Säckeweise Post für´s Christkind

von Manfred Rütten

Sonntag, 10.12.2017

junge blonde Frau als Christkind verkleidet
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Hat nur etwa sechs Wochen im Jahr geöffnet: Das Weihnachtspostamt in Engelskirchen (Foto: DHL Deutsche Post AG)

Seit dem 16. November erhält das Christkind wieder irdische Unterstützung durch ein eigens eingerichtetes Weihnachtspostamt in Engelskirchen: 13 "Postengel" helfen dort beim Beantworten von Kinderbriefen aus aller Welt, die an das Christkind schreiben.

Jeder Brief, der bis zum 21. Dezember eingeht, erhält im Gegenzug einen Antwortbrief. Der Umschlag, der mit einer Weihnachtsbriefmarke und einem Sonderstempel versehen wird, enthält außerdem weihnachtliche Bastelvorschläge. "Die Kinder geben sich große Mühe mit ihren Schreiben und ihren Wunschzetteln", betonte eine Sprecherin der Post. Allerdings könne das Christkind den Kindern nur antworten, wenn sie ihren Absender nicht vergessen.

Im vergangenen Jahr trafen im nordrhein-westfälischen Engelskirchen 128.000 Kinderbriefe aus 53 verschiedenen Ländern ein. Adressiert waren sie "An das Christkind – 51777 Engelskirchen". Das dortige Weihnachtspostamt gibt es bereits seit 32 Jahren. In dieser Zeit gingen allein dort 1,8 Millionen Kinderbriefe ein. Weitere Weihnachtspostämter unterhält die Deutsche Post unter anderem in Himmelpforten (Niedersachsen), in St. Nikolaus (Saarland) und im bayerischen Himmelstadt. Die meisten Briefe erhielt im vergangenen Jahr die Weihnachtspostfiliale im brandenburgischen Himmelpfort: hier kamen bis Heiligabend 281.000 Wunschzettel an.


INFO: Das Christkind als mythische Symbolfigur des weihnachtlichen Schenkens ist noch relativ jung. Über lange Zeit war der Heilige Nikolaus der geheimnisvolle Gabenbringer, der unerkannt die Kinder beschenkte. Dies geschah auch nie zu Weihnachten, sondern stets an seinem Namenstag, am 6. Dezember. Doch das änderte sich in Folge der Reformation im 16. Jahrhundert: Martin Luther – so erklärt es der Theologe Dr. Manfred Becker-Huberti – "schafft das Schenken auf Nikolaus ab, weil er den Nikolaus abschaffen will – als Vermittler. Den braucht er nicht mehr. In seiner Theologie ist es nicht vorgesehen, dass Heilige als Vermittler auftreten. (….) Luther hat das Schenken dann verlegt auf Weihnachten."

Aber damit hat Martin Luther gleichzeitig ein neues Problem in die Welt gesetzt. Denn nun taucht die Frage auf, so Manfred Becker-Huberti: "Wenn denn Weihnachten geschenkt wird, wer schenkt denn da? (…) Irgendwer musste da her. Und im Elsass entdeckte Luther eine Figur: das Christkind. Und das Christkind schenkt seitdem". Allerdings besucht es über Jahrhunderte nur evangelische Familien. Die Katholiken wollten weder Weihnachten als Schenktermin noch das Christkind akzeptieren. Sie bestanden auf "ihrem" Nikolaus.

Das änderte sich erst im Krieg von 1870/71, als die katholischen Rheinländer an der Seite der evangelischen Preußen gegen Frankreich kämpfen mussten, erklärt Becker-Huberti: "Die Preußen haben (…) in die Schützengräben Christbäume gestellt. Und das war das erste Mal, wo Katholiken das direkt erlebten, was sie vorher strikt abgelehnt haben. Und so kommt der Christbaum bei den Katholiken ran. Und wenn dann zu Weihnachten geschenkt wird, da braucht man die Geschenkfigur. Und wenn bei der evangelischen Seite es schon eine gibt – na gut, die kann auch katholische Kinder beschenken. Und so kommt (…) das Christkind langsam aber sicher auch zu den Katholiken."

Bis heute ist nicht festgelegt, wie das Christkind aussieht. Hat es Flügel, ist es männlich oder weiblich - man kennt nicht mal sein Alter. Nur in einem Punkt ist man sich einig, sagt Manfred Becker-Huberti - und da sind dann auch evangelische und katholische Traditionen wieder ganz nah beieinander: "Das Christkind (…) schenkt eben wie Nikolaus. Es ist selber gar nicht mehr zu sehen, es war gerade da, das Glöckchen hat gebimmelt, der Vorhang bewegt sich noch, als Kind kommt man rein, die Geschenke liegen da und im Rheinland heißt es: Dat Christkind is fott – also es war nicht zu sehen."

Sonntag, 10.12.2017