Ordensleute für Kirchenreformen

von Stefan Klinkhammer

Sonntag, 15.09.2019

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Bild: Under Construction, Montage: KIP-NRW

Viele Fragen stehen auf der Agenda für einen zukünftigen Weg der Kirche. Bischöfe, Frauen, die Jugend und das oberste katholische Laiengremium in Deutschland wollen sie angehen. Auch rund 18.000 Frauen und Männer in den Orden haben dazu eine Meinung...

INFO: „Die Relevanz von Glaube und Kirche wird aufgrund vielerlei Gründe in Frage gestellt wie nie zuvor. Dem wollen wir als Kirche in Deutschland mit dem Synodalen Weg begegnen und Antworten auf die Fragen der Zeit geben.“ Dies erklärten am 5. Juli 2019 der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Prof. Dr. Thomas Sternberg. Vor dem Hintergrund sinkender Mitglieder- und Priesterzahlen und nach den heftigen Erschütterungen durch den sexuellen Missbrauch, der die Kirche in eine tiefe Vertrauenskrise stürzte, sollen nun viele Fragen in den Blick genommen werden.

Beschluss von Bischofskonferenz und ZdK: Dies hatten die deutschen Bischöfe bei ihrer Vollversammlung im Frühjahr 2019 in Lingen nach intensivem Ringen beschlossen, auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) befasste sich auf seiner Vollversammlung am 10./11. Mai 2019 in Mainz mit der Frage des Synodalen Wegs der Kirche in Deutschland. Mit deutlicher Mehrheit stimmte die Vollversammlung dafür, diesen Weg konstruktiv mit zu gestalten.

Schreiben von Papst Franziskus: Dazu erreichte die Katholiken in Deutschland mit einem Brief aus Rom vom 29. Juni 2019 eine außergewöhnliche Reaktion: Papst Franziskus schaltete sich mit einem Schreiben „An das pilgernde Volk Gottes in Deutschland“ in die Reformdebatte der katholischen Kirche in Deutschland ein. Er lobte Engagement und Reformanstrengungen, beklagte eine „zunehmende Erosion und den Verfall des Glaubens“ in Deutschland und mahnte zugleich die Notwendigkeit der Einheit mit der Weltkirche an. Die beste Antwort auf die „vielen Probleme und Mängel“ liege nicht in einem „Reorganisieren der Dinge, in Veränderungen und in einem „Zurechtflicken“, vielmehr müsse die Evangelisierung immer „unser Leitkriterium schlechthin“ sein. Sein Schreiben wurde überwiegend als Ermutigung und Wertschätzung aufgefasst.

Vorbereitende Arbeiten: Anfang Juli tagte die „Gemeinsame Konferenz“, ein im Zuge der Würzburger Synode (1971–1975) eingerichtetes ständiges Organ, dem je zehn Vertreter des ZdK und Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz angehören. Dabei wurden die Eckpunkte und vier Foren festgelegt: Das Forum „Macht, Partizipation, Gewaltenteilung“, das Forum „Sexualmoral“ und das Forum „Priesterliche Lebensform“. Mit einem Beschluss des Ständigen Rates vom 25. Juni 2019 und von der Gemeinsamen Konferenz am 5. Juli 2019 bestätigt, kam ein viertes Forum „Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche“ hinzu. Die vier Foren, allesamt von einer Doppelspitze aus Bischofskonferenz und ZdK geleitet, trafen sich seitdem teilweise mehrfach und arbeiteten Papiere heraus, zu denen am 13./14. September bei einem erweiterten Treffen in Fulda mit rund 50 Delegierten der Deutschen Bischofskonferenz und Vertreter/Mitglieder des ZdK eine Zwischenbilanz gezogen und ein Verfahrensstatut diskutiert wurde.

Folgende Arbeitspapiere wurden dabei vorgelegt und veröffentlicht:
Arbeitspapier des vorbereitenden Forums Macht und Gewaltenteilung in der Kirche
Arbeitspapier des vorbereitenden Forums Sexualmoral
Arbeitspapier des vorbereitenden Forums Priesterliche Lebensform
Arbeitspapier des vorbereitenden Forums Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche
Predigt von Bischof Dr. Franz-Josef Bode am 14. September 2019

Weitere Schritte: Nach jetzigem Stand soll der Synodale Weg am 1. Advent 2019 beginnen und ist zunächst auf zwei Jahre angelegt. Wie Kardinal Reinhard Marx, Prof. Dr. Thomas Sternberg und der Bischof von Limburg, Dr. Georg Bätzing, am 6. September 2019 bekannt gaben, ist die erste Plenarversammlung im Frankfurter Bartholomäus-Dom für den 30. Januar bis 2. Februar 2020 geplant, eine zweite soll 2021 folgen.
Mit dem Thema wird sich auch die Herbst-Vollversammlung der 69 Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz befassen. Sie tagt vom 23. bis 26. September 2019 in Fulda unter Leitung des Vorsitzenden Kardinal Reinhard Marx. Auf der Tagesordnung stehen dabei neben dem Brief von Papst Franziskus auch ein Schreiben der Kongregation für die Bischöfe und ein Gutachten des Päpstlichen Rats der Gesetzestexte.

Gutachten des Vatikan: Die am 4. September an Kardinal Marx gerichteten Schreiben aus dem Vatikan bezogen sich auf einen Vorentwurf für eine Satzung des „Synodalen Wegs“ und unterstrichen, dass die verhandelten Themen „nicht Gegenstand von Beschlüssen und Entscheidungen einer Teilkirche sein“ könnten. Die Synodalität, von der Papst Franziskus spreche, sei „kein Synonym für Demokratie oder Mehrheitsentscheidungen“, sondern verstehe sich „als andere Art der Teilnahme an Entscheidungsprozessen“. Das auf den 1. August datierte Gutachten, das den „Synodalen Weg“ als „Partikularkonzil“ versteht, betont vor allem den Unterschied zwischen der „Erarbeitung“ und der „Entscheidung“ – letztere sei eine Verantwortung des Amtes. Letztere stehe der bischöflichen Autorität als dem „Garanten der Apostolizität und Katholizität“ zu. Eine Gleichberechtigung von Bischöfen und Laien bei den Abstimmungen habe kirchenrechtlich keinen Bestand. Entscheidungen, die in die Zuständigkeit der Weltkirche fallen, seien wie bei einem Partikularkonzil dem Apostolischen Stuhl zur verbindlichen Anerkennung vorzulegen. In der kommenden Woche wird der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, dazu in Rom Gespräche führen. Am 22./23. November 2019 wird sich die Vollversammlung des ZdK wird mit dem Synodalen Weg befassen.

Mehr Informationen: Weitere Informationen zum Synodalen Weg sind unter www.zdk.de und auf der Themenseite Der Synodale Weg. Dort sind auch die am 12.7.2019 festgelegten meisten Teilnehmer der Foren zur Vorbereitung des Dialogs zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland veröffentlicht worden. Unter ihnen sind Bischöfe, Theologen, Mitglieder von Orden und Verbänden. Darunter finden sich beispielsweise der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) und der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB). Dazu kommen Mitarbeiter der Bischofskonferenz und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK).

Orden plädieren für Offenheit: Schwester Dr. Katharina Kluitmann, Vorsitzende der Deutschen Ordensobernkonferenz, plädiert für Offenheit in Gesprächen über die Zukunft. Nach Angaben der Deutschen Ordensobernkonferenz gibt es in Deutschland aktuell insgesamt rund 18.000 Ordensleute: Unter den Männerorden und -kongregationen gibt es 104 selbständige Ordensprovinzen, Abteien und Priorate von 60 verschiedenen Ordensgemeinschaften mit 3.668 Ordensmännern in 400 klösterlichen Niederlassungen. Vielfach größer ist die Zahl der Gemeinschaften, Niederlassungen und Mitglieder bei den Frauenorden: Es gibt 308 Generalate, Provinzialate, Abteien und selbständige Einzelklöster mit rund 14.257 Ordensfrauen, die in 1.226 klösterlichen Niederlassungen leben. Die größten Gruppen bilden die benediktinisch, franziskanisch und vinzentinisch geprägten Ordensgemeinschaften.

Unsere Gesprächspartnerin: Sr. Katharina Kluitmann, Franziskanerin und Theologin, ist in einem „kölsch-katholischen“ Milieu groß geworden. Nach dem Theologiestudium schloss sie sich den Lüdinghauser Franziskanerinnen an, um Kontemplation und Berufstätigkeit zu verbinden. Ihr anschließendes Studium der Psychologie an der Gregoriana in Rom schloss sie mit der Promotion ab. Ihre Dissertation widmete sie umfangreichen Recherchen über das Leben von Ordensschwestern. Die Vorsitzende der Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK) leitet die nordwestdeutsche Provinz der „Franziskanerinnen von der Buße und der christlichen Liebe“ und ist mit 54 Jahren die Jüngste ihrer Ordensprovinz. Weltweit zählen die Schwestern rund 1500 Schwestern in 12 Ländern. In Deutschland leben knapp zwei Drittel der Schwestern der Provinz leben im Antoniuskloster in Lüdinghausen. Dort gibt es zwei Konvente, den Elisabethkonvent und den Antoniuskonvent. Weitere Konvente bestehen in Mönchengladbach, Münster und Recklinghausen.

Kontakt: Sr. Katharina Kluitmann, Franziskanerinnen von der Buße und der christlichen Liebe, Klosterstraße 22, 59348 Lüdinghausen, Tel. 02591 / 234-331, Fax 02591 / 234-300, E-Mail: Katharina.Kluitmann@Franziskanerinnen-LH.de, Internet: https://www.franziskanerinnen-luedinghausen.de

Sonntag, 15.09.2019