"Es geht immer um den Weg zu dem anderen hin"

von Magnus Osterkamp

Sonntag, 22.09.2019

Logo der Interkulturellen Woche 2019
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Die bundesweite Aktionswoche umfasst über 5.000 Veranstaltungen in 500 Städten und Kommunen. (Foto: www.interkulturellewoche.de)

In Talkshows und in der Politik wird immer wieder hitzig diskutiert über die Integrationsfähigkeit bzw. -willigkeit von Migranten. Die beiden großen Kirchen gehen dagegen ganz praktische Wege – und das schon seit über 40 Jahren.

Gemeinsam eröffnen sie am 22. September 2019  in Halle/Saale die 44. "Woche der ausländischen Mitbürger" oder kurz "Interkulturelle Woche". Sie wurde 1975 von evangelischer und katholischer Kirche gemeinsam ins Leben gerufen. An den damit verbundenen Zielen, die Integration von ausländischen Mitbürgern zu fördern und das gegenseitige Verständnis zu verbessern, beteiligen sich seitdem auch Gewerkschaften, Kommunen, Wohlfahrtsverbände, Ausländerbeiräte sowie deutsch-ausländische Initiativgruppen. Die diesjährige "Interkulturelle Woche" unter dem Motto "Zusammen leben, zusammen wachsen" läuft bis zum 29. September 2019 und umfasst bundesweit über 5.000 Veranstaltungen in 500 Städten und Kommunen.

Dorothee Schaper ist Pfarrerin für interkulturelle Begegnungen an der Melanchton-Akademie in Köln. Über den Kerngedanken der Interkulturellen Woche sagt sie: "Das Wichtige ist: Wir machen Veranstaltungen zusammen. Es geht nicht darum, dass ich als kurdische Gruppe meinen kurdischen Tanz alleine tue, oder als griechische Gruppe mein griechisches Essen alleine anbiete, sondern es geht immer um den Weg zu dem anderen hin und rauszufinden: »Wie bist du? Willst du wissen, wie ich bin?« und darum, »was kann dann miteinander passieren?«“

In einem gemeinsamen Wort der Kirchen zur diesjährigen Interkulturellen Woche heißt es unter anderem: "Das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft war immer schon mit großen Herausforderungen verbunden – und zwar für alle Beteiligten. In der Bibel können wir nachlesen, wie Gott sein Volk Israel an die eigene Fremdheitserfahrung erinnert und ihm die moralische Pflicht ins Stammbuch schreibt, Fremde zu schützen: "Einen Fremden sollst du nicht ausbeuten. Ihr wisst doch, wie es einem Fremden zumute ist; denn ihr selbst seid in Ägypten Fremde gewesen" (Ex 23,9). Gott fordert ein zugewandtes Verhalten gegenüber Fremden, das sich von dem gegenüber Einheimischen nicht unterscheidet: "Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten und du sollst ihn lieben wie dich selbst …" (Lev 19,33f). In dieser Tradition stehen viele Kirchengemeinden und christliche Initiativen, aber auch Kommunen, Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften und andere zivilgesellschaftliche Organisationen Migrantinnen und Migranten zur Seite."

Bezogen auf das Motto "Zusammen leben, zusammen wachsen" stellen die Unterzeichner weiter fest: "Unsere kulturell vielfältige Gesellschaft fordert jede und jeden von uns heraus. Wir treffen permanent auf Menschen, die uns in irgendeiner Weise fremd sind, sei es, weil sie eine andere Sprache sprechen, sei es, weil sie von einer anderen Kultur geprägt sind oder einer anderen Religion angehören, oder sei es, weil sie eine politische Position vertreten, die unserer eigenen Überzeugung zuwiderläuft. Jedem einzelnen mit Aufmerksamkeit und Respekt zu begegnen, trägt dazu bei, dass in unserer Gesellschaft Gräben der Ignoranz, Mauern der Abschottung und Fronten des Hasses überwunden werden."

Unterzeichnet wurde das gemeinsame Wort der Kirchen vom Ratsvorsitzenden der Ev. Kirche in Deutschland, Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, und dem Vorsitzenden der Orthodoxen Bischofskonferenz, Metropolit Dr. h.c. Augoustinos von Deutschland.

Sonntag, 22.09.2019