Mit Rat & Tat: Ev. Kirche hilft Flüchtlingen

von Markus Möhl

Sonntag, 23.08.2015

Vier Frauen mit Kopftuch auf einer Bank
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Neuesten Schätzungen zufolge rechnet die Bundesregierung bis Ende 2015 mit bis zu 750.000 Flüchtlingen in Deutschland.

Sie kommen aus Syrien, dem Irak, Afghanistan oder vom Balkan. Immer mehr Flüchtlinge suchen in Deutschland Schutz vor Krieg und Verfolgung. Die Kirchengemeinden in NRW helfen bei der Versorgung.

Bund, Länder und Kommunen sind von den starken Flüchtlingsströmen überrascht worden. Als bevölkerungsreichstes Bundesland muss NRW dabei deutschlandweit die größte Zahl von Flüchtlingen aufnehmen. Von Anfang Januar bis Ende Juli des laufenden Jahres kamen 87.000 nach Nordrhein-Westfahlen, und der Zustrom reißt nicht ab: Zurzeit kommen täglich rund 1.000 neue Flüchtlinge in Nordrhein-Westfalen an. Sollte dies so bleiben, könnte NRW im gesamten Jahr 2015 bis zu 150.000 Flüchtlinge aufnehmen – mehr als ganz Frankreich in diesem Jahr aufnimmt.

Insgesamt zahlt der Bund den Kommunen eine Milliarde Euro für die Versorgung der Asylsuchenden. Aus Sicht der Städte ist das zu wenig. Sie fordern, dass die Flüchtlingshilfe auf zwei Milliarden Euro jährlich verdoppelt wird. Die Verhandlungen darüber, welche Kosten der Bund grundsätzlich übernimmt, werden voraussichtlich noch im September geführt. Als Faustformen gilt zurzeit: Die Länder tragen 77 Prozent, die Kommune 18 Prozent und der Bund fünf Prozent der Kosten. Da aber immer mehr Menschen nach Deutschland kommen, greift die Formel nicht immer. Unterm Strich erstattet das Land NRW den Kommunen nur rund 20 Prozent der Kosten. Allein die Stadt Düsseldorf zahlt momentan rund 40 Millionen Euro im Jahr für Flüchtlinge, bekommt aber nur 8 Millionen ersetzt. Die Kosten pro Flüchtling und Jahr liegen etwa bei 12 500 Euro.

Viele Städte und Gemeinden sind mit der großen Zahl von Flüchtlingen überfordert. Händeringend suchen die Kommunen derzeit vor allem nach geeigneten Unterkünften. In immer mehr Städten werden die Flüchtlinge in Wohncontainern oder sogar Zelten untergebracht. Auch Schulen und Turnhallen wurden während der Sommerferien zu Flüchtlingsunterkünften umfunktioniert. Mangels Alternativen werden einige Sporthallen auch nach den Ferien noch nicht sofort wieder für den Unterricht nutzbar sein. Der Schulbeginn stellt das Land noch vor eine weitere Herausforderung. Denn auch Flüchtlingskinder sind in Deutschland schulpflichtig. Meistens sprechen die Kinder aber kein Deutsch, viele sind traumatisiert. Ein Großteil der Lehrer ist mit der Situation überfordert.

Allein können die Kommunen in NRW die Situation nicht bewältigen. Neben dem Roten Kreuz, den Maltestern und zahlreichen freiwilligen Bürgerinitiativen leisten deshalb auch Kirchengemeinden wertvolle Hilfe bei der Betreuung und Versorgung der Flüchtlinge. In Böhnen beispielsweise haben die Caritas und die evangelische Kirchengemeinde gemeinsam einen Treffpunkt für Flüchtlinge und Asylbewerber eingerichtet. Dort bieten sie nicht nur einen geschützten Raum für Gespräche, sondern auch Alltagshilfe an. Demnächst soll ein Deutschkurs folgen.

Die evangelische Kirche in Ahlen hat gemeindeeigene Wohnungen zur Verfügung gestellt und beherbergt darin zurzeit drei Flüchtlingsfamilien aus dem Kosovo. Weil deren Chancen sehr gering sind, als Asylberechtigte anerkannt zu werden, hat die Gemeindeleitung einen Anwalt eingeschaltet und Klage gegen den Abschiebebescheid eingereicht. Darüber hinaus lädt die Gemeinde Flüchtlinge zu ihren Festen und Veranstaltungen ein und feiert zusammen mit ihnen auch Andachten.

In einer evangelischen Kirche in Düsseldorf musizierten Kinder der Gemeinde, um Flüchtlingskindern zu helfen. Der Eintritt für das Konzert war frei, stattdessen baten die jungen Musiker um eine Spende für die zahlreichen Flüchtlingsprojekte der Gemeinde. Ehrenamtliche Helfer geben dort Deutschkurse und bieten Hausaufgabenhilfe, Ausflüge oder Fußballtraining für die Menschen in den Flüchtlingsheimen an.

In Köln organisierte die Evangelische Melanchton-Akademie Mitte August ein Treffen für alle haupt- und ehrenamtlich Engagierten aus den Flüchtlingsinitiativen der Stadt. Ziel war es, die Zusammenarbeit der einzelnen Gruppen zu stärken und Funktionen sowie Aufgabengebiete noch besser zu koordinieren. Ähnliche Ziele verfolgt auch ein ökumenisches Forum in Soest, bei dem am 9. September evangelischen und katholischen Gemeinden ihre Erfahrungen und Praxisbeispiele austauschen wollen.

Viele weitere Gemeinden haben Arbeitskreise gebildet, organisieren Möbel, Kleidung und Wohnungen. Die Kirchen und Pfarrheime stellen ihre Räume zur Verfügung oder betreuen die Menschen in den Notunterkünften. Zahlreiche Beispiele dafür finden sich zum Beispiel unter www.aktion-neue-nachbarn.de des Erzbistums Köln.

 

Sonntag, 23.08.2015