschen in den Fluten ist der Untergang des Abendlandes und nichts anderes“ sagte die Ehefrau des langjährigen Leiters der Organsition, Rupert Neudeck. Im Sinne der Humanität könnten die Europäer „eigentlich nicht anders, als sich zusammenzuraufen und zu helfen“. In einer humanitären Krise sei Hilfe „sofort und ohne Umschweife“ gefordert. Heute organisiert der gemeinnützige Verein „Cap Anamur/Deutsche Not-Ärzte“ keine Bootsrettungen mehr, sondern leistet medizinische und humanitäre Hilfe. Zudem engagiert er sich für Bildung und Entwicklung.

Rupert Neudeck: Der 1939 in Danzig geborene Journalist und Buchautor wurde 1979 weltweit bekannt durch seine spektakuläre Rettungsaktion tausender vietnamesischer Flüchtlinge mit dem Rettungsschiff „Cap Anamur“. Nach seinem Abitur 1958 studierte er Philosophie, Germanistik, Soziologie und Katholische Theologie. 1961 brach er das Studium ab und trat dem Jesuitenorden bei. Nach dem Austritt schloss er das Studium 1970 ab und wurde 1972 über Politische Ethik bei Jean-Paul Sartre und Albert Camus zum Doktor der Philosophie promoviert. 1971 Journalist bei der katholischen Funk-Korrespondenz in Köln, 1977 Redakteur beim Deutschlandfunk, Abteilung Politisches Feature und Engagement für das Komitee Cap Anamur. 2002 hatte sich Neudeck von „Cap Anamur“ verabschiedet und gründete kurze Zeit später das Internationale Friedenskorps Grünhelme e.V. mit Sitz in Köln. Die Organisation setzt sich mit Freiwilligen für Bau- und Wiederaufbauhilfe in ehemaligen Krisen- und Kriegsgebieten ein (Internet: https://gruenhelme.de/). Auszeichnungen: 1978 Cavaliere-Orden der Republik Somalia, 1985 Theodor-Heuss-Medaille, 1991 Bruno-Kreisky-Menschenrechtspreis, 1998 Erich-Kästner-Preis des Presseclubs Dresden e.V., 1999 Walter-Dirks-Preis, 2003 Marion Dönhoff Preis, 2005 Ehrendoktorwürde der Westfälische Wilhelms-Universität Münster, 2006 – Europäischer Sozialpreis, 2007 Steiger Award in Bochum, 2007 Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen. Rupert Neudeck starb am 31. Mai 2016 an den Folgen einer Herzoperation. Das Buch: „Rupert Neudeck, Radikal leben!”, 160 Seiten, Gütersloher Verlagshaus, ISBN: 978-3-579-07070-4, € 14,99. Zuletzt erschienene Bücher: Grünhelme. Bleiben, wenn andere gehen. 2005, ISBN 3-7831-2437-9, Eine bessere Welt ist möglich. 2005, ISBN 3-570-50069-1, Ich will nicht mehr schweigen. Recht und Gerechtigkeit in Palästina. 2005, ISBN 3-937389-73-3, Abenteuer Menschlichkeit. 2007, ISBN 3462037749. 

Kontakt: Cap Anamur / Deutsche Not-Ärzte e.V., Office Cap Anamur, Bernd Göken, Geschäftsführung / Projektkoordination, Thebäerstraße 30, 50823 Köln, Tel. 0221 / 9 13 81 50, Fax 0221 / 9 13 81 59, E-Mail: office@cap-anamur.org, Internet: https://www.cap-anamur.org

Sonntag, 01.09.2019