"Gott bürdet jedem nur das auf, was er verkraftet"

von Achim Stadelmaier

Sonntag, 24.03.2019

kleines Mädchen mit Down-Syndrom
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Von 100 Schwangerschaften, bei denen das Down-Syndrom diagnostiziert wird, werden 90 durch Abtreibung vorzeitig beendet.

Auch wenn Menschen mit Down-Syndrom geistige und auch körperliche Handicaps zu tragen haben, sind sie doch absolut lebensfähig und für viele Eltern, die sich bewusst gegen eine Abtreibung entschieden haben, eine Bereicherung.

Zu ihnen gehört auch Karin Fekih aus Reutlingen. Sie ist 40 Jahre alt und hat schon zwei gesunde Kinder, als sie vor vier Jahren erneut schwanger wird. Die ersten drei Monate verlaufen ganz ohne Komplikationen, alles ist normal. Weil sie bei der vorhergehenden Schwangerschaft ihr Kind im 8. Monat verloren hat, will die werdende Mutter vom Arzt wissen: Ist jetzt mit dem Herz meines ungeborenen Kindes alles ok?

Eine Untersuchung im Krankenhaus soll Klarheit bringen, erinnert sich Karin Fekih, doch ihr Arzt hat schlechte Nachrichten: "Und dann sagt der zu mir: Ich fühle mich verpflichtet Ihnen zu sagen, dass Sie 50 / 50 Down-Syndrom bekommen. Und ich lieg auf der Liege und denke: Das will ich doch gar nicht wissen! Ich will´s doch gar nicht wissen, was tust du mir hier an!". Für Karin bricht eine Welt zusammen.

Die damals 40jährige macht sich Vorwürfe: War ich zu alt für eine Schwangerschaft? Sie hadert mit Gott und der Welt: "Warum ich? Warum wir? Kann mein Kind in den normalen Kindergarten? Was wird er später arbeiten können? Wie bekommen wir das überhaupt alles finanziell hin?" Tausend Fragen stehen im Raum. Doch ihr Mann, ihre Freunde und nicht zuletzt auch ihre beiden gesunden Kinder machen Karin Fekih Mut.

Sie entscheidet sich, ihren Sohn zur Welt zu bringen. Naim ist heute vier Jahre alt. Er ist öfter krank, braucht mehr Aufmerksamkeit, aber Karin Fekih hatte trotzdem nie das Gefühl, am Ende ihrer Kräfte zu sein: "Gott bürdet nur jedem das auf, was er verkraftet. Was weiß ich, was für ne Kraft ich hab, dass ich oder dass wir das so schaffen oder dass wir auch so Kinder haben, die das mittragen. Und mein Mann steht so dermaßen hinter Naim, das ist unglaublich!"

Mit der Entscheidung für ihr behindertes Kind steht Karin Fekih ziemlich allein da – 9 von 10 Müttern mit der Diagnose Down Syndrom brechen die Schwangerschaft ab. Für Karin Fekih war das keine Option. Sie hätte das mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren können und sich ewig Vorwürfe gemacht. Heute sagt sie: "Ich hab das Geschenk bekommen zu zeigen, wie wertvoll eigentlich Trisomie-Kinder sind. Er ist einfach nur ein Geschenk. Es ist meins und ich bin stolz, dass wir ihn haben!"

Sonntag, 24.03.2019