St. Martin und die Kathedralen: Laternen ganz groß

von Christof Beckmann

Sonntag, 06.11.2022

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Notre-Dame in Paris, Collage: KIP

Am 11. im 11. ist – St. Martin. Und wieder wurde überall geklebt und gebastelt. Nicht so schnell geht es bei den ganz großen Laternen - den Kathedralen mit ihren großen Fenstern. Beim Wiederaufbau von Notre-Dame ist deutsche Hilfe sehr willkommen ...

INFO: Am 16. April 2019 läuten um 12 Uhr in ganz Europa die Glocken. Ob vom Dom in Köln, dem Dom in Aachen, in Hamburg, Berlin, Regensburg, in Basel, Straßburg, Wien, Bern, Merseburg, Naumburg, Riga, Linz, Passau, Magdeburg, Schwäbisch Gmünd und Hildesheim – alle Kathedralen und Dome zeigten ihre Verbundenheit mit der Pariser Kathedrale Notre-Dame. Ein offensichtlich bei Bauarbeiten ausgebrochenes Feuer hatte sich in der Vornacht rasch auf 1.000 Quadratmetern über das gesamte Dach ausgebreitet. Der 96 Meter hohe hölzerne Vierungsturm aus dem 13. Jahrhundert brannte aus und stürzte ein. Die Grundsubstanz der Kirche sowie die Fassade mit den beiden Haupttürmen wurde gerettet, unversehrt blieben auch wichtige Gemälde, Kunstgegenstände und Reliquien, darunter auch die traditionell verehrte Dornenkrone Jesu. Die frühgotische Kathedrale Notre-Dame gehört zu den Wahrzeichen von Paris und zum Weltkulturerbe der Unesco. Sie wurde zwischen 1163 und 1345 erbaut; 2013 wurde der 850. Jahrestag der Grundsteinlegung gefeiert. Victor Hugos Roman „Der Glöckner von Notre Dame“ (1831) machte das nach der Französischen Revolution verfallende Gotteshaus zum Gegenstand romantischer Verklärung. Jährlich wird Notre-Dame auf der Seine-Insel Ile de la Cite im historischen Zentrum von 12 bis 14 Millionen Menschen besucht.

Der Schock aber blieb - und viel Arbeit, da der Brand nicht nur Zerstörung, sondern auch Spuren im gesamten Bau hinterließ. Aber viel internationale Hilfe soll das Wahrzeichen retten. So werden auch in der Glasrestaurierungswerkstatt der Kölner Dombauhütte zurzeit vier Fenster aus dem Langhausobergaden der Pariser Kathedrale restauriert, die schwer in Mitleidenschaft gezogen worden waren. Nach rund drei Jahren vorbereitender Maßnahmen wird nun mit den eigentlichen Arbeiten begonnen. Sie umfasst die schonende Oberflächenreinigung der Scheiben, das Kleben von Sprüngen im Glas, das Löten von Brüchen im Bleinetz und die Erneuerung der Randbleie. Zum Abschluss der Restaurierung werden die Fensterpaneele an der Außenseite neu verkittet. Der Wiedereinbau der Fenster erfolgt vor Ort durch die Kölner Dombauhütte mit Unterstützung von französischer Seite. Bei den vier Fenstern handelt es sich um Kunstwerke des französischen Glasmalers, Grafikers und Kupferstechers Jacques Le Chevallier von 1965. Sie zeigen abstrakte Formen, in denen neben hellen Gläsern Blau- und Rottöne dominieren, die sich eng an die Farben mittelalterlicher Fenster anlehnen. Die Glasmalereien haben den Brand der Kathedrale ohne große Schäden überstanden. Sie waren durch Bleistaub kontaminiert und mussten für die Sicherungsarbeiten an der Kathedrale ausgebaut werden. 2024 soll die Kathedrale Notre-Dame de Paris wieder für Gottesdienste und Besichtigungen geöffnet werden.

Die Zusammenarbeit deutscher und französischer Institutionen wurde vor allem durch das Engagement des damaligen deutsch-französischen Kulturbevollmächtigten Armin Laschet möglich gemacht: Bereits am Tag nach der Brandkatastrophe rief der NRW-Ministerpräsident gemeinsam mit der Deutschen UNESCO-Kommission die Spendenaktion „NRW für Notre-Dame“ ins Leben. Dabei kamen rund eine halbe Million Euro von Menschen aus Nordrhein-Westfalen und ganz Deutschland zusammen. Dieser Betrag geht an die für die Erhaltung und Restaurierung der Kathedrale Notre-Dame de Paris zuständige öffentliche Einrichtung, die die Arbeiten vergibt, um sie für die Restaurierung der Kathedrale zu verwenden.

Am 24. Oktober 2022 stellte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst die Arbeiten im Kölner Domforum vor. Die Aktion „NRW für Notre-Dame“ stehe für gelebte europäische Solidarität, so Wüst. „Ich bin froh und dankbar, dass wir unserer Schwesterkirche in Paris zur Seite stehen können und wir hier einen Teil unter Geschwistern beitragen können, dass die Kathedrale für die Pariser Gläubigen wieder in altem Glanz oder in neuem Glanz erstrahlen wird“, erklärte Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki. Auch der Kölner Dombaumeister Peter Füssenich bekräftigte die Bedeutung der Zusammenarbeit. „Der Brand von Notre-Dame hat uns hier in Köln alle zutiefst entsetzt und berührt. Umso wichtiger ist es uns, in die Solidarität aller europäischen Bauleute einzustimmen und den Wiederaufbau unserer Schwesterkirche mit der Restaurierung vierer Obergadenfenster zu unterstützen.“

Vortrag am 8. November in Essen: Die Architektin und Professorin Barbara Schock-Werner berichtet am Dienstag, 8. November, über den Wiederaufbau und den deutschen Beitrag zur Restaurierung der Pariser Kathedrale. Die ehemalige Kölner Dombaumeisterin wurde kurz nach dem Feuer als Koordinatorin der zahlreichen Hilfen aus Deutschland berufen. In ihrem Vortrag rückt die Architektin und Kunsthistorikerin den verheerenden Brand in den Fokus und beleuchtet die Wiederaufbauvorschläge ebenso wie den deutschen Beitrag zur Restaurierung. Außerdem wirft sie den Blick zurück auf die Geschichte der renommierten Kathedrale an der Seine. Der Vortrag findet als gemeinsame Veranstaltung des Domkapitels Essen und des Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) Essen in der Aula des Bistums statt. Der Zugang zur Aula erfolgt vom Zwölfling 16 neben dem Medienforum und über den Hof (bitte an der Schranke melden). Die Teilnahme ist kostenlos. Die Vortragsveranstaltung startet um 19 Uhr in der Aula des Bistums Essen. Die Teilnahme ist kostenlos. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Aula des Bistums Essen, Zwölfling 16, 45127 Essen, https://www.bistum-essen.de/, Google Maps

Sonntag, 06.11.2022